Deutscher Gegner in der WM-Qualifikation San Marino feiert Tore wie Titel

Servalle · 30.000 Einwohner und eine Nationalmannschaft: Seit Jahren gilt San Marino als klassischer Außenseiter im europäischen Fußball. Doch ab und an gelingt eine Sensation.

Twitter-User feiern Tor von San Marino
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Foto: dpa, sam

Als die Nationalmannschaft von San Marino im Oktober ein historisches Auswärtstor erzielte, fielen im norwegischen Fernsehstudio vor lauter Schreck und Fassungslosigkeit glatt die Lichter aus. Erstmals seit 15 Jahren war dem Fußball-Zwerg in einem WM-Qualifikationsspiel wieder ein Auswärtstor gelungen — den zwischenzeitlichen 1:1-Ausgleich beim 1:4 in Oslo feierten die Außenseiter wie andere Nationen einen Titel. "Das hat unglaublich viele Gefühle ausgelöst. Das ist sowohl für mich als auch die ganze Nation etwas ganz Besonderes", befand Torschütze Mattia Stefanelli.

Vor dem Duell mit Weltmeister Deutschland am Freitag (20.45 Uhr/Live-Ticker) in Serravalle wird sich das Team von Trainer Pierangelo Manzaroli aber auch an ein eher unangenehmes Aufeinandertreffen erinnern: Vor ziemlich genau zehn Jahren, im September 2006, verlor San Marino an gleicher Stelle mit 0:13 gegen das DFB-Team. Es ist bis heute die höchste Niederlage des Zwergstaates mit nur 30.000 Einwohnern.

Die Spieler, schon damals eine Mischung aus Studenten, Routiniers und Arbeitern, baten ihre deutschen Kollegen auf dem Feld, es nicht so schlimm zu machen. Doch bis kurz nach der Halbzeit fielen schon sieben Tore für die Mannschaft von Trainer Joachim Löw.

Gerade einmal 50 Spieler gibt es nach Angaben der Fifa, die sich in San Marino überhaupt für einen Einsatz in der Nationalmannschaft eignen. Einer von ihnen ist Kapitän Andy Selva. Der Stürmer vom Klub SP La Fiorita ist Rekordtorschütze seines Landes, acht von 21 Länderspieltoren erzielte er. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum kassierte der Fußball-Zwerg 572 Treffer. Spielführer Selva ist mittlerweile 40 Jahre alt. Nicht nur beim 0:13 gegen Deutschland, sondern auch beim einzigen Sieg der Landesgeschichte war er mit von der Partie: Einem 1:0-Testspielerfolg gegen Liechtenstein 2004.

Niederlagenserien von bis zu 61 Spielen und Rang 201 in der Fifa-Weltrangliste zum Trotz nehmen die deutschen Weltmeister auch diese Aufgabe halbwegs ernst. "Die Jungs sind sicher in Italien ordentlich ausgebildet worden, auch wenn sie keine Vollprofis sind. Es wird keine Dorfmannschaft sein", meinte Benedikt Höwedes.

Wie sehr es sich rächen kann, überheblich in eine Partie mit dem Underdog zu gehen, mussten einst die Engländer erfahren. Im Jahr 1993 gewannen die "Three Lions" zwar mit 7:1, gerieten aber durch ein Tor des in San Marino noch heute gefeierten Davide Gualtieri bereits nach acht Sekunden in Rückstand. Bis Oktober 2016 war er damit Rekordhalter für das schnellste Tor in einer WM-Qualifikation — nun hat ihn der Belgier Christian Benteke (sieben Sekunden) abgelöst.

(seeg/dpa)
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