Ex-DFB-Präsident "Schäbig", "fragwürdig", "seltsam": Alle gegen Zwanziger

Der ehemalige DFB-Präsident Theo Zwanziger wird von Klub-Vertretern und auch aus der Politik für seine Vorgehensweise heftig kritisiert.

Zwanziger gegen Niersbach: Chronik einer Männerfeindschaft
Infos

Zwanziger gegen Niersbach: Chronik einer Männerfeindschaft

Infos
Foto: dpa

"Schäbig", "fragwürdig" und "seltsam" - mit offener Kritik und großem Unverständnis reagierten am Wochenende der Deutsche Fußball-Bund (DFB), der Profi-Fußball und selbst die Politik auf die Vorgehensweise von Ex-DFB-Chef Theo Zwanziger, der seinen Nachfolger Wolfgang Niersbach im Nachrichten-Magazin Der Spiegel der "Lüge" bezichtigt und die Existenz von schwarzen Kassen im Zusammenhang mit der Vergabe der WM 2006 an Deutschland in den Raum gestellt hatte.

Fragen und Antworten zu Zwanzigers Vorwürfen
Infos

Fragen und Antworten zu Zwanzigers Vorwürfen

Infos
Foto: dpa

Der ehemalige Bundesinnenminister Otto Schily, einst Aufsichtsrat für das deutsche Organisationskomitee für die WM 2006, nahm sich den Juristen aus Altendiez in der Bild am Sonntag verbal zur Brust. "Es ist äußerst fragwürdig, dass sich Herr Dr. Zwanziger in dieser Affäre als Ankläger gebärdet", sagte der 83-Jährige.

Nach allem, was bisher bekannt geworden sei, sollte er sich "eher in der Rolle des Beschuldigten sehen", äußerte Schily. Der Ex-Minister geht davon aus, dass Zwanziger "von vornherein wusste, für welchen Zweck er die Überweisung von 6,7 Millionen Euro freigezeichnet hat", betonte Schily. Er könne nicht nachvollziehen, weshalb sich Zwanziger Zeit mit der Aufklärung gelassen habe. Er bezeichnete dies als "eine sehr seltsame Ruhepause seines Gewissens als Finanzverantwortlicher im Organisationskomitee des DFB".

Fakt ist, dass die ominöse 6,7-Millionen-Euro-Zahlung vor der WM 2006 an den ehemaligen adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus immer noch viele Fragen aufwirft. Der damalige DFB-Präsident Zwanziger soll die Anweisung im Jahr 2005 mitveranlasst haben.

Wolfgang Niersbach eröffnet das Deutsche Fußballmuseum
20 Bilder

Niersbach eröffnet das Deutsche Fußballmuseum

20 Bilder
Foto: dpa, bt gfh

Auch der ehemalige DFB-Sportdirektor Matthias Sammer greift Zwanziger an und wirft diesem persönliche Motive aufgrund der Feindschaft mit Niersbach vor. "Das Allerschlimmste ist, wenn Menschen über die Medien alte Rechnungen begleichen wollen. Das ist schäbig, das tut man nicht", wetterte der Sportvorstand von Bayern München bei Sky. Frankfurts Vorstands-Chef Heribert Bruchhagen ergänzte: "Was Dr. Zwanziger reitet, sich ständig öffentlich zu Wort zu melden, ist für mich völlig unverständlich."

Wolfsburgs-Manager Klaus Allofs meinte: "Das sind Geschichten, die der Fußball nicht braucht." Dortmunds Trainer Thomas Tuchel schließt negative Auswirkungen nicht aus: "Es tut ein bisschen weh, weil es ja auch um den Fußball insgesamt geht."

Auch vonseiten des DFB gab es harsche Kritik in Richtung Zwanziger. "Er hätte die Vorwürfe in seiner Amtszeit selber angehen können. Ich frage mich ernsthaft, warum er das nicht getan hat. Unter Zwanziger hatten wir beim DFB eine Angst- und Krisenkultur", sagte DFB-Generalsekretär Helmut Sandrock und geißelt nachträglich die Amtsführung des einstigen Regierungspräsidenten von Koblenz. Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff fragte sich nach den möglichen Motiven Zwanzigers für dessen zurückhaltendes Verhalten bei der Aufarbeitung der 6,7-Millionen-Zahlung in seiner Zeit als DFB-Chef. "Seltsam ist es schon, dass er das nicht schon während seiner Amtszeit angegangen ist. Vielleicht hatte er andere Interessen zu verfolgen", sagte Bierhoff sibyllinisch.

Zwanziger hätte den Vorgang spätestens bei der Erstellung des Finanzabschlussberichtes zur WM aufklären müssen, so Schily. Zwanziger hatte am Samstagabend dem SID gesagt: "Der Vorwurf, ich hätte zu meiner Amtszeit diesen Vorgang überprüfen müssen, geht fehl, weil ich erst 2012 die Erkenntnisse gewonnen habe, die den bisherigen Erkenntnisstand veränderten."

Der Jurist war ab 2004 geschäftsführender DFB-Präsident als Doppelspitze mit Gerhard Mayer-Vorfelder und von 2006 bis März 2012 alleiniger DFB-Chef. "Wir waren bis 2012, ich denke, übereinstimmend, der Meinung, dass es um eine Rücküberweisung einer notwendigen Provisionszahlung ging", betonte Zwanziger.

(areh/sid)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort