Gaucho-Tanzeinlage Mustafi: "Kritik lächerlich und respektlos"

Weltmeister Shkodran Mustafi hat mit völligem Unverständnis auf die Kritik am umstrittenen "Gaucho-Tanz" reagiert, den er und fünf weitere deutsche Nationalspieler bei der Titelfeier am Dienstag in Berlin gezeigt haben.

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Foto: dpa, ag kno

"Das ist meiner Meinung nach einfach lächerlich. Wir sind Weltmeister geworden. Wir wollten feiern. Für uns war das einfach ein Gesang, und wir wollten keinen lächerlich machen", sagte der Sampdoria-Profi im Hessischen Rundfunk.

Laut Mustafi habe man im Turnier gesehen, wie respektvoll die deutsche Mannschaft unter anderem nach dem 7:1 gegen Brasilien mit den Gegnern umgegangen sei. "Ich finde das einfach lächerlich und respektlos uns gegenüber, dass man so was dann in den Medien schreibt", sagte Mustafi.

Podolski gibt Mannschaftskollegen Rückendeckung

Teamkollege Lukas Podolski hält die Aufregung um den Tanz auch für übertrieben. "Es gibt immer Leute, die was zu meckern haben", sagte der Nationalspieler am Mittwoch in Köln. Podolski trug sich dort im Historischen Rathaus in das Goldene Buch der Stadt ein und wurde anschließend von seinen Fans gefeiert. Er werde im Herzen immer ein Kölscher bleiben, versicherte er.

DFB-Chef Niersbach erklärte derweil, er wolle dem Präsidenten des argentinischen Fußballverbandes, Julio Grondona, in einem Brief deutlich machen, dass "die Aktion in keinster Weise despektierlich gemeint war. Wir haben größten Respekt vor Argentinien, beste Beziehungen zum dortigen Verband und freuen uns auf das baldige Wiedersehen beim Länderspiel in Düsseldorf."

"Polemisch" oder "anarchisch"?

Der in Argentinien bekannte uruguayische Sportjournalist Victor Hugo Morales bezeichnete die deutschen Gaucho-Tänzer in seiner Sendung beim Radiosender Continental de Buenos Aires in ihrem Verhalten und ihrer Denkweise als "ekelhafte Nazis". Der Uruguayer ist für seine pointierten politischen Kommentare bekannt und hatte während der WM gemeinsam mit dem argentinischen Fußball-Idol Diego Maradona eine Fußballsendung im venezolanischen Fernsehsender Telesur moderiert.

Die argentinische Sportzeitung "Olé" kritisierte die Szene als "polemisch". In den meisten argentinischen Medien wurde das Thema allerdings nicht weiter hochgespielt.

Der englische "Mirror" lobte die deutsche Siegesfeier sogar als "anarchisch, chaotisch and fast surreal". "Ich weiß nicht, warum die Jungs das gemacht haben. Die Aktion war unnötig. Ich habe den Sinn gar nicht verstanden", sagte der ehemalige argentinische Bundesliga-Profi Rodolfo Esteban Cardoso dem Sender Sport1. "Ich glaube aber nicht, dass sie uns bösartig verarschen wollten."

Der Begriff Gaucho steht in mehreren südamerikanischen Ländern für berittene Viehhirten. Die Tanzeinlage ist allerdings weder neu noch richtet sie sich speziell gegen die argentinische Mannschaft. Entertainer Oliver Pocher bückte sich beispielsweise im Anschluss an die Europameisterschaft 2008 auf der Berliner Fanmeile auf Kosten deutscher EM-Gegner wie Spanien. Fußballfans führten den Tanz bereits vorher auf.

"Unsportlich, aber kein neuer Nationalismus"

Die Meinungen über die Aktion sind gespalten. "So eine Vorführung dieser nationalen Vorbilder auf der globalen Bühne in Berlin, das fand ich ziemlich daneben", sagte die Mainzer Kulturanthropologin Christina Niem. "Unsportlich, aber kein neuer Nationalismus", meinte hingegen der Grünen-Politiker Jürgen Trittin auf Twitter.

"Wahrscheinlich wäre ein anderes Lied besser gewesen, aber die Vorwürfe von Rassismus und deutscher Überheblichkeit finde ich übertrieben", sagte Michael Gabriel von der Koordinationsstelle Fanprojekte bei der Deutschen Sportjugend. "Fankultur lebt ja von Zuspitzungen." Es sei zwar etwas anderes, wenn Nationalspieler statt Fans einen solchen Tanz aufführten. Das Gaucho-Lied sei aber einfach eine Persiflage auf die Stimmungslage nach einem Fußballspiel. "Die einen schlurfen eben traurig nach Hause und die anderen singen und tanzen."

Die argentinische Nationalmannschaft hatte sich ebenso wie deren Fans während der WM mit dem Lied "Decime qué se siente" über den Gastgeber und Fußball-Erzrivalen Brasilien lustig gemacht. Darin heißt unter anderem "Maradona ist viel größer als Pelé".

(sid)
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