Viertelfinale im Maracana Die wichtigsten Fragen zum Frankreich-Spiel

Rio De Janeiro · Deutschland trifft in Rio de Janeiro auf Frankreich. Im selben Stadion findet am 13. Juli das Endspiel statt. Um dorthin zurückkehren zu können, ist Bundestrainer Joachim Löw offenbar bereit, etwas zu verändern.

Schweinsteiger scherzt im Training mit Baffoe
14 Bilder

Schweinsteiger scherzt im Training mit Baffoe

14 Bilder

Es gibt nur zwei Sehnsuchsorte des Fußballs. Es sind Wembley und Maracana. Fans sprechen diese beiden Wörter mit einem Glänzen in den Augen, fast ehrfürchtig aus. Die beiden Stadien in London und Rio de Janeiro sind immer noch Arenen für die Romantiker, auch wenn sie von den Architekten der Fußball-Neuzeit so gründlich überarbeitet worden sind, dass sie viel von ihrem ursprünglichen Zauber verloren haben. Trotzdem überstrahlt Maracana bei der WM alles, auch weil hier am 13. Juli das Finale ausgetragen wird.

Die deutsche Mannschaft spielt (18 Uhr/Live-Ticker) heute schon mal vor. Sie trägt ihr Viertelfinale gegen Frankreich im wichtigsten Stadion Brasiliens aus. "An Rio könnte man sich gewöhnen", sagt Torwart Manuel Neuer. Rio könnte auch die Endstation sein. Vor dem Spiel sind einige Fragen offen.

Frankreich - Deutschland: die Fakten
Infos

Frankreich - Deutschland: die Fakten

Infos
Foto: ap

Wo spielt Lahm? Das ist die zentrale Frage der vergangenen Tage. Bundestrainer Joachim Löw hatte sie noch vor dem Algerien-Spiel kategorisch beantwortet: "Ich habe meine Entscheidung getroffen — auch was Philipp Lahm betrifft. Er spielt im Mittelfeld." Das ist nach den Ereignissen der Achtelfinal-Begegnung mit den Nordafrikanern aber längst nicht mehr sicher, es ist sogar unwahrscheinlich. Diese Botschaft lässt Löw den Torwarttrainer Andreas Köpke übermitteln.

"Es ist doch nicht so, dass wir von diesen Dingen nicht abweichen", erklärt Köpke, "wir werden nicht stur an einer Linie festhalten. Wir diskutieren das im Team und nicht in der Öffentlichkeit. Aber wir werden eine Entscheidung treffen, hinter der wir alle stehen. Und wir machen es so, dass wir gegen Frankreich bestehen." Das ist ein deutlicher Hinweis auf Lahms Rückkehr auf die Verteidigerposition, wie sie von allen Experten gefordert wird. Löw ist bereit zur nächsten taktischen Kehrtwendung.

Wie sieht das System aus? Es wird sich allein durch Lahms Rückversetzung von der Sechserposition ändern. "Mit Philipp können wir mehr Druck auf den Gegner ausüben", sagt Neuer. Das deutsche Spiel wird offensiver, und die starken französischen Außen können hinten gebunden werden. Es bahnt sich sogar der komplette taktische Umbau an. Löw will gegen die Franzosen nicht nur sein gerade vor der WM erfundenes Abwehr-Bollwerk aus vier Innenverteidigern auflösen. Er denkt ebenfalls darüber nach, zur langjährigen Grundordnung des 4-2-3-1 zurückzukehren.

Deutschland - Frankreich: die denkwürdigsten Duelle
Infos

Deutschland - Frankreich: die denkwürdigsten Duelle

Infos
Foto: afp, lab/dlb/BF

Das heißt: Er könnte sich dazu durchringen, seine Spieler nicht mehr in Gebieten wildern zu lassen, für die sie nicht ausgebildet sind, sondern ihnen die Stammplätze aus den Klubs zuzuweisen. Miroslav Klose wäre die zentrale Spitze, im offensiven Dreier-Mittelfeld kämen Thomas Müller (von rechts) und André Schürrle (links) über die Flügel. Und Mesut Özil hätte sich auf die Spielmacherposition genörgelt. Dahinter würden Toni Kroos und Sami Khedira (oder Bastian Schweinsteiger) auf der "Sechs" Dienst tun.

Was bedeutet das für Löw? Der Bundestrainer hat mehrmals zu erkennen gegeben, dass er bereit ist, alle Prinzipien über Bord zu werfen. Es begann mit der Abkehr vom Diktat des schönen Spiels, das ihm so wichtig war. "Weltmeister wird nur, wer schönen Fußball spielt", hat er mal gesagt. Heute stellt er ungerührt fest: "Wichtig ist, dass wir gewinnen."

Nun braucht er den Erfolg über Frankreich. Und dafür wirft er wohl nochmals alles über den Haufen, was er zu Beginn des Turniers zur Grundlage des Spiels erklärt hatte. Er weiß: Dieser Schuss muss sitzen, sonst ist die WM vorbei und sicher auch seine Amtszeit als Bundestrainer.

Deutschland - Frankreich: Bilanzen und Rekorde
Infos

Deutschland - Frankreich: Bilanzen und Rekorde

Infos
Foto: afp, RC

Was heißt das für das Viertelfinale? Die DFB-Auswahl wird den Franzosen mit einer offensiveren Ausrichtung begegnen. Das ist eine gute Idee, denn Frankreich hat bewiesen, dass es mit guten Kombinationen über die Außenpositionen kommen kann, wenn man die Mannschaft zu sehr gewähren lässt. Das Team von Didier Deschamps reagiert wie fast alle Mitbewerber empfindlich auf Pässe durch die vielgerühmten Schnittstellen der Abwehr. Mit breit angelegten Angriffen wird es dagegen prima fertig.

Deschamps ist es gelungen, seine Auswahl starker Spieler zu einer hervorragend funktionierenden Mannschaft zu machen. Sie hat den Ausfall des Bayern-Stars Franck Ribéry im Team aufgefangen. Viele Beobachter glauben, dass Frankreich ohne all die Rücksichtnahmen auf den eigenwilligen und im Land nicht sonderlich beliebten Ribéry freier geworden ist.

Wie sind die Chancen? Es begegnen sich zwei gleichstarke Mannschaften. "Das wird ein Spiel auf Augenhöhe", glaubt nicht nur Deutschlands Torwarttrainer Köpke. Die Deutschen haben auf einigen Positionen individuelle Vorteile, die Franzosen wirken als Team sehr geschlossen. "Um ins Halbfinale zu kommen, müssen wir uns steigern", sagt Neuer. Gut gesehen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort