Schlammschlacht um WM 2006 Zwanziger: "Niersbach zieht den Kürzeren"

Altendiez/Düsseldorf · Theo Zwanziger will vor der Untersuchungskommission des DFB als Zeuge aussagen. Seine Fakten seien nicht zu widerlegen, sagt der ehemalige Präsident. Günter Netzer sieht das anders und will ihn verklagen.

Zwanziger gegen Niersbach: Chronik einer Männerfeindschaft
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Theo Zwanziger sagt, dass es doch eigentlich gar nichts mehr zu besprechen gebe. Dafür erzählt er dann doch erstaunlich viel über jene Ungereimtheiten, die sich aus seiner Sicht rund um die WM 2006 auftun. Es geht um "schwarze Kassen", um Verantwortung, Loyalität und jede Menge Lügen. In jedem zweiten Satz ist die Rede von Wolfgang Niersbach, seinem Nachfolger als Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), der in alles verstrickt sein soll. Eine persönliche Abrechnung sei das aber keineswegs. "Es geht um die Wahrheit, und zu der sollte jeder der Beteiligten einfach stehen", sagt der 70-Jährige im Gespräch mit unserer Redaktion.

Mit der Wahrheit ist das so eine Sache. In einem Sportverband im Besonderen. Die unmittelbar Handlungsbeteiligten haben so ihre ganz eigenen Standpunkte. Am Montag hat Franz Beckenbauer, einst Präsident des Organisationskomitees (OK), vor dem Untersuchungsausschuss der vom DFB beauftragten Ermittler der Kanzlei Freshfields ausgesagt. Danach räumte er in einer Erklärung ein, er habe einen Fehler gemacht. Als der Weltverband Fifa 2002 von den deutschen Organisatoren 6,7 Millionen Euro verlangte, da lieh man sich das Geld nicht bei einer Bank, sondern von Ex-Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus. Immerhin habe man später dadurch von der Fifa einen Zuschuss von 170 Millionen Euro erhalten. Warum? Wieso? Weshalb? Beckenbauer wollte sich dazu nicht weiter öffentlich äußern. Stattdessen ließ er wissen, dass er das Verhalten anderer Beteiligter teilweise als unerträglich empfinde.

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Man hat das sehr gut als Spitze gegen Zwanziger interpretieren können. Die beiden verbindet seit Jahren ein nicht gerade herzliches Verhältnis. Doch Zwanziger selbst fühlt sich keineswegs vom "Kaiser" getadelt. "Das ging ganz klar an die Adresse von Wolfgang Niersbach. Der Franz war einfach nicht bereit, die ganze Schuld auf sich zu nehmen", erzählt der Altendiezer. Niersbach habe in der vergangenen Woche eine Mitteilung vorbereitet, in der Beckenbauer Ungereimtheiten rund um die WM im eigenen Lande auf seine Kappe nehmen sollte. Der habe da aber nicht mitgespielt. Schließlich sei Niersbach alleine vor die Presse getreten und habe sich in Lügen verstrickt.

Zwanziger sagt, er habe immer wieder versucht, mit Niersbach das Gespräch zu suchen. Doch der habe sein Ansinnen abgeblockt. "Niersbach will nicht mit mir reden, weil er weiß, dass er aufgrund der Faktenlage den Kürzeren zieht", sagt er. Da hätte es wohl wenig Sinn, einen Mediator, wie es die Grünen vorgeschlagen haben, einzuschalten.

Theo Zwanziger – DFB-Präsident, Gladbach-Sympathisant, Sportfunktionär
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"Warum gibt Niersbach den Fehler nicht zu? Er ist ein Sonnyboy. Er glaubt, er kommt aus der Sache raus, Schuld sind die anderen", findet Zwanziger. "Es war 2002 kein Alleingang von Beckenbauer. Die Führungsspitze des OK war eingeweiht, also Niersbach, Schmidt und Fedor Radmann." Damit bezichtigt er Niersbach in einem weiteren Punkt der Lüge. "Niersbach will erst im Juni von Unregelmäßigkeiten rund um die WM erfahren haben. Das stimmt nicht." Der DFB-Präsident bleibt bei seiner Darstellung, erst seit Sommer etwas darüber zu wissen. Eine Einladung des Sportausschuss im Bundestags in der kommenden Woche hat er abgesagt.

Am Mittwoch oder Donnerstag will Zwanziger mit den DFB-Ermittlern reden. "Es ist Aufgabe der Kommission, meine Unterlagen zu bewerten", befindet der frühere Verwaltungsrichter. "Aber glauben Sie mir, meine Fakten sind nicht zu widerlegen."

Andere kommen allerdings zu ganz anderen Erkenntnissen. Günter Netzer droht Zwanziger nun sogar mit einer Klage. Der gebürtige Gladbacher hat Zwanziger eine Abmahnung zustellen lassen: "Wenn er keine Unterlassungserklärung unterschreibt, werden wir klagen", sagt sein Anwalt Ralf Höcker. Zwanziger soll erklären, künftig nicht mehr zu behaupten, Netzer habe ihm von einem Stimmenkauf asiatischer Fifa-Funktionäre für die WM 2006 berichtet. Netzer sagte der "Süddeutschen Zeitung", er wisse, "dass ich solche Verleumdungen leider noch aufwerte, wenn ich den Rechtsweg beschreite. Aber es gibt einen Punkt, an dem man so etwas nicht mehr einfach ignorieren kann. Und der ist jetzt gekommen." Höcker fügte hinzu: "Zwanziger hat offenbar vergessen, dass Frau Netzer während des gesamten Gesprächs mit am Tisch saß. Sie kann bezeugen, dass Zwanziger lügt."

(gic)
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