Nach 1:0-Sieg gegen Italien Selbst Costa Ricas Präsident feiert den Achtelfinal-Einzug

Recife · Der Trainer dankte dem lieben Gott, die Spieler trugen stolz die Trikots von Balotelli, Buffon und Pirlo wie erbeutete Trophäen. Zum zweiten Mal nach 1990 hat es Costa Rica ins Achtelfinale einer Weltmeisterschaft geschafft. Im Land herrscht Ausnahmezustand.

WM 2014: Nach Achtelfinaleinzug brechen bei den Fans von Costa Rica alle Dämme
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Nach Achtelfinaleinzug: Bei den Fans von Costa Rica brechen alle Dämme

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Nach dem Schlusspfiff schien ein ganzes Land zu explodieren. Staatspräsident Luis Guillermo Solis schwenkte umringt von Fans eine blau-weiß-rote Flagge, Tausende Menschen riefen auf den Straßen der Hauptstadt San Jose wieder und wieder: "Si, se pudo" (Ja, wir können) und "Ole, ole, ole, 'ticos', 'ticos'". Mit Autokorsos und Hupkonzerten feierte Costa Rica den Achtelfinal-Einzug seiner Weltmeister-Besieger bei der Fußball-WM in Brasilien.

"Riese der Todesgruppe"

3:1 gegen Uruguay, 1:0 gegen Italien - der kleine Staat aus Zentralamerika verzückt seine Fans und verblüfft die Fachwelt. "Riese der Todesgruppe. Bad der Seligkeit für Costa Rica", schrieb "La Nacion", "Crhoy" kommentierte: "Historisches Costa Rica zerreißt die Todesgruppe." Der Sender "Teletica" dichtete überschwänglich: "Costa Rica 2, Weltmeister 0. Heute sind wir die Besten des Planeten!"

Zum zweiten Mal nach 1990 steht das 4,8-Millionen-Einwohner-Land im Achtelfinale einer Weltmeisterschaft. Im Euphorie- und Adrenalinschub nach dem verdienten Erfolg gegen den viermaligen Titelträger Italien legte Trainer Jorge Luis Pinto jegliche verbale Zurückhaltung ab: "Wir wollen auch gegen England gewinnen. Und wir wollen noch mehr als das Achtelfinale", kündigte er an. Die Zeitung "Al Dia" jubelte: "Ohne Grenzen. La Sele will sich unter die acht Besten vordrängeln."

Und auch Kapitän Bryan Ruiz, der mit seinem Tor (44. Minute) in diesen bemerkenswerten Sommertagen auch das WM-Aus Englands besiegelte, verkündete nach seiner Ehrung zum "Man of the Match": "Heute haben wir Geschichte geschrieben und wir wollen noch so weit wie möglich kommen. Alles ist möglich." Strahlend fügte er hinzu: "Wir haben etwas Unglaubliches für so ein kleines Land geschafft."

In San Jose verfolgten Fans das Spiel auf Großbildleinwänden, während der Partie stand das Land weitgehend still. In Behörden, Unternehmen und Schulen versammelten sich die Menschen vor den Fernsehern, um das Duell mit den favorisierten Italienern zu verfolgen. Joel Campbell & Co. haben mit ihren erfrischenden und couragierten Auftritten eine ungeahnte Euphorie entfacht - und auch dem Gegner Respekt abgenötigt.

"Für mich war das keine Überraschung. Das ist eine starke Mannschaft mit Spielern von großer Qualität. Costa Rica war extrem gut organisiert und hat das sehr gut gemacht", lobte der geschlagene italienische Trainer Cesare Prandelli erstaunlich gefasst.

WM 2014: Sexy Fans in Brasilien
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So sexy sind die Fans in Brasilien

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Exakt 24 Jahre nach dem ersten Achtelfinal-Einzug bei der WM in Italien beeindruckten die Costa Ricaner mit körperlicher Frische und Präsenz und vor allem taktischer Disziplin. Im Mittelfeld konnte sich Andrea Pirlo nur selten der gegnerischen Kontrolle entziehen, im Angriff musste Mario Balotelli zu oft den Alleinunterhalter mimen.

"Ich habe meinen Spielern vorher gesagt: Lasst uns die Geschichte verändern", sagte Pinto noch immer sichtlich bewegt, als er nach den 94 Minuten vor die internationale Presse trat. "Das ist ein historisches Ergebnis", bemerkte der nur 1,65 Meter große Coach.

"Größer als unsere Träume"

Die Freudentänze seiner Spieler, die sich die Trikots von Pirlo, Balotelli und Gianluigi Buffon umgebunden hatten, hatte Pinto zunächst aus der Distanz beobachtet und dabei mit den Tränen gekämpft. "Ich habe Gott gedankt und an alle gedacht, die uns unterstützt und an uns geglaubt haben", sagte der Erfolgstrainer. Der junge Stürmer Campbell jubelte auf Twitter: "Wir sind größer als unsere Träume. Wir sind Costa Rica."

In einer der wohl schwersten Gruppen mit Italien, England und Uruguay hat sich Costa Rica durchgesetzt. Die Engländer müssen nach Hause fliegen, und einen der beiden ehemaligen Weltmeister Uruguay und Italien erwischt es am kommenden Dienstag auch noch. Daher darf man Bryan Ruiz die martialischen Worte auch verzeihen. "Wir waren in der Todesgruppe, jetzt sind die anderen tot", sagte der Torschütze.

(dpa)
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