DFB sucht den "Maulwurf" Klub der Plaudertaschen

Frankfurt/M./Berlin · Der DFB hat noch immer nicht aufklären können, was mit 6,7 Millionen Euro bei der WM 2006 passiert ist. Nun sind allerdings Details aus den vertraulichen Ermittlungsakten durchgesickert, und der Verband sucht den "Maulwurf".

Franz Beckenbauer und Wolfgang Niersbach waren mal ziemlich dicke Freunde. Zumindest hat das Niersbach gedacht. Doch dann kam die Aufarbeitung der Vorgänge um die Weltmeisterschaft 2006. Die WM stand unter dem völkerverbindenden Motto "zu Gast bei Freunden" — "zu Gast bei Feinden" wäre die treffendere Formulierung gewesen. Diesen Eindruck muss man jedenfalls gewinnen, wenn man in der Aufbereitung der Ereignisse Einblick in die unterschiedlichen Blickwinkel der unmittelbar Handlungsbeteiligten erhält.

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat noch immer nicht aufklären können, was mit 6,7 Millionen Euro (zehn Millionen Schweizer Franken) passiert ist, die vom DFB an die Fifa flossen. Stimmenkauf? Korruption? Eine Gefälligkeit, um den einst allmächtigen Sepp Blatter, Präsident des Weltverbands, gnädig zu stimmen? Der DFB hatte darauf so richtig keine Antwort parat - zumindest keine, die man weiten Teilen der Öffentlichkeit glaubhaft machen konnte. Deshalb wurden die externen Ermittler der Kanzlei Frehsfields Bruckhaus Deringer eingeschaltet. Seit Monaten führten die Prüfer Zeugenbefragungen durch - unter strengster Geheimhaltung. Ein Abschlussbericht wurde für Ende Februar avisiert.

Beckenbauer hatte unlängst schon seinen ganz persönlichen Abschlussbericht veröffentlicht. Der damalige Präsident des WM-Organisationskomitees hatte in einem Interview der "Süddeutschen Zeitung" Ende November gesagt, dass man der Fifa-Finanzkommission das Geld habe zahlen müssen, um den WM-Zuschuss von 250 Millionen Schweizer Franken (170 Millionen Euro) zu bekommen. So richtig verstanden hat die Logik hinter einem solchen Geldfluss niemand.

Und auch enge Weggefährten von Beckenbauer haben an dieser Version Zweifel angemeldet. Ex-DFB-Präsident Niersbach zum Beispiel. Er wurde im Rahmen der Untersuchungen von Freshfields angehört. Über seine Einlassungen hat die "Bild" nun in aller Ausführlichkeit berichtet. Niersbach soll sich demnach bei seiner Befragung daran erinnert haben, dass Beckenbauer ihm nach der Wahl von Blatter 2002 gesagt haben soll: "Der ist auch mit meinem Geld gewählt worden." Und auch ein ehemaliger Strippenzieher beim DFB, der mittlerweile geschasste Vize-Generalsekretär Stefan Hans, soll berichtet haben, Beckenbauer habe auf sich gezeigt, als es darum ging, wem Blatter seine Wiederwahl beim Fifa-Kongress in Seoul zu verdanken habe.

Beim DFB hat man die Veröffentlichung aus den Ermittlungsakten "mit großem Befremden" zur Kenntnis genommen. Den "Maulwurf" wähnt man indes nicht in den eigenen Reihen und stellte klar, dass "weder der Präsidialausschuss, noch das gesamte DFB-Präsidium zu irgendeinem Zeitpunkt Zugang" zu den Protokollen hatten. Es sei eine "äußerst ärgerliche Indiskretion", hieß es in einer eilig verschickten Erklärung aus der Zentrale in Frankfurt am Main. "Ich bedauere, dass Infos durchgestochen worden sind", sagte Präsidentschaftskandidat Reinhard Grindel.

Bis vor wenigen Wochen war der Bundestagsabgeordnete Grindel (CDU) auch Mitglied des Sportausschusses. Erst mit seiner Kandidatur zum DFB-Präsidenten hat er seinen Sitz im Gremium aufgeben. Sonst hätte er sich weiter selbst Fragen zur WM-Affäre gestellt. Das übernehmen nun die Kollegen im Parlament. Für die heutige nichtöffentliche Sitzung wurde Otto Schily eingeladen. Der SPD-Politiker soll berichten, ob er Ungereimtheiten rund um die Vergabe des Turniers bemerkt habe. Schily war von 1998 bis 2005 Bundesinnenminister und Mitglied im Aufsichtsrat des WM-Organisationskomitees.

Unserer Redaktion liegen exklusiv die Fragen vor, die ihm heute gestellt werden sollen. "In welchem Umfang war das WM-OK Ihnen gegenüber rechenschaftspflichtig, und wie sind die Organisatoren/Verantwortlichen dem gerecht geworden?", wollen die Abgeordneten beispielsweise wissen. Oder: "Wie wurde der sachgerechte Einsatz der Aufwendungen des Bundes im Kontext der Fußball WM 2006 überprüft, und zu welchem Ergebnis kamen die verantwortlichen Stellen?"

Der Erkenntnisgewinn seines Auftritts dürfte sich allerdings im überschaubaren Rahmen bewegen. Denn am vorvergangenen Wochenende hat er seine Aussage bereits in einer Talkshow formuliert. Von Ex-DFB-Präsident Zwanziger, der die ganze Sache ins Rollen gebracht hatte, halte er nicht viel. Von Unregelmäßigkeiten habe er, Schily, keine Kenntnis gehabt, ohnehin hätten die Medien mehr zur Verwirrung als zur Aufklärung beigetragen. Er sei außerdem nicht bereit, sich dieses tolle Fußballfest im Sommer 2006 im Nachhinein madig machen zu lassen.

(gic)
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