ARD wehrt sich gegen überzogene Kritik "Wir sind hier nicht bei einer Fernseh-WM!"

Düsseldorf · ARD und ZDF freuen sich über tolle Quoten, ärgern sich jedoch wegen der Kritik an ihren Kommentatoren und Moderatoren. "Ich kann die Aufregung zum Teil nicht nachvollziehen", sagt ARD-Sportkoordinator Balkausky.

WM 2014: Bela Rethy, Wolf-Dieter Poschmann und Co. im Check
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Die TV-Kommentatoren von ARD und ZDF im Check

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Wer liest so etwas schon gern über sich? "Sülz-Null-Nummer" oder "Banalitäten-Hitparade ohne Ende", so urteilen Fernsehkritiker über ARD und ZDF. Bemängelt wird zudem vermeintliche "Hofberichterstattung" der öffentlich-rechtlichen Sender aus dem Lager der deutschen Nationalmannschaft sowie ein "distanzloser Ranschmeißjournalismus". ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky stellt sich angesichts der Heftigkeit der Kritik die Frage, "ob sich die Wertigkeiten nicht sehr verschoben haben, wenn so viele Printjournalisten über Leistungen von Fernsehjournalisten schreiben. Wir sind hier bei einer Fußball- und nicht bei einer Fernseh-WM!"

Natürlich gehe das alles an den ARD- und ZDF-Journalisten nicht spurlos vorüber. "Die Kritik, negativ wie positiv, bekommen die Kollegen und ich natürlich mit", sagte Balkausky im Interview der Nachrichtenagentur dpa. Der ARD-Mann bemüht sich genau wie etwa der ZDF-Reporter Bela Rethy um Gelassenheit — so weit das möglich ist.

Man müsse sich "davor hüten, die Beleidigungen als repräsentativ zu empfinden", kommentierte Rethy die Kritik: "Es sind Teilchen der Gesamtwahrnehmung." Der ZDF-Journalist: "Aus den Erfahrungen der letzten Turniere weiß ich, dass alle Studien und Auswertungen eine sehr hohe Akzeptanz der Arbeit von ARD und ZDF ausgewiesen haben."

Er selbst ist schon mehrfach ausgezeichnet oder zum besten Fußball-Kommentator gewählt worden. Gleichzeitig gibt es eine eigene Facebook-Seite "Bela Rethy gefällt mir nicht". Zu Anfeindungen im Internet sagte der ZDF-Reporter: "Es ist kein Spiegelbild der Einschätzung von vielen Millionen Zuschauern." Außerdem: "Wir haben während dieser WM eine Menge zu arbeiten, verbunden mit vielen Reisen, so dass ich kaum die Zeit aufbringe, im Netz nach Kommentaren zu forschen."

ARD und ZDF freuen sich in diesen WM-Tagen über tolle Quoten, ärgern sich aber auch über die als überzogen empfundene Kritik an ihren Kommentatoren und Moderatoren. "Ich kann die Aufregung zum Teil nicht nachvollziehen", sagte Balkausky. Für ihn sei das meiste "Geschmackssache".

Der Sportkoordinator des Ersten hat nach eigener Aussage mit Kritik kein Problem - wenn sie "nachvollziehbar und in einer angemessenen Form geäußert" werde. Dem ARD-Mann ist bewusst: "In einer Live-Reportage ist nicht jedes Wort wohlformuliert, damit muss man leben." Einen kleinen Seitenhieb kann er sich freilich nicht verkneifen: "Das wissen auch die Print-Kollegen, die sich auskennen."

Besonders groß war die Aufregung, als ARD-Reporter Gerd Gottlob das Wort "Wir" für die deutsche Mannschaft benutzt hatte. Darf ein Reporter das? "Das kann man — wenn man eine grundsätzliche Distanz zur Mannschaft hat und sich nicht scheut, die Mannschaft auch negativ zu kritisieren, wenn es erforderlich ist", so Balkausky. Er könne das "für alle unsere Moderatoren und Reporter guten Gewissens sagen".

Ähnlich sieht es Rethy. "Da gibt es für mich keine feste Regel", sagte der ZDF-Moderator auf die "Wir"-Frage. Er selbst versuche, das vermeintliche Tabu-Wort zu vermeiden. "Wenn aber ein Kollege das für sich anders empfindet, ist es auch völlig legitim", sagte Réthy.

Über den Vorwurf, ARD und ZDF seien die "PR-Kompanie des DFB", kann Balkausky "nur noch lachen. Wir betreiben Journalismus wie alle anderen auch." Die ARD habe "im Disput zwischen Zwanziger und Niersbach beide Seiten zu Wort kommen lassen, das ist journalistische Normalität." Der frühere DFB-Präsident Theo Zwanziger und sein Nachfolger Wolfgang Niersbach hatte sich vor dem ersten WM-Spiel der DFB-Auswahl verbal heftig attackiert. Der ARD-Sportkoordinator betonte zudem: "Und wir haben auch die Leistung der deutschen Spieler gegen Ghana klar und kritisch eingeordnet, ganz ohne "wir" zu sagen."

(dpa)
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