Überraschungsteam bei der WM Costa Rica träumt schon von Oranje

Recife/Düsseldorf · Für die Überraschungsmannschaft aus Zentralamerika soll das Achtelfinale gegen Griechenland am Sonntag nur eine Durchgangsstation sein. Sie schielt schon auf den möglichen Gegner im Viertelfinale - die Niederlande.

WM 2014: Costa Rica feiert den vorzeitigen Einzug ins Achtelfinale
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Costa Rica feiert den vorzeitigen Einzug ins Achtelfinale

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Foto: afp, Desk

Costa Rica hatten nur wenige auf dem Zettel. Die Mannschaft war in der so genannten Todesgruppe krasser Außenseiter. Das spiegelten auch die Quoten der Wettanbieter eindeutig wider. Vor dem ersten Gruppenspiel gegen Uruguay lagen sie bei 1,45:9 Euro. Da konnten Experten wie Hasardeure gleichermaßen gut verdienen. Die Ticos, wie die Einwohner genannt werden, haben die Todesgruppe überlebt - nicht irgendwie oder glücklich, sondern verdientermaßen als ungeschlagener Tabellenerster vor Uruguay, das sie zum Auftakt mit 3:1 besiegt haben, die wiederum England und Italien besiegten. Die namhaften Europäer sind inzwischen wieder daheim.

Wie konnte das passieren? Was sind die Gründe für den Erfolg Costa Ricas? Natürlich hat Trainer Jorge Luis Pinto seinen Anteil daran. Der 61 Jahre alte Kolumbianer arbeitet bereits zum zweiten Mal als Nationaltrainer für das Land. Er wäre in Deutschland schon wesentlich bekannter, wäre er nicht vor der WM 2006 entlassen worden. Dann wurde er Nationaltrainer seines Heimatlandes, scheiterte jedoch in der Qualifikation für die WM 2010 und musste gehen. Vor drei Jahren wurde ihm die Aufgabe in Costa Rica zum zweiten Mal anvertraut - seine 19. Trainerstation in 30 Jahren.

WM 2014: Nach Achtelfinaleinzug brechen bei den Fans von Costa Rica alle Dämme
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"Wir nehmen die Leidenschaft mit aufs Spielfeld"

Der nur 1,65 Meter große Pinto orientiert sich an den Großen seiner Zunft, zum Beispiel an Jose Mourinho. Das betrifft aber nur Fußball-Philosophie und Taktik, denn in anderen Bereichen unterscheidet er sich deutlichst. Im Gegensatz zu dem introvertierten Mourinho ist Pinto ein extrovertierter Typ, der gern wie ein HB-Männchen in die Luft geht und der auch keinen Dialog mit den Unparteiischen scheut.

Einen Star hat die Mannschaft nicht, nicht einmal einen heimlichen. Selten war der Satz von Berti Vogts "Der Star ist die Mannschaft" so treffend. Und auch die eine charakterisierende Stärke wird vergebens gesucht. Die Mischung stimmt, die Einstellung, hinzu kommt die Euphorie. "Die Liebe, die wir von den Fans bekommen, ist so gewaltig. Wir nehmen diese Leidenschaft und Freude mit aufs Spielfeld", sagt der 22 Jahre alte Offensivspieler Joel Campbell. "Das gibt uns einen zusätzlichen Kick." Neun seiner Mitspieler kicken noch im Heimatland, die anderen 14 im Ausland, die meisten in den inzwischen deutlich verbesserten Ligen Amerikas und Kanadas.

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Costa Rica - England

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Trainer Pinto hat schon viel erreicht, aber er will mehr. Zum zweiten Mal steht Costa Rica nach der WM 1990 im Achtelfinale. Damals schied das Team unter Bora Milutinovic gegen die damalige Tschechoslowakei mit 1:4 aus.

Die Ticos wollen Fußball-Geschichte schreiben und erstmals das Viertelfinale erreichen. Nachdem sie die Ex-Weltmeister England und Italien ausgeschaltet haben, soll auch der Europameister von 2004, Griechenland, heim geschickt werden. Die Quoten belegen eindrucksvoll, welch großen Respekt sich Costa Rica in den zurückliegenden Tagen erworben hat: 2,60:3.

"Uns interessiert nicht, ob wir Favorit sind", sagt Pinto. "Wir fühlen uns nicht als Favorit, wir geben einfach alles." Weil aber die fußball-verrückten Fans längst vom Viertelfinale gegen die Niederlande träumen, warnt Abwehrspieler Michael Umana: "Zuerst waren wir das Aschenputtel und jetzt gehören wir zu den Favoriten. So ist Fußball. Aber wir müssen mit den Füßen auf dem Boden bleiben."

(RP)
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