Affäre um "Sommermärchen" 2006 Kanzleramt prüft Akten zur WM-Vergabe

Köln · Die WM-Affäre beschäftigt mittlerweile höchste Stellen im Land. Das Bundeskanzleramt bestätigte Überprüfungen seiner WM-Akten, während die Staatsanwaltschaft noch nicht über die Einleitung von Ermittlungen entschieden hat.

Fragen und Antworten zur PK von DFB-Präsident Niersbach
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Foto: dpa, ade nic

Die WM-Affäre ist jetzt auch ein Thema für Angela Merkels Bundeskanzleramt. "Das Kanzleramt prüft derzeit die Aktenlage zur WM-Vergabe 2006", teilte ein Regierungssprecher dem Sport-Informations-Dienst (SID) am Montag mit. Eine Bewertung der Situation gab die Regierung nicht ab.

Die Entscheidung über die Aufarbeitung der ungeklärten Millionen-Zahlung der Organisatoren der Fußball-WM 2006 in Deutschland von 2005 an den Weltverband Fifa durch die Justiz lässt unterdessen weiter auf sich warten. "Wir machen das, wenn wir so weit sind", sagte Oberstaatsanwältin Nadja Niesen von der zuständigen Staatsanwaltschaft Frankfurt/Main am Montag auf SID-Anfrage.

Beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) erhielt Präsident Wolfgang Niersbach für die Untersuchungen im Verband durch extern beauftragte Prüfer Rückendeckung von Generalsekretär Helmut Sandrock. "Er soll mit uns diesen Weg der Aufklärung gehen. Das machen wir im Einvernehmen und mit großem Vertrauen", sagte Sandrock bei Sky90: "Dass Niersbach sein Amt ruhen lassen soll, beantworte ich mit einem klaren Nein."

Die Bundesregierung war in die Bemühungen um den Zuschlag für das WM-Turnier 2006 vor der Wahl des Ausrichters im Jahr 2000 stark involviert. Der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder engagierte sich mehrfach persönlich für das Projekt und reiste mit dem Bewerbungskomitee im Juli 2000 auch zur Abschlusspräsentation nach Zürich. Auf Vermittlung der Regierung hatte der damalige WM-Bewerbungschef Franz Beckenbauer beim G7-Gipfel in Köln zusammen mit seinem Berater Fedor Radmann bei den wichtigsten Staats- und Regierungschefs für Deutschland als WM-Gastgeber 2006 auch werben dürfen.

Bereits Mitte Oktober hatte die Bundesregierung in der WM-Affäre kurz nach Veröffentlichung der ersten Korruptionsvorwürfe gegen die deutschen WM-Organisatoren vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) Aufklärung gefordert. "Diese Berichterstattung bedeutet natürlich, dass die Vorwürfe aufgeklärt werden müssen. Das ist nicht Aufgabe der Bundesregierung, sondern das ist Aufgabe des DFB und der Fifa. Da sind wir zuversichtlich, dass diese sich auch mit dieser Aufgabe intensiv befassen werden", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.

In der vergangenen Woche hatte bereits das für den Sport zuständige Bundesinnenministerium eine Überprüfung seiner Unterlagen zur WM-Organisation auf SID-Anfrage bestätigt. "Da der damalige Bundesminister des Innern Mitglied des Aufsichtsrates des Organisationskomitees der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland war, prüft das Ministerium seine eigenen Akten und unterstützt den Aufklärungsprozess, soweit dies von staatlicher Seite aus möglich ist", sagte eine Ministeriumssprecherin.

Ob die Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit den "Schwarze-Kasse"- und "Lügen"-Vorwürfen des früheren DFB-Chefs Theo Zwanziger gegen die WM-Macher eine Notwendigkeit zum Einsatz ihrer Möglichkeiten sieht, ist trotz zuletzt immer nachdrücklicherer Forderungen aus der Politik nach Einleitung von offiziellen Ermittlungen offen. Niesens Angaben zufolge führt ihre Behörde die vorliegenden Fakten und im Raum stehenden Vorwürfe weiterhin als Beobachtungsvorgang zur Überprüfung eines Anfangsverdachtes. Ein Zeitfenster für eine abschließende Bewertung nannte Niesen nicht.

(ems/sid)
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