Deutschland trifft auf die USA Klinsmann und Löw — echte Freunde kann niemand trennen

Santo André/Düsseldorf · Bei der WM 2006 war Joachim Löw Assistent von Jürgen Klinsmann. Am Donnerstag stehen sich die beiden Freunde im entscheidenden Duell um den Gruppensieg gegenüber.

Das sagt Jogi Löw über Jürgen Klinsmann und das US-Team
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Es hätte alles anders kommen können, damals vor zehn Jahren. Ralf Rangnick galt als Kandidat für den Assistentenposten neben Bundestrainer Jürgen Klinsmann. Genauso wie — heute mag man darüber schmunzeln — Jürgen Kohler. Doch dann machte der Deutsche Fußball-Bund Klinsmann zum 40. das vielleicht wichtigste Geburtstagsgeschenk: Der DFB bescherte ihm am 30. Juli 2004 einen Wegbegleiter, der sein Leben verändern sollte. Klinsmann, gerade in der Nachfolge von Rudi Völler zum Bundestrainer erhoben, bekam Joachim Löw als Assistenten. Gemeinsam drehten sie beim DFB Stein für Stein um, reformierten den deutschen Fußball und ergänzten sich prächtig.

Mittlerweile steht Klinsmann kurz vor seinem 50. Wieder wird über ihn geredet. Mit der gleichen Intensität wie zu den guten alten Zeiten, als er Arm in Arm mit Löw die Nationalhymne vor den Länderspielen sang. Am Donnerstag (18 Uhr/Live-Ticker) trifft er mit seinen US-Amerikanern auf die Auswahl aus dem Land, in dem er groß wurde. Die deutschen Spieler sprechen schon seit Tagen über ihn. Ihre Achtung vor dem Erfinder des Sommermärchens ist ungebrochen. Vor allem bei jenen, die dabei waren, als der deutsche Fußball 2006 mit dem Rumpeln aufhörte.

Das sagt Jürgen Klinsmann über Jogi Löw und die DFB-Elf
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Per Mertesacker gehört zu dieser Gruppe. Er sagt: "Jürgen Klinsmann hat einen großen Anteil daran, dass ein frischer Wind in den deutschen Fußball gekommen ist. Wir zehren noch immer von dieser Zeit." Seine Wertschätzung für den derzeitigen Übungsleiter, der als Klinsmanns Assistent nach allgemein verbreiteter Einschätzung maßgeblich für die taktische Arbeit und für die Grundlagen des Spiels verantwortlich gewesen sein soll, fällt überraschend nüchtern aus. "Jogi Löw hat sich schon sehr entwickelt", erklärt Mertesacker. Das klingt nun nicht gerade begeistert, und weil der 29 Jahre alte Verteidiger ein kluger Junge ist, wird er wissen, wie es klingt.

"Wir hatten immer Kontakt"

Löw schaltet ebenfalls den nüchternen Tonkanal ein, wenn er über den Mann spricht, der ihn aus der Versenkung eines gerade in den Abwärtstrend geratenen Trainerlebens wieder in größere Verantwortung holte. "Das Verhältnis zwischen Jürgen und mir ist immer gut gewesen, wir hatten auch immer Kontakt", sagt Löw, "aber im Moment ruht der natürlich". Mehr ist nicht aus dem Bundestrainer herauszubekommen. Denn er spürt, dass die Figur des ewig strahlenden Sonnyboys Klinsmann ihn zumindest vor diesem ersten Aufeinandertreffen in einem Pflichtspiel in den Schatten stellen könnte — so wie es in der gemeinsamen Arbeit war.

DFB-Team spielt Rugby zum Aufwärmen
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Löw schien sich nach der Amtsübernahme 2006 schnell emanzipiert zu haben. Die fußballerische Entwicklung der Mannschaft trieb er voran, und nach dem spielerischen Höhepunkt bei der WM 2010 war die Öffentlichkeit überzeugt, dass Klinsmann allein der Verkäufer des Produkts und Löw der eigentliche Architekt des neuen deutschen Fußballs waren. Selbstverständlich hat Löw diesem Eindruck nicht widersprochen. Klinsmann dafür umso heftiger. Dass ihn Sönke Wortmanns "Sommermärchen"-Film auf die Rolle des Kabinen-Zampanos reduziert, stört ihn gewaltig. Im Nachhinein hätte er diese Sequenzen nicht autorisiert, sagte er im Interview mit dem Magazin "11Freunde".

Seit 16 Jahren lebt Klinsmann am Pazifikstrand. Mit Frau Debbie, Sohn Jonathan, Tochter Laila und amerikanischem Pass. Er spricht fast akzentfrei Englisch und trägt mit seinen Khaki-Hosen kalifornische Lockerheit zur Schau. Sein Kontrakt als Chefcoach läuft großzügig bis 2018 — bei Vertragsverhandlungen in eigener Sache bewies der ehemalige Bäcker-Bursche schon immer besonderes Geschick.

Der DFB-Fahrplan zum USA-Spiel
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Klinsmann hat die Amerikaner auf die Schwelle zum Achtelfinale gebracht. "Wir fahren nach Recife mit dem Selbstvertrauen, Deutschland zu schlagen", sagte er nach dem 2:2 gegen die Portugiesen. Dass sich sein Team in der Nachspielzeit noch einen Gegentreffer einhandelte, schmälerte seine Angriffslust nicht. Eine Art Nichtangriffspakt mit dem Kumpel Jogi kommt für Klinsmann aber nicht infrage. "Wir sind gute Freunde, aber es wird keinen Anruf geben. Es ist keine Zeit für Freundschaftsanrufe, jetzt geht es ums Geschäft." Bis Donnerstag herrscht Sendepause.

(RP)
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