Nationalspieler fällt für WM aus Reus: "Ein Traum ist geplatzt"

Mainz · Das 6:1 der deutschen Nationalmannschaft gegen Armenien und der Abflug nach Brasilien wird von der schweren Verletzung von Marco Reus und dessen WM-Aus völlig überschattet. Der geknickte Reus fand kaum Worte für das, was er empfindet. Bundestrainer Joachim Löw nominiert Shkodran Mustafi nach.

Marco Reus verletzt sich bei 6:1 gegen Armenien: Pressestimmen
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Deutschland - Armenien: Pressestimmen

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Joachim Löw wollte mit einem Lächeln nach Brasilien fliegen — doch das bittere WM-Aus von Marco Reus hat dem Bundestrainer die Laune erst einmal gründlich verdorben. Wenige Stunden vor dem Abflug der deutschen Nationalmannschaft am späten Samstagabend von Frankfurt/Main nach Salvador stand die Schock-Nachricht fest: Der Offensivspieler von Borussia Dortmund muss wegen eines Teilrisses der vorderen Syndesmose oberhalb des linken Sprunggelenks zu Hause bleiben.

"Für ihn und für uns ist dies extrem bedauerlich, das ist ein Schock. Marco war super drauf, er hat im Trainingslager und in den beiden Spielen gegen Kamerun und Armenien einen hervorragenden Eindruck hinterlassen, hat vor Spielfreude gesprüht. In unseren Überlegungen für Brasilien hat er eine zentrale Rolle gespielt. Für uns ist das nicht einfach", sagte Löw mit bedrückter Miene.

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Der Ausfall von Reus, der völlig geknickt das Hotel in Mainz verließ, rückte das 6:1 und die weitgehend gelungene Generalprobe gegen Armenien erst einmal völlig in den Hintergrund. "Ich weiß wirklich nicht, wie ich das in Worten ausdrücken soll, was ich gerade empfinde. Ein Traum ist von einer zur anderen Sekunde geplatzt", sagte Reus der "Bild am Sonntag". Der Offensivspieler galt nach einer starken Saison beim BVB als einer der großen Hoffnungsträger in der DFB-Auswahl für das Turnier in Brasilien (12. Juni bis 13. Juli).

Der deutschen Nationalmannschaft wünschte Reus, "dass sie unser Ziele auch ohne mich erreicht." Seine Teamkollegen schickten umgehend Aufmunterungen an den Pechvogel. "Es gibt Momente, da fehlen die Worte. Kopf hoch, Marco", twitterte Mesut Özil.

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Auch der BVB reagierte mit großem Bedauern auf die Nachricht. "Das ist ein schwerer Schlag für Marco, zumal er sich seit Wochen in überragender Form befindet", sagte BVB-Chef Hans-Joachim Watzke: "Wir hoffen, dass er schnell wieder gesund wird und in der kommenden Saison im schwarzgelben Trikot wieder voll angreift."

Des einen Leid, des anderen Freud: Für Reus kommt nun kurzfristig Abwehrspieler Shkodran Mustafi doch noch zu WM-Ehren. "Es ging uns nicht darum, Marco Reus eins zu eins zu ersetzen. Unsere Qualität auf der Position hinter den Spitzen ist sehr hoch, hier haben wir mit Lukas Podolski, Andre Schürrle, Mario Götze, Thomas Müller, Mesut Özil, Julian Draxler und Toni Kroos genügend Alternativen. Deswegen haben wir uns für eine weitere Option für den Defensivbereich entschieden", begründete Löw.

Marco Reus verletzt sich gegen Armenien – WM-Aus!
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Reus verletzt sich gegen Armenien – WM-Aus!

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Löw vertraut Mustafi

Der 22-jährige Mustafi von Sampdoria Genua habe im Trainingslager in Südtirol "überzeugt, er ist absolut im Rhythmus. Wir haben Vertrauen in ihn", fügte der Bundestrainer an. Mustafi hatte bereits dem erweiterten WM-Aufgebot angehört, war aber am Montag wie auch Kevin Volland und Marcel Schmelzer für den 23er-Kader zunächst gestrichen worden.

Dass er nun doch dabei ist, lag an einer folgenschweren Szene beim Länderspiel in Mainz am Freitagabend: Reus war in der 44. Minute bei einem Zweikampf mit dem Fuß im Rasen hängen geblieben und umgeknickt. Er musste in die Kabine getragen werden. Bei einer anschließenden Kernspin-Untersuchung in einem Mainzer Krankenhaus bestätigten sich die schlimmsten Befürchtungen. Der 25-Jährige wird voraussichtlich erst in sechs bis sieben Wochen wieder ins Training einsteigen können.

Im Trainingslager in Südtirol war bereits Lars Bender verletzt abgereist. Auch Torwart Manuel Neuer ist wegen seiner Schulterverletzung noch nicht wieder einsatzfähig, soll aber bei der Ankunft in Brasilien am Sonntag wieder trainieren können. Immerhin konnte Löw gegen Armenien erstmals wieder die längere Zeit verletzten Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger und Miroslav Klose einsetzen.

"Das kann noch mal einen Schub geben"

Wenigstens dies sind für Löw eine gute Woche vor dem WM-Auftakt gegen Portugal am 16. Juni gute Nachrichten. Auch mit dem Auftritt gegen Armenien konnte der 54-Jährige am Tag vor der Abreise zufrieden sein. "Die Mannschaft ist mit Beifall verabschiedet worden. Ich glaube, dass tut jedem gut, dieses Positivgefühl mitzunehmen. Das kann noch mal einen Schub geben", sagte Löw.

Allerdings waren sich alle nach den Toren von Andre Schürrle (52.), Lukas Podolski (71.), Benedikt Höwedes (73.), Miroslav Klose (76.) und Mario Götze (82. und 89.) einig, dass Armenien nicht unbedingt der Maßstab war. "Wir müssen noch was tun, das steht außer Frage", unterstrich Lahm. Und auch der bärenstarke Podolski, der in seinem 114. Länderspiel nicht nur traf, sondern auch drei Treffer vorbereitete, meinte, "dass wir jetzt noch mal eine Schippe drauflegen müssen".

Immerhin verfestigte sich bei Löw die Erkenntnis, dass er gerade in der Offensive trotz der Reus-Verletzung genügend Möglichkeiten hat. "Man wird nicht mit elf Spielern Weltmeister. Das ist gerade in der Offensive ein kleines Plus, dass alle so langsam gut in Form kommen. Da habe ich die Situation, dass ich den ein oder anderen von der Bank bringe", sagte er.

Ob dies nach längerer Pause eventuell auch Routinier Miroslav Klose sein könnte, ließ Löw offen. Der bald 36-Jährige sei noch nicht bei 100 Prozent, aber "Miro ist ein Turnierspieler, er weiß, was zu tun ist."

Klose nimmt auf jeden Fall einigen Rückenwind mit in seine vierte WM. Mit seinem 69. Tor im 132. Länderspiel überflügelte er nun sogar in der DFB-Torjägerliste den legendären "Bomber" Gerd Müller (68 Treffer in 62 Spielen). Für Löw ist "diese Marke von Miro sensationell". Klose selbst meinte ganz gelassen: "Das fühlt sich gut an." Wenigstens etwas.

(sid)
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