WM-Quali gegen Norwegen Löw setzt auf den Wechsel

Stuttgart · Der Bundestrainer ist vor dem WM-Qualifikationsspiel heute gegen Norwegen selbstbewusst genug, den Gruppensieg nicht mehr ernsthaft in Zweifel zu ziehen. Mit der Leistung beim 2:1 in Prag am Freitag ist er dennoch nicht zufrieden.

Fakten zum Länderspiel gegen Norwegen
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Foto: afp

Im Grunde läuft alles rund bei der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Sieben Spiele sind in der WM-Qualifikation gespielt, sieben Mal ging die DFB-Elf als Sieger vom Platz. Gewinnt Nordirland heute Abend nicht, könnte Deutschland mit einem Erfolg gegen Norwegen (20.45 Uhr/Live-Ticker) bereits zwei Spieltage vor Schluss das Ticket für die Endrunde in Russland 2018 lösen.

Während es rein sportlich also nichts zu meckern gibt, muss sich Joachim Löw mit weniger schönen Randerscheinungen herumplagen. Die deutschen Anhänger machen ihm Sorgen. Neben dem "zutiefst verachtenswerten Verhalten" einiger Zuschauer in Prag, die mit Nazi-Parolen auffielen (Seite B 1), kam es erneut auch zu Schmährufen gegen Timo Werner. Es steht zu befürchten, dass sich das heute wiederholen wird, wenn der 21-jährige Leipziger im Stadion seines Ex-Vereins VfB Stuttgart auflaufen wird.

Seit seiner Schwalbe im Spiel gegen Schalke im vergangenen Dezember gilt Werner als Feindbild in der Bundesliga. Ein vulgärer Gesang über ihn hat es sogar bis zur Darts-WM in London und zum Hit am Ballermann auf Mallorca gebracht. Auch beim 2:1-Sieg über Tschechien in Prag am Freitagabend war dieses Lied wieder deutlich zu hören. "Das ist nicht fair und schon gar nicht mehr lustig, sondern nur noch peinlich", sagte Löw gestern. "Timo Werner hat einen Fehler gemacht und ihn eingestanden. Er ist ein Spieler, der eine unglaublich professionelle Einstellung hat, der mit größter Freude und Leidenschaft für sein Land spielt. Ich erwarte, dass man mit Timo Werner oder auch Antonio Rüdiger, die beide früher beim VfB gespielt haben, einen fairen Umgang pflegt. Ich kann nur einen Appell an die Zuschauer richten, fair zu sein."

Ob dieser Appell Wirkung zeigt, darf zumindest angezweifelt werden. Große Teile der Stuttgarter Fanschar sind sauer. Sauer darüber, dass das große VfB-Talent Werner 2016 überhaupt den Verein verlassen hat. Und sauer, weil er überdies den Weg zum - aus Sicht der Stuttgarter Traditionalisten - verachteten Fußballprojekt RB Leipzig gewählt hat. Für den Bundestrainer ist das aber noch lange kein Grund, nachtragend zu sein. "Timo Werner ist nach dem Abstieg des VfB gegangen. Das ist völlig legitim. Er wollte den nächsten Schritt machen. Das ist nicht verwerflich", sagte Löw.

Ein weiterer Rückkehrer nach Stuttgart ist Mario Gomez, der vor zehn Jahren zusammen mit Sami Khedira die Meisterschaft mit dem VfB feierte. Ob der Stürmer aber zur Startelf gehören wird, wollte Löw nicht verraten. Es gebe aber mit Sicherheit "zwei, drei Wechsel" im Vergleich zur Elf vom Freitag. "Wir sind schließlich noch in einer frühen Phase der Saison", erklärte der Lörracher. "Manch einer hatte eine kurze Vorbereitung, ist noch nicht so im Rhythmus. Da wäre es sicher ein bisschen viel, innerhalb von drei Tagen zweimal 90 Minuten zu absolvieren."

Die DFB-Auswahl kann es sich leisten, Varianten auszuprobieren, da ein Scheitern auf der Zielgeraden der WM-Qualifikation selbst im Falle einer Niederlage höchst unwahrscheinlich wäre. So wird dann selbst Löw, der bestimmt nicht zur Großmäuligkeit neigt, in seiner Situationsbeschreibung deutlich. "Die Tabellensituation", so der Coach, "lässt es zu, auch mal andere Spieler zu sehen." Mit zwei Personalien rückte der Bundestrainer sogar heraus: Marc-André ter Stegen wird erneut im Tor stehen, und Julian Draxler wird von Beginn auflaufen. Die Trainingsleistungen des Angreifers von Paris St. Germain, der in Prag erst nach 66 Minuten den Platz betreten durfte, seien "hervorragend" gewesen.

Löw gab zu, vom Spielstil der Norweger nur wenige Details zu kennen. Ihm gehe es vielmehr darum, die eigenen Ideen vernünftig umzusetzen. Das gelang gegen Tschechien freilich nur in der ersten Viertelstunde und dann wieder im wütenden Schlussspurt nach dem zwischenzeitlichen Ausgleich des Herthaners Vladimir Darida. Zwischen dem wunderbar herauskombinierten 0:1 mit Mesut Özil und Werner in den Hauptrollen sowie dem Kopfball des bärenstarken Mats Hummels zum 1:2 lag viel Leerlauf.

"Am Anfang war es gut, aber wir hätten konsequenter weitermachen müssen", nörgelte der Bundestrainer. "Es gab Phasen, in denen wir fast schon um einen Gegentreffer gebettelt haben, deshalb war es gegen die Tschechen ein glücklicher Sieg." Und somit ein Umstand, der mit dem Selbstverständnis des Weltmeisters nicht mehr vereinbar ist. Löws klare Forderung an seine Profis: "Wir müssen die Zahl der Ballverluste verringern." Klingt doch ganz einfach.

(RP)
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