WM-Affäre "Die Basis wünscht sich Antworten von ihren Idolen"

Düsseldorf · Die Affäre um mögliche Ungereimtheiten und eine schwarze Kasse bei der deutschen Bewerbung um die WM 2006 kommt endgültig bei zwei Säulenheiligen des Fußballs an. Nach der Pressekonferenz von DFB-Präsident Wolfgang Niersbach, die mehr Fragen aufwarf als Antworten gab, richtet sich die Aufmerksamkeit auf Franz Beckenbauer und Günter Netzer.

Franz Beckenbauer und Günther Netzer rücken nun in den Fokus.

Franz Beckenbauer und Günther Netzer rücken nun in den Fokus.

Foto: AP, AP

Beckenbauer führte das Bewerbungs- und das Organisationskomitee für 2006. Er hat sich bisher zu keinem der Vorwürfe öffentlich geäußert, auch nicht zu den Vorgängen um eine Überweisung von 6,7 Millionen Euro über ein Fifa-Konto an den ehemaligen Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus.

Netzer hat immerhin die Darstellung des "Spiegel" bestritten, nach der er einem DFB-Funktionär erklärt haben soll, mit dem zuvor geliehenen Geld seien Stimmen der asiatischen Mitglieder im Fifa-Exekutivkomitee bei der Wahl des Ausrichters Deutschland gekauft worden. Peter Frymuth, DFB-Vizepräsident aus Düsseldorf, verlangt die Mitwirkung der beiden ehemaligen Superstars an der Aufklärung der Vorgänge. "Die Basis wünscht sich Antworten von ihren Idolen", sagte er unserer Rwedaktion, "niemand hat Verständnis dafür, dass sich einige ihrer Verantwortung nicht stellen." Zu einer gründlichen Aufarbeitung gehöre, "dass Beckenbauer und Netzer zur Aufklärung beitragen. Es geht um mehr als persönliche Befindlichkeiten - es geht um das Vertrauen in den Fußball".

Das ist durch die ungeklärten Fragen um jene 6,7 Millionen Euro durchaus erschüttert. Bislang gibt es verschiedene Erklärungsansätze. Der ehemalige DFB-Präsident Theo Zwanziger erneuerte im "Spiegel" seinen Vorwurf, das Geld sei mit Wissen seines Nachfolgers Wolfgang Niersbach und des gesamten damaligen Organisationskomitees an den katarischen Spitzenfunktionär Mohamed Bin Hammam gelangt. Es habe sich um eine schwarze Kasse des Verbands gehandelt. Diese Version weist der DFB zurück. Niersbach beteuerte, es habe sich um eine Vorleistung an die Fifa gehandelt, für die im Gegenzug ein Zuschuss von 170 Millionen Euro an den WM-Ausrichter floss. Fifa-Präsident Sepp Blatter und Beckenbauer hätten sich auf dieses Vorgehen verständigt. Blatter dementiert das. Beckenbauer sagt nichts.

Zwanzigers Darstellung wird sogar von seinem Kronzeugen zurückgewiesen. Der ehemalige Präsident stützt sich auf ein Telefonat mit dem damaligen OK-Vize Horst R. Schmidt. Der reagierte empört darauf, dass Zwanziger seine Erinnerung an ein privates Telefongespräch im "Spiegel" ausbreitete. Schmidt bestritt vehement, Bin Hammam als Adressaten der 6,7 Millionen genannt zu haben.

Das DFB-Präsidium versammelt sich derweil hinter Niersbach. "Niemand sucht beim DFB nach einem Nachfolger", sagte Frymuth. "wir als Team setzen auf bedingungslose Transparenz - und Wolfgang Niersbach gehört als unser Präsident dazu. Wir wollen und werden mit ihm diesen Weg gehen. Es haben aber einige nicht ganz so großes Interesse an Aufklärung. Ihnen geht es darum, Unruhe zu stiften." Den Namen Zwanziger nannte er nicht.

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Stephan Mayer (CSU), hat die Aufklärungsarbeit des DFB als "nicht ausreichend" kritisiert. Der DFB gebe kein sehr glückliches Bild ab, sagte Mayer. "Sollte sich dies nicht ändern, würde dies dem DFB und vor allem auch dem Sommermärchen nachhaltigen Schaden beifügen."

(RP)
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