Schattenmann von Beckenbauer Radmann — der Strippenzieher der WM 2006 kassiert ab

Düsseldorf/München · Fedor Radmann saß im WM-Organisationskomitee 2006. Er soll drei Millionen Euro kassiert haben.

WM 2006: Fedor Radmann — Schattenmann von Franz Beckenbauer
Foto: dpa, du_awi nic

Fedor Radmann (72) hat in seinem erfüllten Leben schon viele Jobs gehabt. Er war Touristikchef im Organisationskomitee für die Olympischen Sommerspiele 1972, Kurdirektor des Fremdenverkehrsverbandes Berchtesgadener Land. Er arbeitete für Adidas in der Konzernabteilung für internationale Beziehungen und für den Rechtehändler ISL. Er organisierte die Eishockey-WM 1993 in München und Dortmund, und er war Geschäftsführer der Bewerbung Salzburgs um die Olympischen Winterspiele 2014.

Seine wichtigste Qualifikation: Er ist ein begnadeter Strippenzieher — neudeutsch: ein großer Netzwerker. Die wichtigste Größe in seinem Netzwerk ist Franz Beckenbauer. Seinem Freund verdankt Radmann einen weiteren Job, den des Vizepräsidenten im Organisationskomitee für die Fußball-WM 2006. Diese Arbeit soll Radmann nach Informationen der "Bild" Honorare in Höhe von rund drei Millionen Euro eingetragen haben. Das Blatt beruft sich auf Ermittlungsunterlagen der Frankfurter Staatsanwaltschaft. Der Deutsche Fußball-Bund verlangte in einer ersten Stellungnahme von allen Mitgliedern des damaligen Komitees "vollständig und transparent" Aufklärung.

Die Erkenntnisse um mögliche Einkünfte Radmanns sind ein Beifang der Frankfurter Ermittlungen. Interessant ist daran zweierlei. Erstens durfte Beckenbauer als Präsident des Komitees Beraterverträge nach den Statuten ohne Zustimmung des Aufsichtsrats unterschreiben. Zweitens blieb Radmann Berater des WM-OKs, obwohl er sich wegen eines offenkundigen Interessenkonflikts 2003 aus dem Komitee verabschiedet hatte. Ein Beratervertrag mit dem Mediengiganten Kirch, der die TV-Rechte am späteren Sommermärchen erworben hatte, ließ Radmann aus dem OK stolpern.

Sein Netzwerk blieb erhalten. Vor allem durch seine Beziehungen zu Beckenbauer, den er bereits auf der Bewerbungstournee der Deutschen um die Jahrtausendwende begleitet hatte. Natürlich saß er neben dem Fußball-Kaiser, als die Deutschen am 6. Juli 2000 in der Züricher Messe zum Ausrichter der WM 2006 gekürt wurden. Beckenbauer fiel seinem Vertrauten um den Hals und erklärte: "Es war die größte Herausforderung meines Lebens."

Nach allem, was man weiß, hat ihm der Freund aus Berchtesgaden tatkräftig dabei geholfen, diese Herausforderung zu meistern. Radmann knüpfte als Multifunktionär ein beispielloses Netz. Der frühere DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder sagte mal über ihn: "Wenn der Fedor einen kennenlernt, wirst du sofort in sein Netzwerk eingeklinkt. Und da kommst du nicht mehr raus." Auch Mayer-Vorfelders Unterschrift soll nach Darstellung der "Bild" gelegentlich unter den Beraterverträgen für Radmann gestanden haben.

Radmann ist nicht nur Netzwerker, er kennt auch die kleinen und großen Geschäftstricks, von denen Beckenbauer bis heute nichts wissen will. Man nannte ihn Beckenbauers Mann fürs Grobe, er war der Schattenmann hinter der Lichtgestalt. Dass später die Schweizer Bundesanwaltschaft gegen beide wegen des Verdachts der "ungetreuen Geschäftsbesorgung, Geldwäsche und Betrugs" ermitteln würde, konnte sich vor ein paar Jahren niemand vorstellen. Deutlich mehr Menschen argwöhnten da vielleicht bereits, dass die Stimmen für die deutsche WM nicht nur in Anerkennung des Beckenbauer-Charmes abgegeben wurden. Und sie wurden nicht weniger argwöhnisch, als Radmann vor einem Jahr in der "Zeit" diesen großen Satz sprach: "Ich könnte beim Leben meiner sechs Kinder beschwören, dass ich felsenfest davon überzeugt bin, dass nicht ein Mensch von uns bestochen wurde." — "Ich könnte" hat er gesagt.

(pet)
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