Ramadan während der WM Kaum einer fastet, nur Algerien schweigt

Salvador da Bahia · Der Fastenmonat Ramadan hat begonnen, und die muslimischen Spieler in den meisten WM-Teams nehmen darauf keine Rücksicht. Nur die Algerier tun sich schwer.

 Nabil Bentaleb gibt keine Auskunft darüber, wie die algerische Mannschaft mit dem Ramadan umgeht.

Nabil Bentaleb gibt keine Auskunft darüber, wie die algerische Mannschaft mit dem Ramadan umgeht.

Foto: afp, Desk

Nabil Bentaleb war die Frage sichtlich unangenehm. "Wir haben beschlossen, dass wir darüber nicht sprechen werden", sagte der algerische Mittelfeldspieler. Der Fastenmonat Ramadan ist bei den "Wüstenfüchsen" ein Tabuthema, andere WM-Teams gehen lockerer damit um.

"Keiner der muslimischen Spieler wird den Fastenmonat begehen", sagte der Schweizer Mittelfeldspieler Valon Behrami: "Das wäre kein guter Zeitpunkt. Essen und Trinken sind gerade in diesem Klima wichtig." In der Multikulti-Truppe der Eidgenossen, die am Dienstag im WM-Achtelfinale auf Superstar Lionel Messi und Argentinien trifft, sind mehrere Spieler Muslime - neben dem aus dem Kosovo stammenden Behrami unter anderem auch Bayern-Star Xherdan Shaqiri und der Gladbacher Granit Xhaka.

Eigentlich ist ihnen seit Samstag Essen und Trinken - neben Sex und Rauchen - vom Morgengrauen bis zum Sonnenuntergang verboten. So schreibt es der Koran vor. Doch es gibt Ausnahmen, nicht nur für Schwangere, Kinder und Kranke, sondern auch für "Reisende". Sie können nach gängiger Interpretation das Fasten aufschieben, die Tage also nachholen.

Ramadan spielt im DFB-Team "keine Rolle"

In der deutschen Mannschaft spielt der Ramadan "überhaupt keine Rolle", wie Bundestrainer Joachim Löw betonte. DFB-Präsident Wolfgang Niersbach verwies darauf, dass der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und die Deutsche Fußball Liga (DFL) mit dem Zentralrat der Muslime in Deutschland eine Abmachung getroffen hätten, dass das Fasten nachgeholt werden könnte. "Wir respektieren den Ramadan, sind aber froh über dieses Entgegenkommen", sagte Niersbach.

In der DFB-Auswahl sind Shkodran Mustafi, Sami Khedira und Mesut Özil muslimischen Glaubens. Der türkischstämmige Özil will auf den Fastenmonat diesmal keine Rücksicht nehmen: "Ich kann da leider nicht mitmachen, weil ich arbeite. Für mich es in diesem Jahr unmöglich." Ähnlich halten es auch die Franzosen wie Karim Benzema oder die Belgier wie Marouane Fellaini.

Topstar Feghouli, Schwachpunkt Mesbah
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Schwieriger ist es für die Algerier, am Montag (22.00 Uhr MESZ/Live-Ticker). In ihrem Land, in dem der Islam Staatsreligion ist, sind Fastenbrecher schon zu Gefängnisstrafen verurteilt worden. Ob die Fußballer fasten müssen, ist auch bei den Religionsgelehrten umstritten. Laut Spiegel Online erklärte Scheich Mohammed Mekerkeb von der Vereinigung der Rechtsgelehrten: "Es ist nicht erlaubt, das Fasten zu brechen. Gott ist mit den Fastenden." Vertreter des Hohen Islamischen Rates hielten eine Ausnahme dagegen für gerechtfertigt.

Nach französischen Medienberichten halten die algerischen WM-Spieler an Trainingstagen die Ramadan-Regeln ein, zwischen 7.20 und 17.37 Uhr Ortszeit in Brasilien verzichten sie auf Speisen und Getränke. Wie es am Tag des Achtelfinales gegen Deutschland gehandhabt wird, wollte niemand verraten.

Der DFB-Fahrplan für das Achtelfinale gegen Algerien
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Mittelfeldspieler Hassan Yebda erklärte lediglich, dass es keine Vorschrift für die gesamte Mannschaft gibt. "Wenn ein Spieler es machen will, kann er es machen." Kapitän Madjid Bougherra hatte zuvor erklärt, er entscheide "nach meiner körperlichen Verfassung. Aber ich glaube, ich werde es machen".

Vor 32 Jahren hatten die Algerier schlechte Erfahrungen mit dem Ramadan bei der WM gemacht. Damals führten sie im Gruppenspiel gegen Chile schon nach 35 Minuten mit 3:0, ehe ihnen - angeblich vom Fasten geschwächt - die Kräfte ausgingen. Das 3:2 ermöglichte Deutschland und Österreich erst die "Schande von Gijon", die das Aus der Wüstenfüchse besiegelte.

(sid)
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