WM-Qualifikation in Norwegen Löw will DFB-Elf noch unberechenbarer machen

Oslo · Ganz am Ende wird Joachim Löw eine Frage gestellt, die ihn gehörig zum Schmunzeln bringt. Eine Schülerin der deutschen Schule in Oslo will wissen, ob den Bundestrainer Schuldgefühle plagen, wenn er mit seiner Mannschaft verliert. Sein Job sei "mal schön und mal schwer", antwortet er.

DFB-Team bestreitet Abschlusstraining in Oslo
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"Die Tage nach Niederlagen sind nicht so einfach". Löw lacht, das Mädchen auch — alle zufrieden. Es herrscht eine entspannte Stimmung im Ullevaal-Stadion vor dem ersten WM-Qualifikationsspiel gegen Norwegen (20:45 Uhr im Live-Ticker).

Dabei hat Löw alles dafür getan, der Nation den Ernst der Lage zu vermitteln. Immerhin hat er nicht versucht, Norwegen zu einem Riesen im Weltfußball zu machen. Deutschland sei gewiss der hohe Favorit. Doch für Löw geht es im Grunde schon in der Qualifikation für die Weltmeisterschaft in Russland 2018 um viel weitergehende Dinge. In einer Gruppe mit Tschechien, Nordirland, Aserbaidschan, San Marino und eben Norwegen geht es nicht um das "ob", sondern um das "wie". Und so verkündete auch Toni Kroos mit klaren Worten: "Dass wir uns qualifizieren, kann ich garantieren."

In den vergangenen Monaten war Löw sehr zufrieden mit seiner Mannschaft. Man habe sich spielerisch dem Optimum weiter angenähert und wiederholt geschafft, große Mannschaft zu dominieren. Doch dann kommt eine klitzekleine Einschränkung, die für ein Fußballspiel dann doch von elementarer Bedeutung ist: "Wir waren nicht effizient genug." Wie bei der Europameisterschaft in Frankreich eindrucksvoll vorgeführt. Und so trainiert Löw nach eigener Einschätzung von der Spielanlage "in der Welt mit die Allerbesten" — mit einer allerdings nicht ganz unwesentlichen Einschränkung: es fehlt an Toren und damit verbunden dem ganz großen Spektakel. Die Partie gegen Norwegen soll der Auftakt zu wieder mehr Ernsthaftigkeit werden. Keine Ausreden, keine angezogene Handbremse.

In den kommenden zwei Jahren will Löw sein System noch unberechenbarer machen und will vor allem immer wieder zwischen Dreier- und Viererkette wechseln. Nach vorne soll schneller kombiniert werden, vor dem Tor mehr Bewegung herrschen. Gegen Norwegen, so Löw, erwarte er "richtig Rambazamba". Angesichts der aktuellen Misere im Sturm ist das durchaus ein sportlicher Wunsch. Denn der Neu-Wolfsburger Mario Gomez steht aktuell nicht zur Verfügung, viel mehr Spielertypen dieser Preisklasse gibt es in Deutschland allerdings auch nicht. Dass nun ausgerechnet Gomez, der jahrelang gemieden wurde, zum Heilsbringer auserkoren wurde, sagt auch einiges über die Lage aus.

"Natürlich haben wir in dieser zentralen Position zu wenig Optionen. Das ist ein grundsätzliches Problem", hat nun auch Thomas Müller in einem Interview mit der "Bild" geklagt. Es habe, so die Offensivkraft des FC Bayern München, da über Jahre eine Fehlentwicklung gegeben. Es sei nicht nur wichtig, technisch versierte Spieler auf dem Platz zu haben, sondern auch ein paar "bullige Typen". Diese Alternativen hat Löw nun nicht, weil er selbst über Jahre darin keine Notwendigkeit sah. Alle Top-Nationen hatte sich an dem Weg der Spanier orientiert. "Man sieht aber, dass es nötig ist, auch eine Strafraum-Stürmer-Variante zu haben", sagt Müller, der seit 589 Minuten auf ein Tor im Dress des Nationalteams wartet.

(gic)
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