Löws Qual der Wahl rückt näher Wird Gnabry der neue Odonkor?

Sinsheim · In einem Monat nominiert Bundestrainer Joachim Löw seinen vorläufigen WM-Kader. Serge Gnabry könnte dabei die Überraschung sein - und auch andere Kandidaten aus der zweiten Reihe drängen sich auf.

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Das ist Serge Gnabry

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Foto: dpa/Sven Hoppe

Eigentlich hätte die Frage Joachim Löw gestellt werden müssen. Doch der Fußball-Bundestrainer, der in einem Monat (15. Mai) seinen vorläufigen WM-Kader bekannt geben wird, war längst weg. So musste Julian Nagelsmann schon wieder die Endrunden-Chancen von Serge Gnabry einschätzen. Das nervte den Trainer von 1899 Hoffenheim, dessen Schützling unter den Augen Löws erneut getroffen hatte, kolossal.

"Es ist atemberaubend, wie viele Fragen zu Serge Gnabry gestellt werden. Als ob wir nur aus Serge Gnabry bestehen", sagte Nagelsmann nach dem 2:0 (2:0) gegen den Hamburger SV: "Ob er ein Kandidat ist, bewertet der Trainer, der den Kader nominiert. Da interessiert meine Meinung wenig bis gar nicht."

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Foto: dpa/Stefan Constantin

Nagelsmann hatte die Nase voll. Schließlich muss er seit Wochen die Vorzüge der Leihgabe von Bayern München herunterbeten. Dabei sprechen die sechs Tore Gnabrys in den zurückliegenden sechs Bundesligaspielen und die 15 Torbeteiligungen in seinen 20 Partien eigentlich für sich. Der 22 Jahre alte Offensivspieler, der im Sommer zum Rekordmeister zurückkehren wird, ist in Topform.

Mitspieler und sogar Gegner berichten immer wieder von den überragenden Qualitäten des gebürtigen Stuttgarters. Aufgrund seiner Schnelligkeit, seiner Dribblings und seiner Torgefährlichkeit sei er im Grunde nicht zu stoppen. Solche Lobeshymnen waren über Lars Stindl, Marco Reus, Mario Götze oder Andre Schürrle schon lange nicht mehr zu hören.

"Bei den vergangenen Nominierungen waren ja immer wieder Überraschungen dabei, die vorher nicht auf dem Zettel waren. Vielleicht ist es diesmal Serge", sagte Hoffenheims Sportchef Alexander Rosen, der Gnabry eine Rolle wie die von David Odonkor bei der WM 2006 zutraut. Da gibt es nur einen Haken: Der Sprintertyp mit dem ivorischen Vater leidet immer wieder unter Muskelproblemen. Das weiß natürlich auch Löw.

Solche Schwierigkeiten hat Nico Schulz nicht. Den Linksverteidiger der TSG sah der Bundestrainer ebenfalls am Samstag in Sinsheim. Der 25-Jährige bereitete dabei ein Tor vor - und auch er spielt seit Wochen stark. Das Lob für Schulz kam Nagelsmann zügig über die Lippen: "Er hat eine unglaubliche Power über den linken Flügel. In der Verfassung ist er schwer zu ersetzen."

Für Schulz spricht das überschaubare personelle Angebot auf seiner Position. Jonas Hector (1. FC Köln) ist gesetzt, doch Marvin Plattenhardt (Hertha BSC) gilt als Notbesetzung. Viele Experten sehen Schulz derzeit klar besser - auch wenn der sich bescheiden gibt: "Ich würde mich über einen Anruf von Joachim Löw freuen - aber fünf, sechs gute Spiele reichen nicht."

Immerhin kann Schulz auf diese Anzahl guter Auftritte verweisen - das können andere nicht. Und so dürfte es Löw mit Freude sehen, dass sich Spieler aufdrängen, denen zuletzt geringe bis gar keine Chancen auf einen Platz im Kader des Titelverteidigers bei der Endrunde in Russland (14. Juni bis 15. Juli) eingeräumt wurden. Wie von Löw gewünscht, macht die zweite Garde den Arrivierten Dampf.

Dazu gehören neben Gnabry und Schulz auch Julian Brandt, Sebastian Rudy, Kevin Volland sowie Sandro Wagner - obwohl der ohnehin keine Zweifel an seiner Nominierung hat: "Ich habe es verdient mitzufahren, ich fahre da auch mit, da bin ich mir sicher".

(sid)
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