Erneuter Patzer in der WM-Quali Österreich steht mit Rücken zur Wand

Wien/Düsseldorf · Das 0:1 gegen Irland verstärkt die Sorgen um die WM-Qualifikation und erhöht den Druck auf Trainer Marcel Koller.

WM-Qualifikation: Österreich steht mit Rücken zur Wand
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Österreich kann den Titel holen. So lautete die Prognose zahlreicher Experten Anfang Juni vor der Fußball-Europameisterschaft. Sie lagen gründlich daneben. Bereits nach der Gruppenphase musste das Team die Heimreise aus Frankreich antreten. Fünf Monate später ist aus dem Außenseitertipp auf den EM-Gewinn gar das größte Sorgenkind der WM-Qualifikation geworden. Das 0:1 gegen Irland am Samstag befeuert die Diskussionen um Trainer Marcel Koller und wirft die große Frage auf, warum ein Team mit fast ausschließlich gestandenen Bundesligaspielern in zwei Jahren, wenn der Ball in Russland rollt, womöglich nur vor dem Fernseher sitzt?

"Iren trampeln auf WM-Traum Österreichs" titelte das österreichische Boulevardblatt "Kronenzeitung" gestern. Und: "Muss Koller jetzt fliegen?" Traut man den Aussagen vor dem Spiel, war allen Spielern klar gewesen, dass gegen die Iren der Umschwung erfolgen muss. Doch nur eine Viertelstunde hielt das Pressing-Konzept der Österreicher im Ernst-Happel-Stadion in Wien. Danach befreiten sich die Iren, erzielten durch James McClean (48.) den einzigen Treffer des Abends und verließen die Arena als Tabellenführer der Gruppe D.

Sechs Punkte dahinter liegen die Österreicher. Vier Zähler beträgt der Abstand auf den von Serbien belegten Play-off-Platz. Nur ein Sieg am ersten Spieltag gegen Georgien steht nach vier Partien zu Buche. Gegen Wales (2:2) und Serbien (2:3) begann der Negativlauf. "Als Trainer braucht man Ergebnisse. Wenn man nicht gewinnt, ist es so, dass der Trainer infrage gestellt wird", sagte Koller nach der zweiten Niederlage in Folge. Kollers Job sei jedoch nicht in Gefahr, wie der Präsident des österreichischen Verbands (ÖFB), Leo Windtner, klarstellte: "Eine Teamchef-Diskussion ist so notwendig wie ein Kropf."

Und Koller betonte, er werde seinen Weg unbeirrt weitergehen. "Ich habe schon andere Gewitter erlebt", erklärte der Schweizer mit Blick auf seine Trainerkarriere. Die Analyse nach dem 0:1 erinnerte dabei an zurückliegende Länderspiele in diesem Jahr: Mangelnde Chancenauswertung und zu viele unnötige Fehler im Spielaufbau sind laut Koller die größten Probleme.

Auch gegen Irland vertraute Koller zehn Akteuren, die in den deutschen Bundesligen ihr Geld verdienen. Angeführt wird die deutsche Riege von David Alaba. Weil aber gerade er eine schwache EM spielte und auch danach nur schwer in die neue Saison kam, konzentriert sich die Kritik besonders auf den Spieler vom FC Bayern München. "Ich versuche, ich selbst zu sein, mich davon nicht ablenken zu lassen und meine Leistung auf dem Platz zu bringen, und ich denke, das habe ich zuletzt gemacht", betonte Alaba vor der Partie. Nach der Niederlage schwieg er. Dem Sinnbild der Krise wurde von der "Kronenzeitung" mit Bezug auf seine Leistung eine "Melange zwischen wenig Licht und viel Schatten" attestiert.

Für Koller bietet sich morgen noch eine Chance zum Experimentieren. Im letzten Länderspiel des Jahres - wieder im Ernst-Happel-Stadion - geht es im Testspiel gegen den EM-Achtelfinalisten Slowakei. "Das ist ein wichtiges Spiel für uns, da wollen wir uns den einen oder anderen anschauen", erklärte Koller.

Im März geht es in der WM-Qualifikation gegen den Tabellenletzten Moldawien weiter. Entscheidender sind aber die Spiele in Irland (Juni), in Wales (September) und gegen Serbien (Oktober). "Es wird für uns schwieriger, aber es sind noch 18 Punkte zu vergeben. Wir werden alles dafür tun, um zurückzukommen und das Unmögliche möglich zu machen", sagte Koller.

(erer)
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