Achtelfinale gegen die Slowakei Boatengs Wade hält

Lille · Jerome Boateng hat Bundestrainer Joachim Löw sein Okay für einen Einsatz im Achtelfinale gegen die Slowakei gegeben. Eine neue Wade der Nation wie Michael Ballack bei der EM 2008 wird es also vorerst nicht geben.

Jerome Boateng: Die Wade der Nation trainiert
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Die Wade der Nation trainiert

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Foto: dpa, hak

Es gab schon einmal eine Wade der Nation. Sie gehörte Michael Ballack. Sorgenvolle Berichte widmeten sich vor acht Jahren der Muskulatur des damaligen Kapitäns. Die Wade war Gegenstand von Nachrichtensendungen. Ballack konnte trotz seiner Probleme 2008 die Nationalmannschaft ins EM-Finale von Wien führen. Deutschland verlor trotzdem mit 0:1.

Nun gilt die Sorge dem deutschen Abwehrchef. Wegen einer "neurogenen Verhärtung" musste Jerome Boateng im letzten EM-Gruppenspiel gegen Nordirland (1:0) ausgewechselt werden. Erst am Samstag, einen Tag vor Achtelfinale gegen die Slowakei, kehrte er ins Mannschaftstraining zurück. Um kurz vor elf meldeten die ersten Trainingsbeobachter mit angehaltenem Atem, Boateng habe Sprintübungen gemacht und werde von Mannschaftsarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt noch einmal auf dem Platz behandelt. Der Doktor hatte offenbar keinen Anlass, dem Verteidiger weitere Schonung zu verschreiben. "Jerome hat alle Übungen mitgemacht", erklärte Bundestrainer Joachim Löw. Die neue Wade der Nation hat offenbar gehalten. Deshalb steht einem Einsatz des Abwehrmannes nichts im Wege. "Er hat mir sein Okay gegeben", sagte Löw.

Weckruf Ende Mai

Ein Risiko würde er sicher nicht eingehen, denn er ist überzeugt davon, dass die DFB-Auswahl ihre Heimflug-Tickets nicht so bald buchen muss, und dass er Boateng in den nächsten Runden noch braucht. Trotzdem ist eine eingespielte Innenverteidigung mit dem Block Mats Hummels/Boateng auch gegen die konterstarken Slowaken eine wichtige Waffe. Die beiden künftigen Kollegen bei den Bayern kontrollierten die Ansätze von nordirischen Gegenangriffen ohne erkennbare Mühe. Die Slowaken sind allerdings fußballerisch ein anderes Kaliber. "Sie können schon auch gefährlich sein", sagte Löw, "wir hatten ja Ende Mai unseren Weckruf."

Den erlebte Boateng bei der 1:3-Testspielniederlage Ende Mai in Augsburg hautnah mit. Er wird sich an die Entschlossenheit von Marek Hamsik, dessen Schüsse in ganz Europa gefürchtet werden, ebenso wie an das taktische Mittel erinnern, Eckstöße nah an den sogenannten ersten Pfosten zu spielen. Das machte den Deutschen große Mühe.

"Das Achtelfinale ist aber ein ganz anderes Spiel", beteuerte Löw. Er hat seine Mannschaft darauf vorbereitet, druckvoll und mit der notwendigen Geduld zu spielen. Der Bundestrainer verlangt wiederum "Läufe in die Tiefe" und die Bereitschaft auch scheinbar vergebliche Wege zu gehen, damit Räume für Pässe geschaffen werden. Das gelang gegen die Nordiren, und es soll auch gegen die Slowakei zum Erfolg führen.

Bringt Löw Schweinsteiger?

Deshalb sind überhaupt keine taktischen Veränderungen geplant, es kann jedoch durchaus sein, dass Löw Wechsel auf einzelnen Positionen vornimmt. Im defensiven Mittelfeld ist Bastian Schweinsteiger eine Option. "Er wird im Training immer besser", bestätigte Löw, "ich weiß aber noch nicht, ob seine Kraft schon für 90 Minuten reicht." Der Coach spielt offen mit dem Gedanken, Sami Khedira eine Pause zu gönnen. Löws Assistenten haben in ihren Spielauswertungen festgestellt, dass der Mann von Juventus Turin in den ersten Begegnungen die höchsten Laufleistungen hatte. Ihm könnte ein wenig Erholung gut tun.

Auf dem Platz wird es die nicht geben, denn im Schongang ist die Slowakei bestimmt nicht zu bezwingen. "Ich glaube, die Slowaken haben eine ähnliche Qualität wie die Polen", betonte Löw. Es klang sehr respektvoll. Er sagte aber auch: "Wir werden Mittel und Wege finden, es besser gegen sie zu machen als England." Die Briten kamen in der Gruppe nicht über ein torloses Unentschieden hinaus.

(pet)
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