MSV Duisburg MSV arbeitet an einem Neustart

Duisburg · Parallel zum Gang vor das Schiedsgericht werden beim MSV Duisburg die Weichen für die Zukunft gestellt. Ins Blickfeld rückte in den vergangenen Tagen der gebürtige Duisburger Jürgen Marbach, ehemaliger Geschäftsführer des VfL Wolfsburg.

MSV-Fans bilden Menschenkette in Duisburg
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Foto: Hans-Ulrich Kress

Bülent Aksen trat gestern vor der MSV-Arena mit seinem Duisburg-Lied auf. Als Mutmacher für die Fans, die um die Zukunft des Fußball-Zweitligisten kämpfen, holte Aksen Helden der Vergangenheit ans Mikrofon. Der Stürmer Peter Közle sang mit ihm von "Samstag noch im Stadion" — und der Wanheimerorter Altrocker Dagmar Albert Horn ließ sich ebenfalls nicht lange bitten, jede Textzeile zu singen, die im Moment mehr Bedeutung hat, als ursprünglich gedacht: "Alles andere scheint passé, ist nur mein Verein okay."

Eben daran wird im Hintergrund deutlich geräuschärmer als gestern vor der Arena gearbeitet. Der Grundton ist jedoch leicht zu vernehmen. Der Verein rückt wieder mehr in den Mittelpunkt. Die entscheidende Personalie könnte dabei Jürgen Marbach sein, Ex-Geschäftsführer beim Bundesligisten VfL Wolfsburg und bei der LTU in leitendender Funktion tätig. Sein Name war im Zusammenhang mit dem MSV Duisburg in den vergangenen Tagen immer wieder zu hören. Welche Rolle ihm dabei zukommen soll, werden die kommenden Wochen zeigen. Als ehemaliger Funktionär beim VfL Wolfsburg und bei der LTU kennt er sich jedenfalls mit Zahlen und Bilanzen aus. Unwahrscheinlich ist allerdings, dass Marbach, der beruflich sehr viel beschäftigt ist, als fest angestellter Geschäftsführer vorgesehen ist.

Wenngleich die Position des vormals als Experten für Lizenzerteilung gelobten Roland Kentsch seit der nicht erteilten Spielgenehmigung geschwächt ist. Walter Hellmich hatte bereits unmittelbar nach der Panne in der Auseinandersetzung mit der DFL deutlich gemacht, dass er mehr Geld gegeben hätte, wenn er gewusst hätte, dass mehr gebraucht wird. Kentsch hätte dies wissen können. Darüber hinaus sagte Walter Hellmich am Freitag, dass er sich früher hätte ins Geschehen einschalten müssen. Offenbar hatte er dem von ihm verpflichteten Geschäftsführer, der dieses Amt auch in der Stadion-Projektgesellschaft inne hat, sehr lange vertraut.

Marbach, der aus Rheinhausen stammt und dem Verein nahe steht, könnte indes den Vorsitz im Aufsichtsrat der KGaA übernehmen. Das könnte sich als eine schlanke Lösung erweisen, denn Dr. Gerd Görtz hat seinen Abschied zum 30. Juni bereits angekündigt.

In der Pressemitteilung zu seiner Wahl hatte der Wirtschaftsprüfer dazu erklärt, dieses Amt, das er in schwieriger Zeit übernommen hat, um dem MSV volle Handlungsfähigkeit zu ermöglichen, aus beruflichen Gründen nur bis zum 30. Juni 2013 ausüben zu können. Diese Meldung erschien am 10. Dezember. Die Besetzung von Aufsichtsratsposten erfolgt über den Vorstand des Vereins.

Wie der 54-jährige Marbach ins Spiel kommt, lässt sich ahnen, wenn man um seine Tätigkeit in der Reisebranche weiß. Auf Nachfrage, ob Schauinsland-Reisen an der Rettung des Klubs mitarbeite, antwortete Chef Gerald Kassner per Mail: "Wir sind natürlich im Dialog mit unserem Verein. Das oberste Ziel des Lizenzerhalts wird zurzeit zwischen MSV und DFL entschieden. Wenn es weiter geht, dann sind wir mit im Boot."

Dabei ist nicht allein der Erhalt der Zweiten Liga eine Option. Das Notfall-Szenario eines Zwangsabstiegs in die 3. Liga muss ebenfalls im Blick bleiben. Auch dafür gibt es im Hintergrund Gedankenspiele. An einer Lösung, mit der ein Schuldenschnitt einhergehen soll, wird bereits gearbeitet. Dem Vernehmen nach müssten Eigentümer, Bank und das Land NRW als Bürge dabei auf rund 60 Prozent ihrer Anteile verzichten. Es gibt überdies Konzepte, dass das Stadion künftig in städtische Hände fällt. Heute treffen sich die Mitglieder aller Gremien noch einmal zu einem Gespräch mit Vertretern des Landes, um über die Zukunft der Arena zu sprechen.

Sportdirektor Ivo Grlic hat unlängst signalisiert, sich ein Engagement in der 3. Liga unter bestimmten Bedingungen vorstellen zu können. Trainer Kosta Runjaic hingegen nicht, der nur im Fall der Zweitliga-Zugehörigkeit an Bord bleibt. Heute, spätestens morgen wollen er und Grlic sich darüber verständigen, ob diese Woche noch trainiert wird. Ursprünglich war der Trainingsstart des Fußball-Zweitligisten für Donnerstag, 13. Juni, vorgesehen. Angesichts der derzeit unklaren Zukunft gibt es bereits Überlegungen, die Einheiten auszusetzen. Andernfalls würde sich ein paradoxes Bild bieten. Das noch verbliebene Personal nimmt die Arbeit auf, ohne zu wissen, ob es noch eine Perspektive in Meiderich gibt.

Gleiches gilt für das geplante Testspiel am 16. Juni gegen den Duisburger Landesligisten DSV 1900. Ob der MSV eine komplette Mannschaft aufbieten kann, ist ebenfalls fraglich. Der DSV jedenfalls verkauft fleißig Eintrittskarten — womöglich wird dann vorerst zum letzten Mal eine Profimannschaft des MSV zu sehen sein.

(RP)
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