DFB-Elf bei WM 2014 Ballbesitz bleibt Löws Maxime

Recife · Das schnelle Konterspiel und die hingebungsvolle Dauerattacke sind taktische Grundprinzipien erfolgreicher WM-Teams. Bundestrainer Jogi Löw bevorzugt aber weiter eine Taktik, bei der seine Mannschaft die Kontrolle behält.

Der DFB-Fahrplan für das Achtelfinale gegen Algerien
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Foto: dpa, te nic

Man muss sich den deutschen Nationalspieler nach dem Einzug ins WM-Achtelfinale als einen zufriedenen Menschen vorstellen. Nicht als einen, der jetzt lautes Siegesgeheul anstimmt, und auch nicht als einen, der den Kopf stolz in den Nacken wirft und auf den Rest der Welt nicht einmal mehr herabblickt. In einer Mischung aus Bescheidenheit und Selbstbewusstsein reagierten die Spieler nach dem 1:0-Erfolg über die USA, der das Team als Gruppensieger am Montag in die Runde der letzten 16 gegen Algerien nach Porto Alegre bringt. Ganz nach der Tonart, die Bundestrainer Joachim Löw anschlug. "Viele Dinge macht die Mannschaft gut", erklärte er, "manche müssen wir noch verbessern, den letzten Pass zum Beispiel zielstrebiger spielen und bei den Chancen vor dem Tor mehr Konsequenz zeigen."

Deutschland zieht souverän in das Achtelfinale ein: Pressestimmen
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Pressestimmen zum DFB-Sieg gegen die USA

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Löw teilt allerdings bestimmt die Einschätzung seines Verteidigers Per Mertesacker. "Das waren drei komplett unterschiedliche Gegner in der Vorrunde. Wir haben sieben Punkte geholt, daraus ziehen wir viel Mut", sagte der Arsenal-Profi, "gegen die USA haben wir sehr stabil agiert und hoch verteidigt. Da haben wir gezeigt, dass wir auch mit der nötigen Aggressivität dominant sein können."

Schlüsselwort Dominanz

USA - Deutschland: Einzelkritik
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USA - Deutschland: Einzelkritik

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Die Dominanz scheint weiter das Schlüsselwort für Löws Taktik zu sein. Er hat sich zwar damit abgefunden, dass sich seine vorderste Reihe eher ungern an der schmutzigen Verteidigungsarbeit beteiligt (Ausnahmen Thomas Müller und Miroslav Klose) und als sein Zugeständnis daran die Abwehrkette mit vier Innenverteidigern erfunden. Das Ballbesitzspiel aber gibt er nicht auf. Im Gegensatz zur Konkurrenz bei diesem Turnier, die im schnellen Umschalten, im schönen alten Konter (Holland) und in der hingebungsvollen Dauerattacke (Chile) den Erfolg sucht, setzt Löw auf die ebenfalls schöne alte Weisheit, nach der ein Gegner kein Tor schießen kann, wenn er den Ball nicht hat.

Gegen die USA zeigte die DFB-Auswahl, wie ein erklärter Favorit mit einem gefährlichen Außenseiter auf diese Weise fertig wird. Die Deutschen rissen das Publikum nicht zu Begeisterungsstürmen hin, aber sie spielten konzentriert und sehr nüchtern mit einer Ballbesitzquote von 63:37 Prozent ihre Überlegenheit aus. Das erinnerte ein wenig an Spanien zu den besten Zeiten, als auch nicht 90 Minuten ein Feuerwerk brannte, aber niemand die Frage nach dem Sieger stellen musste. Einziges Manko: ein unübersehbarer Mangel an Entschlossenheit bei der Chancenverwertung zu Beginn der Begegnung. Das Spiel hätte gar nicht mehr aufregend werden müssen, wenn Müller schon früher personelle Hilfe im Strafraum gewährt worden wäre.

WM 2014: Deutschland besiegt USA, Reaktionen von Joachim Löw
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Reaktionen zum Sieg gegen die USA

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Schiefe Aufstellung bringt den Erfolg

Als der deutsche Ballbesitz-Fußball durch die Hereinnahme der "Spezialkraft" Klose (Löws Wort der Hinrunde) auch die notwendige Dynamik in der Spitze bekam, fiel folgerichtig das Tor. Und es war eine interessante taktische Aufstellung, die das Spiel in Ruhe zu Ende brachte. Klose und Müller gingen im Wechsel in die Spitze, der rechte Außenverteidiger Jérôme Boateng spielte so etwas wie einen Rechtsaußen, und Mesut Özil kam aus der halblinken Position sehr viel besser ins Spiel als in den ersten beiden Partien. Es war sozusagen eine schiefe Aufstellung, mit der die Deutschen die größte Wirkung erzielten.

Das nährt ebenso wie der Nachweis einer hohen fußballerischen Reife und die beeindruckende Leistung des Mittelfelds die Zuversicht im deutschen Team. "Wir haben wieder einen großen Schritt getan", erklärte Kapitän Philipp Lahm. Es soll allerdings nicht der letzte gewesen sein. "Wir haben hier noch Großes vor", versicherte Torschütze Thomas Müller, der wie schon gegen Portugal von schlauen Beobachtern zum Mann des Spiels gewählt worden war, "wir haben alle einen Riesen-Ehrgeiz."

Und Özil bekannte: "Wir sind nicht hier, um im Achtelfinale auszuscheiden, wir wollen unbedingt Weltmeister werden. Und alle Nationen wissen, wie stark Deutschland ist." Alle wissen aber auch um die Eigenheiten der K.o.-Runde. "Jetzt geht es um alles oder nichts", urteilte Löw mit großer Sachkenntnis, "eine Niederlage — und du fährst nach Hause."

Ein Sieg — und du fährst zum Viertelfinale nach Rio. Schon mal zum Kennenlernen.

(RP)
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