"Der bekommt mir zu viel ab" VfB-Fans haben ihr Urteil über Korkut schon gefällt

Stuttgatr · Den neuen Cheftrainer Tayfun Korkut begleitet beim VfB Stuttgart vom ersten Tag an große Skepsis. Der 43-Jährige hat wenig Erfolge vorzuweisen, soll jetzt aber den VfB vor dem Abstieg bewahren.

VfB verpflichtet Korkut - Twitter-Reaktionen
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Foto: dpa, cdt exa

Tayfun Korkut hatte noch nicht einmal eine Trainingseinheit beim VfB Stuttgart geleitet, da übertraf im Umfeld die Ablehnung alle überzeugenden Argumente schon um Längen. "Ich sehe überhaupt gar kein Problem, dass es klappen wird", sagte der Kumpel von Bundestrainer Joachim Löw gleichwohl bei seiner Vorstellung. Der 43-Jährige sieht sich als den Richtigen im Kampf um den Klassenverbleib, steht damit aber relativ allein da.

"Wie die Fans mich empfangen, wird davon abhängig sein, wie erfolgreich wir sind", meinte er lapidar und will sich über den eisigen Empfang den Kopf nicht zerbrechen. Anders ging es da VfB-Vorstandsmitglied und Ex-Nationalspieler Thomas Hitzlsperger, der in Sozialen Medien besänftigend auf die Anhänger einzuwirken versuchte und um Vertrauen warb.

Auf Twitter bat der 35-Jährige um eine Chance für den Nachfolger des äußerst beliebten Hannes Wolf. "Der bekommt mir zu viel ab und das, obwohl er mit unserer Profimannschaft noch keinen Tag gearbeitet hat", schrieb Hitzlsperger und appellierte an die skeptischen Fans: "Es geht jetzt darum, dass wir alle den Trainer und die Mannschaft unterstützen."

Offensichtlich wurde aber durch die hitzige Diskussion über den neuen Mann, dass der durch den Aufstieg wiederentfachte VfB-Geist spätestens jetzt auf eine ganz harte Probe gestellt wird. In Wolf ist der letzte Architekt der Bundesliga-Rückkehr weg, der pure Existenzkampf in Stuttgart hat ohnehin alle Zukunftsstrategien erst einmal ausradiert.

"Der Klassenerhalt steht über allem", sagte Sportvorstand Michael Reschke, der seit seinem Einstieg im letzten August schon gehörig an Reputation verloren hat und für den mit der Entscheidung für Korkut selbst einiges auf dem Spiel steht. "Es ist eine infame Lüge zu behaupten, ich hätte Hannes Wolf misstraut", sagte Reschke der "Sport Bild" (Mittwoch).

Derweil äußerte auch der frühere VfB-Trainer Huub Stevens gegenüber dem Magazin Unverständnis für die Trennung von Wolf. "Wenn es eine Phase gibt, in der es nicht so läuft, muss man den Trainer unterstützen. Ich verstehe nicht, was Stuttgart nun macht", sagte Stevens, der die Stuttgarter 2014 und 2015 jeweils vor dem Abstieg rettete. "Ich dachte, sie haben mit Wolf und Reschke nun Ruhe im Verein. Das ist nicht der VfB, den ich nach der Rückkehr in die erste Liga erwartet hatte."

Auch Ex-VfB-Profi Thomas Berthold übte bei Sport1 deutliche Kritik: "Der VfB hat eine handfeste Führungskrise." Reschke sei "zu einem Großteil mitverantwortlich für die Misere". Zu dem unausgewogenen Kader, auf den Berthold anspielt, muss Korkut jetzt schnell eine Bindung finden. Bereits am Samstag im wegweisenden Duell beim VfL Wolfsburg (15.30 Uhr/Live-Ticker) geht es um viel, "überragende Bedeutung" misst Reschke dem Spiel bei. Der 60-Jährige hat keinen Zweifel, dass mit Korkut der Erfolg zurückkommt. Berthold meinte bei t-online.de, Korkut sei nur "aufgrund fehlender Alternativen" zum Zug gekommen.

Nachdem Thomas Tuchel schon beim Erstkontakt keine Ambitionen gezeigt hatte, war wohl Markus Weinzierl der Favorit, lehnte aber ab. "Es war nicht der richtige Zeitpunkt", sagte der frühere Schalker und Augsburger Coach in der Talksendung Sky90. Die Anfrage sei zu überraschend gekommen, "ich bin gerne vorbereitet". Also muss es jetzt Korkut richten.

Die Resultate seiner vorherigen Stationen sprechen eher dagegen. Bei Hannover 96 kam Korkut auf einen Schnitt von 1,17 Punkten. Beim 1. FC Kaiserslautern nahm er selbst den Hut nach 18 Spielen mit durchschnittlich 1,06 Zählern. Und auch bei Bayer Leverkusen empfahl er sich mit nur zwei Siegen aus elf Spielen nicht für eine Weiterbeschäftigung. Wenn diese Werte nicht deutlich steigen, wird es ganz eng für den VfB. Und das Urteil der Fans gewiss nicht besser.

(areh/sid/dpa)
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