Dusel-Erfolg im WM-Achtelfinale Schürrle und Özil treffen — aber der Held heißt Neuer

Porto Alegre · Jogi Löw hatte vor den starken Algeriern gewarnt und war dafür belächelt worden. Kritiker mögen ihm nach dem schwachen Auftritt der deutschen Mannschaft einige Fehler vorhalten, aber in diesem Punkt lag er richtig. Denn seine Mannschaft schrammte nur haarscharf an der Pleite vorbei.

Das Netz feiert Neuer nach Gala gegen Algerien
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Foto: Screenshot Twitter

Dass sie weiter am Turnier in Brasilien teilnehmen darf, verdankt sie vor allem der — trotz störender Laserstrahlen von Fans — überragenden Leistung von Torhüter Manuel Neuer und dem sehenswerten Joker-Tor von Andre Schürrle. Kurz nach Beginn der Verlängerung traf der zur Halbzeit eingewechselte Mittelfeldspieler, der für den enttäuschenden Mario Götze ersetzte und das Spiel belebt hatte, mit der Hacke. Mesut Özil gelang kurz vor Ende der Verlängerung das 2:0, Abdelmoumene Djabou verkürzte.

Löw setzt auf Schweinsteiger, Khedira auf der Bank

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Die einstweilen wichtigste Frage war schnell beantwortet. Den Platz im zentralen Mittelfeld bekam Bastian Schweinsteiger. Bundestrainer Joachim Löw hatte sich von seinem Bauchgefühl leiten lassen und Sami Khedira erneut auf die Bank gesetzt, obwohl seine Äußerungen vor dem Spiel durchaus nahelegten, dass er sich für den Spieler von Real Madrid entscheiden würde.

Es lag auch an Schweinsteiger, der mit einigen Ballverlusten startete, dass die favorisierten Deutschen das Spiel zu Anfang überhaupt nicht in den Griff bekamen. Sie fanden kein Tempo, keinen Rhythmus, die Laufarbeit in den offensiveren Bereichen und im Mittelfeld war dürftig. Und Algerien hatte das richtige taktische Konzept gegen den Ballbesitzfußball der DFB-Auswahl, der sich zunächst als langweilige Veranstaltung im Breitwandformat entpuppte. In der Mitte machten die Algerier die Räume gescheit eng, bei Ballgewinn ging es über die Außen schnell nach vorn. Dort lief Islam Slimani gute Konterwege, denen die deutsche Abwehr, wenn überhaupt, nur mit großer Mühe folgen konnte. Allein dem starken Auftritt von Torwart Manuel Neuer, der immer wieder weit aus seinem Kasten musste, um Konter zu stoppen, verdankten es die Kollegen, dass Deutschland nicht zeitig in Rückstand geriet. Bei einem abgefälschten Weitschuss von Mehdi Mustafi aber wäre auch Neuer machtlos geworden.

Manuel Neuer klärt gegen Slimani mit dem Kopf
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Erst nach einer halben Stunde zeigte Löws Mannschaft erste Ansätze von kontrollierterer Offensive und Torgefahr. Toni Kroos feuerte zwei sehenswerte Distanzschüsse ab, einen wehrte Algeriens Schlussmann Rais Mbolhi genau vor die Füße von Mario Götze ab, der mit einem schlampigen Nachschuss scheiterte. Der Bayern-Profi zeigte genau jene Schwäche, die Löw zuvor noch dem Team angekreidet hatte. "Wir müssen unsere Chancen besser verwerten", hatte der Coach gesagt. Es passte zu Götzes miserabler Vorstellung, dass er auch in dieser Hinsicht nicht auf Draht war.

Mit Schürrle wird das Spiel besser

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Folgerichtig durfte er zur Pause in der Kabine bleiben. André Schürrle sollte dem langsamen deutschen Spiel mehr Schnelligkeit und mehr Tiefe geben. Interessant, dass Löw ihn nach rechts stellte und Özil wieder auf halblinks zog, wo er gegen die USA große Wirkung erzielt hatte. Das deutsche Spiel wurde konstruktiver, und Schürrle hatte sofort seine Möglichkeiten.

Auf der Gegenseite blieben die Konter der Algerier brandgefährlich. Und es war besonders bemerkenswert, dass sie gelegentlich nach deutschen Standardsituationen gestartet wurden. In der Rückwärtsbewegung offenbarte die DFB-Auswahl erstaunliche Schwächen. Kein Ruhmesblatt für das Mittelfeld, das zu sehr auf einer Linie spielte. Und ein Problem für Löws Innenverteidiger-Viererkette, in der Shkodran Mustafi auf der rechten Seite stand, weil Mats Hummels erkältet fehlte und von Jerome Boateng innen vertreten wurde.

Trotzdem behauptete der Favorit den Ball nun häufiger als in der allerdings völlig verpatzen Anfangsphase der Begegnung, in der die Deutschen ihren Gegner in einer Mischung aus Überheblichkeit und Erstaunen über dessen Fähigkeiten zusätzlich stark gemacht hatten. Das war wenig professionell und widersprach dem reifen Eindruck, den das Team gegen die USA hinterlassen hatte.

Als Mustafi sich ohne gegnerische Einwirkung verletzte, kam Sami Khedira neben Schweinsteiger zum Einsatz. Philipp Lahm rückte aus dem Mittelfeld auf die rechte Abwehrseite, auf der er ursprünglich nicht mehr spielen wollte. Aber er stellte sich für den Rest des Spiels in den Dienst der Mannschaft. Zehn Minuten vor Schluss hatte die deutsche Mannschaft eine große Chance, doch Thomas Müller scheiterte mit einem Kopfball an dem in dieser Szene überragenden, zuvor jedoch mehrmals schwächelnden algerischen Torhüter. Sekunden später bot sich Müller die nächste Möglichkeit, doch schoss er vorbei.

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