WM-Affäre Zwanziger widerspricht DFB-Vorwürfen

Köln · Theo Zwanziger widerspricht den Vorwürfen des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) in der WM-Affäre energisch und will sich in Kürze den externen Prüfern des Verbandes stellen.

Fragen und Antworten zu Zwanzigers Vorwürfen
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Foto: dpa

Er habe erst nach dem Ablauf seiner Amtszeit als DFB-Präsident 2012 hinter einer ominösen Millionenzahlung an die FIfa aus dem Jahr 2005 Schwarzgeld vermutet, sagte Zwanziger dem SID am Samstag.

Bis dahin habe er — wie seiner Aussage zufolge wohl alle anderen Entscheidungsträger im WM-OK für 2006 — geglaubt, die 6,7-Millionen-Euro-Überweisung via Fifa angeblich an Robert-Louis Dreyfus diene dem Ausgleich einer Provisionszahlung. "Der Vorwurf, ich hätte zu meiner Amtszeit diesen Vorgang überprüfen müssen, geht fehl, weil ich erst 2012 die Erkenntnisse gewonnen habe, die den bisherigen Erkenntnisstand veränderten", sagte der 70-Jährige, der ab 2004 geschäftsführender Präsident und von 2006 bis März 2012 Präsident des DFB war.

Zur Aufklärung, kündigte Zwanziger an, werden seine Anwälte bereits am Montag einen Gesprächstermin mit der Wirtschaftskanzlei Freshfields-Bruckhaus-Deringer vereinbaren. Die Kanzlei ist vom DFB mit der Prüfung der vielen Ungereimtheiten im Zuge des Sommermächens beauftragt.

Zwanziger begegnete insbesondere dem Vorwurf des aktuellen DFB-Generalsekretärs Helmut Sandrock, er hätte den Schwarzgeld-Verdacht weit früher ansprechen und aufklären sollen. Ähnlich hatte sich am Donnerstag auch Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff geäußert. Neue Angaben von Horst R. Schmidt, OK-Vize für die WM 2006, ließen am Samstag allerdings auch Zweifel an Zwanziger konkreter werden: Schmidt sagte der Bild-Zeitung, er habe (anders als von Zwanziger via Spiegel behauptet) in einem Telefonat nicht den Namen des zwielichtigen Katarers Mohamed Bin Hammam als Empfänger einer Millionen-Überweisung benannt.

Mit seiner Aussage zur Provision bezieht sich Zwanziger auf eben diese angeblich von der Fifa geforderte Zahlung von 6,7 Millionen Euro, der im Gegenzug ein Organisationszuschuss zur WM in Höhe von 170 Millionen Euro folgen sollte. DFB-Präsident Wolfgang Niersbach hatte während seiner Pressekonferenz am Donnerstag diese Version mit Bezug auf ein Gespräch mit Franz Beckenbauer in Salzburg berichtet.

"Erst im Jahr 2012", betonte Zwanziger, habe er "nach der Öffnung der ISL-Akte durch Gerichtsbeschluss Kenntnis über erhebliche Schmiergeldzahlungen von ISL an anonyme Empfänger in der Zeit von 1998 bis Sommer 2000 erhalten. Darüber hinaus gab es die Information von Günter Netzer, die er heute zwar bestreitet, die mir aber gleichwohl Veranlassung gab, eine erneute Überprüfung einzufordern, weil mir der Grund Provisionszahlung nicht mehr schlüssig erschien." Angeblich hatte Netzer gesagt, das Geld sei verwendet worden, um die vier asiatischen Stimmen für die WM-Vergabe an Deutschland zu sichern.

Zwanziger saß 2012 im Exekutivkomitee des Weltverbandes Fifa und hatte damit auch Einblick in die spektakuläre ISL-Affäre um Bestechungszahlungen bei Rechtevergaben in Höhe von insgesamt 142 Millionen Euro. Ab 2003 war er Vize-Präsident im WM-OK für Finanzen.

Schmidt erklärte in Bezug auf Zwanzigers im Spiegel erwähntes Gedächtnisprotokoll eines Telefonats, der Name Bin Hammam sei "möglicherweise gefallen. Aber ich werde nicht behaupten, dass er der Empfänger des Geldes ist. Ich weiß es einfach nicht."

Zwanziger stichelt indes weiter gegen Franz Beckenbauer, Schmidt und Niersbach. Sein Anwalt Hans-Jörg Metz schrieb der Troika in einem Interview bei Spiegel Online einen geradezu konspirativen Versuch zu, die von Zwanziger angewiesene Überweisung ohne Beteiligung seines Mandanten per Pressemitteilung erklären zu wollen.

"Herr Schmidt teilte mit", berichtete Metz in dem Interview, "dass eine Erklärung von Beckenbauer käme, die zwar mit ihm, Schmidt, und Niersbach abgestimmt sei; auf eine Abstimmung mit Herrn Zwanziger werde aber kein Wert gelegt." Schmidt empörte sich über Zwanzigers Vorgehensweise: "Es ist ungeheuerlich, dass Theo Zwanziger den Inhalt eines privaten Telefonates an die Öffentlichkeit bringt."

Die Wiederöffnung der WM-Akten rückte inzwischen auch wieder einmal das Finanzgebaren der Fifa in diffuses Licht. Die Süddeutsche Zeitung berichtete unter Berufung auf Unterlagen der Bundesregierung und des OK, dass die Fifa 2003 unerwartet 40 Millionen Euro von den deutschen WM-Machern verlangte — 33 Millionen Euro für IT-Kosten und zusätzlich ausgerechnet wieder sieben Millionen Euro "zum Zeichen der deutschen Solidarität mit Afrika".

Den SZ-Angaben zufolge löste die Fifa-Forderung beim WM-OK große Verärgerung und auch die Einschaltung des Bundeskanzleramtes aus. Letztlich kam nach Verhandlungen auch über den Rückkauf von diversen Rechten durch die künftigen WM-Gastgeber offenbar eine Einigung auf eine "Lizenzzahlung" von 20 Millionen Euro zustande - ohne neuerliche Erwähnung einer Afrika-Spende.

(sid)
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