Götze, Özil und Podolski Joachim Löws Sorgen-Trio

Rio De Janeiro · Sie sollen für die erfrischenden Momente in der Offensive sorgen und mit ihren Abschlussqualitäten den Unterschied machen. Tatsächlich enttäuschen Mario Götze, Mesut Özil und Lukas Podolski – aus unterschiedlichen Gründen.

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Sie sollen für die erfrischenden Momente in der Offensive sorgen und mit ihren Abschlussqualitäten den Unterschied machen. Tatsächlich enttäuschen Mario Götze, Mesut Özil und Lukas Podolski — aus unterschiedlichen Gründen.

Vor vier Wochen hat Joachim Löw eine kühne neue Stellenbeschreibung vorgenommen. Wahrscheinlich war dem Bundestrainer der Schreck in die Glieder gefahren, als er sein offizielles WM-Aufgebot aufmerksam studierte und in der offiziellen Rubrik Stürmer allein den Namen Miroslav Klose fand. Das durfte nicht so bleiben. Also sprach der oberste Übungsleiter zur Fußballnation: "Thomas Müller, Mario Götze, Lukas Podolski, Miroslav Klose, André Schürrle, Mesut Özil — das sind für mich Stürmer." So schnell geht das, und aus dem Mangel wird ein sattes Überangebot.

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Möglicherweise hat Löw auch nur sehr fachkundig auf die Tatsache reagiert, dass mit Ausnahme der tatsächlich eher im Stürmerfach ausgebildeten Klose, Podolski und Müller alle anderen sich eher nicht als erste Abwehrspieler des Teams verstehen, wenn der Gegner den Ball gewonnen hat. Von weiten Wegen bis in die eigene Defensive ganz zu schweigen. Also nennt man die vorübergehend ehemaligen Mittelfeldspieler im Handstreich Stürmer und befreit sie damit von der lästigen Pflicht des Hinterherhechelns.

Damit nun niemand mehr daran zweifelt, dass es sich bei den genannten Herren um richtige Stürmer handelt, hat Löw zumindest für die ersten vier Partien der Weltmeisterschafts-Endrunde sein System geändert, obwohl er das bis heute wortreich bestreitet. "Wir ändern weder unser Spielsystem noch unsere Spielphilosophie", beteuert der Bundestrainer, und er schickte seine Mannschaft doch vier Spiele lang im 4-3-3 auf den Rasen.

Vielleicht fällt ihm auch dazu noch eine revolutionäre Deutung ein. Mit dem Ergebnis seiner taktischen Bemühungen in vorderster Linie kann er bislang jedenfalls nur sehr eingeschränkt zufrieden sein. Die Leistung von Thomas Müller ist ohne Tadel, nicht nur wegen seiner bislang vier Treffer und der Torvorbereitung für André Schürrle, der wiederum bei seinem Einsatz gegen Algerien überzeugte. Miroslav Klose war nur als Kurzarbeiter dabei, schoss aber sein 15. WM-Tor und belebte das Spiel der Mannschaft gegen Ghana.

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Doch über diese erfreulichen Fakten hinaus gilt: Es gibt ein paar ordentliche Ansätze und viele Sorgen. An Lukas Podolski, der mit viel Rückenwind aus der Vorbereitung gekommen war, lief das Spiel eine Halbzeit lang gegen die USA komplett vorbei. Allenfalls seine positive Lebenseinstellung lässt erwarten, dass er sich noch mal mit guten fußballerischen Beiträgen in die Mannschaft einbringen wird.

Schwierige Phase für Götze

Von Mario Götze ist das nach den Eindrücken vor allem des Achtelfinales gegen Algerien nicht zu erwarten. Zum einen ist bei dem Münchner von einer positiven Lebenseinstellung im Gegensatz zum Fall Podolski nicht so viel bekannt. Zum anderen gibt seine schlampige, uninteressierte Vorstellung in seinem ersten K.o.-Spiel einer Weltmeisterschaft allen Anlass, an seiner grundsätzlichen Einstellung zu diesem schönen Beruf zu zweifeln. Götze wirkt wie ein großer, schlecht erzogener Junge, dem noch keiner erklärt hat, worum es bei einer WM geht und weshalb er die Privilegien seines Standes genießen darf. Der frühere Dortmunder befindet sich offenkundig in einer ganz schwierigen Phase einer viel zu schnellen Karriere.

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Mesut Özil hat es dagegen zumindest mal zu einigen sehr brauchbaren Beiträgen in seinen Spielen gebracht. Aber auch der Mann vom FC Arsenal bleibt sehr deutlich hinter den Erwartungen zurück. Wie Götze versieht er defensive Aufträge mit lässigem Desinteresse, was ihn nicht gerade zum Liebling der Tribüne macht. Dafür hat er im vorderen Spielabschnitt Ansätze seiner Fertigkeiten gezeigt. Er liegt mit präzisen Pässen im vorderen Drittel tatsächlich an der Spitze der WM-Statistik. Aber er kann viel mehr.

Hansi Flick, Assistent des Bundestrainers, sagt: "Das Tor gegen Algerien kann ihm einen Schub geben." Und Özils Kollege Schürrle erklärt: "Er hat seine beste Zeit bei der WM noch vor sich." Beides klingt fast schon beschwörend. Und vielleicht muss Löw am Ende doch noch wiederholen, was er ganz am Anfang mal in einer TV-Botschaft sagte: "Lieber Marco (Reus), die Mannschaft vermisst dich sehr."

(RP)
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