Ära in Bremen geht zu Ende Lemke könnte schon vor 2016 abdanken

Der Machtkampf ums Geld tobte nur wenige Tage, am Ende knickte der Sparkommissar schneller ein als gedacht: "Werder-Willi" Lemke dankt in Bremen ab. Die Ära des Aufsichtsratsvorsitzenden an der Weser endet spätestens 2016.

Das ist Willi Lemke
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"Ich werde die verbleibende Zeit meiner Amtsperiode nutzen, um aktiv den Prozess einzuleiten, eine verantwortungsvolle Nachfolgeregelung für mich als Aufsichtsratsvorsitzenden zu finden", gab der 68-Jährige am Montagabend nach einem Gipfeltreffen mit der Vereinsführung bekannt. Während einer Diskussionsveranstaltung am Dienstag in Bremen brachte Lemke Ex-Nationalspieler Marco Bode als Nachfolger ins Gespräch und kann sich einen Wechsel bereits vor 2016 vorstellen. Er hoffe, dass Bode dem Ansinnen zustimmen werde - nicht erst 2016, sondern schon früher, sagte Lemke laut Weser-Kurier (Mittwochsausgabe).

Der Abschiedsankündigung war ein kurzer, aber heftiger Streit um die strategische Ausrichtung des Klubs vorangegangen: Soll der Tabellenletzte aus Bremen angesichts des drohenden Abstiegs neue Schulden aufnehmen, um im Winter neue Spieler zu kaufen oder nicht? Der bisher für seinen strikten Sparkurs berüchtigte sowie heftig kritisierte Lemke gab sich nach dem Gespräch mit der Werder-Geschäftsführung um den Vorsitzenden Klaus Filbry, Sportchef Thomas Eichin und der grauen Eminenz des Klubs, Klaus-Dieter Fischer, geschlagen.

Plötzlich und überraschend zeigte Lemke Bereitschaft, den Plan einer riskanteren Finanzpolitik mittragen zu können. "Unternehmerische Verantwortung ist immer ein Kennzeichen des Handelns bei Werder gewesen und ich sehe keinen Gegensatz darin, sich dabei auch über sinnvolle Modelle zu unterhalten, wenn die Risiken beherrschbar sind", sagte Lemke, der an der Waterkant seit jeher für seinen 'Igel in der Tasche' berühmt ist. Nachdem Fischer die Diskussion um Werders neuen Kurs in der vergangenen Woche angeschoben hatte, zeigte sich Lemke im Gespräch mit dem SID noch "völlig überrascht".

1981 startete der Familienvater seine steile Karriere bei Werder. Fortan war Grün-Weiß Lemke, Lemke war Grün-Weiß. Zusammen mit Trainerlegende Otto Rehhagel führte der heute 68-Jährige die Norddeutschen an die Spitze der Bundesliga. Mit bescheidenen Mitteln holte Werder unter der Regie des Managers Lemke bis 1999 zweimal die deutsche Meisterschaft, dreimal den DFB-Pokal und gewann den Europapokal der Pokalsieger. Legendär sind noch heute Lemkes verbale Duelle mit dem damaligen Bayern-Manager Uli Hoeneß.

1999 wechselte Lemke schließlich in den Aufsichtsrat des Klubs, dem er seit 2005 als Vorsitzender führt. Das bevorstehende Aus des einstigen Erfolgsgaranten wurde nun versteckt in einer Pressemitteilung mit dem Titel "Werder packt Zukunftsthemen gemeinsam an" angekündigt.

Als aussichtsreicher Kandidat auf Lemkes Nachfolge gilt Ex-Profi und Aufsichtsratsmitglied Bode. Er wurde zuletzt auch von Infront-Geschäftsführer Günter Netzer ins Gespräch gebracht. "Diesen Jungen schätze ich über alle Maßen: Er ist hochintelligent, hocheloquent, ein charakterlich einwandfreier Junge", sagte Netzer dem Weser-Kurier. Bode sollte man "noch mehr Verantwortung übertragen". Erst am Sonntag hatte Werder bekannt gegeben, den ursprünglich bis 2019 datierten Vertrag mit seinem Sportrechtevermarkter Infront bis 2029 verlängert zu haben. Dafür soll sofort ein Betrag im hohen einstelligen Millionenbereich in die Kassen fließen.

"Wir werden mit der Situation verantwortungsbewusst umgehen und auf dem Transfermarkt nur dann agieren, wenn wir die absolute Notwendigkeit sehen und mit voller Überzeugung handeln können", sagte Eichin. Der Kampf ums Geld wird in Bremen weitergehen. Auch ohne Lemke.

(sid)
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