Luhukay wirft hin VfB versinkt schon wieder im Chaos

Düsseldorf · Neustart nach dem Neustart: Nach gerade einmal vier Spieltagen muss sich der VfB Stuttgart wieder einen neuen Trainer suchen. Die Kluft zwischen Jos Luhukay und Jan Schindelmeiser war zu groß. Beim Meister von 2007 herrscht schon wieder Chaos.

Jos Luhukay – Zweitliga-Spezialist und dreimaliger Aufstiegstrainer
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Das ist Jos Luhukay

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Foto: dpa, Patrick Seeger

Es ist noch gar nicht so lange her, da spielte der VfB Stuttgart auf internationaler Bühne. 2010 kämpfte sich der Klub durch die Champions-League-Gruppe und trotzte dem FC Barcelona im Achtelfinale-Hinspiel ein 1:1 ab. Im Sommer 2013 zeigten sich die Stuttgarter zuletzt international in der Europa-League-Quali gegen Rijeka. Inzwischen spielt der VfB nur noch auf der großen Bühne der Fußball-Seifenoper.

Nach dem Rücktritt von Jos Luhukay am Donnerstag steht der VfB wieder einmal vor dem Neuanfang. Das Projekt Wiederaufstieg muss nach dem Paukenschlag ein neuer Trainer in die Hand nehmen.

Projekt endet nach vier Spielen

Am 17. Mai hatte der VfB den niederländischen Trainer mit großen Worten und großer Aufstiegshoffnung verpflichtet. Der 53-Jährige kam mit der Empfehlung von drei Aufstiegen mit Gladbach, Hertha und Augsburg nach Stuttgart. Sein Projekt mit dem VfB endete nun nach vier Spieltagen am Donnerstag vorzeitig.

Basis seiner Arbeit sei "immer eine einheitliche Linie aller sportlich Verantwortlichen bei Zusammenstellung und Führung des sportlichen Bereichs und ein uneingeschränktes Vertrauen der Vereinsverantwortlichen in meine Arbeit" gewesen: "Diese Basis ist beim VfB Stuttgart nicht mehr vorhanden", sagte Luhukay dem SID.

Der Streit mit Sportvorstand Jan Schindelmeiser entbrannte sich öffentlich an den drei Last-Minute-Neuzugängen Takuma Asano, Benjamin Pavard und Carlos Mane. Luhukay zeigte sich von den Neuverpflichtungen wenig erfreut. Es seien junge Spieler ohne viel Erfahrung, zudem müssten sie erst die deutsche Sprache lernen, sagte Luhukay. Es folgte ein offener Schlagabtausch über die Medien. Zuletzt meldete sich der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Wilfried Porth zu Wort und kritisierte Luhukay.

Schindelmeiser verteidigte am Donnerstag auf der einberufenen Pressekonferenz die Vorgehensweise bei den Transfers: "Selbstverständlich wusste er von den Transfers, drei Tage vor Ende der Transferperiode wollte er sie nicht mehr." Der Sportdirektor verpflichtete die Spieler dennoch - gegen den Willen von Luhukay. "Weil wir sie brauchen."

Intern schwelte der Konflikt schon länger: Die Zusammenarbeit mit Luhukay stand offenbar von Anfang an unter keinem guten Stern. Schindelmeiser habe bereits nach dem ersten Gespräch mit Luhukay gemerkt, dass es Probleme geben würde. "Luhukay hatte eigene Vorstellung wie er mit der Mannschaft arbeiten wollte." Versuche, Luhukay umzustimmen, gab es laut Aussage des Sportvorstands nicht. Überrascht war er nur davon, dass die Entscheidung am Donnerstag gefallen sei. Trotz der Differenzen mit dem Trainer lobte Schindelmeiser den "Mensch" Luhukay als "gerade, erhlich, diszipliniert. Er ist ein angenehmer Gesprächspartner." Dies zeige sich auch daran, dass er auf eine Abfindung verzichtet.

Vorübergehend werden nun der bisherige Assistent Olaf Janßen und Ex-Spieler Andreas Hinkel und Heiko Gerber das Team trainieren. Das Trio wird am Samstag gegen Kaiserslautern an der Seitenlinie stehen. Schindelmeiser betonte, dass es sich um eine Interimslösung handelt.

Der Zoff zwischen Trainer und Sportvorstand entstand wohl auch dadurch, dass sich der VfB zuerst im Mai Luhukay als starken Mann an den Neckar holte und dann sieben Wochen später Schindelmeiser als Sportvorstand verpflichtete. Die ersten Transfers wickelte noch Luhukay ab, dann übernahm Schindelmeiser das Ruder in der Kaderplanung.

16 Spiele pro Trainer

Der Abgang des Niederländers steht in einer unrühmlichen Tradition der jüngeren VfB-Geschichte. Der Statistik-Dienstleister Opta teilte nach dem Luhukay-Abgang mit: Die durchschnittliche Amstzeit der vergangenene sieben VfB-Trainer betrug ganze 16 Pflichtspiele, also nicht einmal eine halbe Saison. Der VfB-Trainerstuhl ist in den vergangenen Jahren ein besonders heißer - das Trainerkarussell dreht sich im Schwabenland besonders schnell.

Christian Groß, Jens Keller, Bruno Labbadia, Thomas Schneider, Huub Stevens, Armin Veh, Huub Stevens, Alexander Zorniger und Jürgen Kramny hießen die Übungsleiter seit 2010. Dazu mussten die Sportdirektoren Fredi Bobic und Robin Dutt ihren Hut nehmen, auch Präsident Bernd Wahler warf nach dem Abstieg das Handtuch.

Der VfB entwickelt sich zunehmend zu einem Problemkind im deutschen Profi-Fußball. Der Umbruch nach Abgängen von Leistungsträgern wie Mario Gomez, Jens Lehmann oder Sami Khedira ist dem Klub nie gelungen. Der sportliche Niedergang führte die Schwaben zunächst in einen anhaltend prekären Abstiegskampf, im vergangenen Jahr dann zum Abstieg. Nun ist der dreimalige Bundesliga-Meister zum Aufsteigen verdammt. Der Saisonstart verlief allerdings holprig. Siegen gegen St. Pauli und Sandhausen stehen Niederlagen in Düsseldorf und Heidenheim gegenüber. Besonders im Heimspiel gegen Heidenheim zeigte der VfB eine desolate Defensiv-Leistung, die an die schwachen Auftritte in der Abstiegssaison erinnerte.

Genügend Arbeit also für den zukünftigen VfB-Coach. "Zeitnah" will Schindelmeiser einen neuen Mann präsentieren. "Ich habe konkrete Vorstellungen", mehr wollte Schindelmeiser am Donnerstag zu seiner Trainersuche noch nicht sagen.

(ems)
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