Freshfields-Bericht Neues von der Schlammschlacht ums Sommermärchen

Frankfurt/Main · Wurde das Sommermärchen gekauft oder nicht? Die Vorstellung der Ergebnisse der Freshfields-Untersuchung am Freitag soll Licht auf die vermeintlich dunklen Machenschaften vor der WM 2006 werfen.

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Steigenberger Hotel, Salon 3 und 4, 13.30 Uhr: In den Sommermärchen-Skandal, der um die Jahrtausend-Wende in dunklen Hinterzimmern begann, soll am Freitag endlich Licht gebracht werden. Nach monatelanger Wühlerei im DFB-Schmutz präsentieren die internen Ermittler der Kanzlei Freshfields endlich die Ergebnisse, vor denen die WM-Macher um Franz Beckenbauer zittern. Immer neue Details über die vermeintlich gekaufte Vergabe des "Sommermärchens" lassen Schlimmes befürchten. Und das ist erst der Anfang.

"Wir werden spannende Stunden vor uns haben", sagte DFB-Interimspräsident Rainer Koch nach der Präsidiumssitzung am Donnerstagnachmittag: "Und dann hoffentlich auch gemeinsam feststellen können, dass der DFB unter Inanspruchnahme der neutralen Rechtsanwaltskanzlei Freshfields hier umfassend und transparent nach besten Kräften diese Vorgänge rund um die Zahlung der 6,7 Millionen Euro aufgeklärt hat."

Koch geht von einer "umfassenden Berichterstattung der Kanzlei Freshfields" aus: "Wichtig ist auch, dass der gesamten Öffentlichkeit der Bericht zur Verfügung gestellt wird. Dann kann sich jeder ein Bild machen. Mir war immer wichtig, dass wir transparent vorgehen und deutlich machen, dass klar, sauber, und in aller Sachlichkeit aufgeklärt wird."

Welche Beweise das mit allen Entscheidern besetzte Podium in Laufweite des Frankfurter Flughafens auch immer auf den Tisch legt - die vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) selbst angestrengte interne Untersuchung ist nicht der Abschluss der WM-Affäre, die längst die Justizbehörden auf den Plan gerufen hat. Es geht um Steuervergehen, verschwundene Millionen-Summen und Betrug.

Im Kern müssen am Freitag drei Fragen beantwortet werden: Wohin sind jene 6,7 Millionen Euro, die 2005 nach bisheriger DFB-Darstellung verschleiert als Rückzahlung für ein angebliches Darlehen an den Weltverband Fifa überwiesen wurden, tatsächlich geflossen? Gab es 2000 vor der WM-Vergabe Bestechungsversuche aus Deutschland? Wer vom heutigen Weltmeister-Verband wusste seit wann was von welchen Vorgängen?

WM-Verantwortliche fehlen

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Antworten geben wollen Freshfields-Anwalt Christian Duve und die aktuelle und künftige Verbandsspitze mit den Interimspräsidenten Rainer Koch und Reinhard Rauball sowie dem designierten DFB-Chef Reinhard Grindel. Diejenigen, die damals verantwortlich waren, werden fehlen.

"Ich persönlich lasse mir nicht nehmen, dass wir eine tolle WM organisiert haben mit Franz Beckenbauer, Fedor Radmann, Horst R. Schmidt und Wolfgang Niersbach", sagte der frühere DFB-Präsident Theo Zwanziger, der die Lawine im vergangenen Herbst mutmaßlich erst ins Rollen gebracht hat, der "Bild": "Auch Fehler gehören zu menschlichen Aktivitäten, wir leben in keiner heilen Welt. Das Positive zu leugnen, wäre genauso falsch, wie negative Erfahrungen unter den Teppich zu kehren."

Genau das hatten die früheren DFB-Macher aber versucht. Ex-Verbandsboss Niersbach stolperte nach einer diffusen Pressekonferenz im Anschluss an die Enthüllungen selbst über seine Erklärungsversuche, die danach durch immer neue Medienberichte in Frage gestellt wurden, und musste zurücktreten. Für die DFB-Version, der Verband habe der Fifa im Jahr 2002 6,7 Millionen Euro als Vorleistung für einen WM-Zuschuss von 170 Millionen Euro leisten müssen und sich deshalb von Beckenbauer-Freund und Ex-adidas-Boss Robert Louis-Dreyfus das Geld geliehen, gibt es keinerlei Beweise.

Im Gegenteil - die Fifa bestreitet sowohl die Forderung als auch den Eingang einer solchen Zahlung. Die vermeintliche Rückzahlung 2005, die angeblich über ein Fifa-Konto an Louis-Dreyfus gehen sollte, hatte das DFB-Präsidium bei der Steuer als Ausgaben für ein Kulturprogramm deklariert. Deshalb ermittelt die Frankfurter Staatsanwaltschaft wegen Steuerbetrugs. Es gab Razzien beim DFB und auf Privatanwesen, auch die Schweizer Behörden sind längst eingeschaltet.

Weiterhin tauchte in den Aktenbergen, die in den DFB-Archiven schlummerten, ein dubioser Vertragsentwurf für Skandal-König Jack Warner (Trinidad und Tobago) auf, den die aktuelle DFB-Spitze zumindest als Bestechungsversuch wertet.

OK-Chef Beckenbauer und sein "Schattenmann" Radmann, den das Fachmagazin "kicker" am Donnerstag in die Nähe weiterer fragwürdiger Deals im Dunstkreis der WM rückte, sagen dazu (fast) nichts. Und wenn, hilft es kaum weiter und sorgt für noch mehr Verwirrung und Kopfschütteln. Der "Kaiser" sagte beispielsweise, er habe Dokumente, die in den Medien bereits auftauchten, blind unterschrieben.

Allerdings ist gerade deshalb die Freshfields-Ermittlung belastet. Dass über eine interne Ermittlung wiederholt Details durchsickern und ein "Whistleblower" ständig auspackt, stellt die ganze Untersuchung in Frage. Die DFB-Führungsriege ist über den Verlauf der vergangenen Monate alles andere als glücklich. Zwar sind Niersbach, Zwanziger und Ex-Generalsekretär Schmidt, gegen die wegen Steuerhinterziehung ermittelt wird, alle raus beim DFB - dem Verband drohen aber dennoch der rückwirkende Verlust seiner Gemeinnützigkeit und damit Strafzahlungen von möglicherweise bis zu 25 Millionen Euro. Vom Imageverlust ganz zu schweigen.

(sid)
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