Karrieresturz des Ex-DFB-Präsidenten Niersbach feiert 65. Geburtstag im Abseits

Frnakfurt/Main · Wolfgang Niersbach hat einen radikalen Karriereabsturz erlebt. Als DFB-Präsident trat er im Zuge des WM-Skandals zurück – nicht als Schuldeingeständnis, sondern um das Amt zu schützen, wie er betonte. Zu seinem 65. Geburtstag steht der Fußball-Macher nun im Abseits.

Wolfgang Niersbach tritt als DFB-Präsident zurück
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Wolfgang Niersbach tritt als DFB-Präsident zurück

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Foto: dpa, ade

Wolfgang Niersbach hat einen radikalen Karriereabsturz erlebt. Als DFB-Präsident trat er im Zuge des WM-Skandals zurück — nicht als Schuldeingeständnis, sondern um das Amt zu schützen, wie er betonte. Zu seinem 65. Geburtstag steht der Fußball-Macher nun im Abseits.

Noch vor wenigen Wochen wurde Wolfgang Niersbach der nächste enorme Karrieresprung vorhergesagt. Als selbst ernannter Aufklärer im Fifa-Sumpf profilierte er sich bei der Länderspielreise seiner geliebten Nationalmannschaft in Dublin im Oktober als moralische Instanz wieder einmal gegenüber dem gerade suspendierten Weltverbandsboss Joseph Blatter. Wenn Niersbach am Montag in kleinem Kreis seinen 65. Geburtstag feiert, ist er auf den Tag drei Wochen nach dem Rücktritt als DFB-Präsident plötzlich auf dem Weg zum Funktionärsrentner und nicht auf dem noch im Spätsommer permanent prophezeiten Sprung zum Chef bei der Uefa oder gar der Fifa.

In der Rubrik "Verlierer des Jahres 2015" ist der Name Niersbach weit vorne — und dem Sturz des eloquenten wie gerne polyglotten Fußball-Machers im Zuge des deutschen WM-Skandals haftet ein Hauch Tragik an. Nicht über mögliche Verfehlungen in seiner Funktion als Organisator des Sommermärchens 2006 an der Seite seines über Jahre engen Freundes Franz Beckenbauer stolperte Niersbach. Ausgerechnet eine desaströse Kommunikationsstrategie nach innen wie außen wurde dem Medienprofi zum Verhängnis. Über das Geschehene will er vor seinem Geburtstag nun nicht öffentlich reden - und über seinen Geburtstag auch nicht.

Wolfgang Niersdbach: Vom Journalisten zum Macher im Weltfußball
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Das ist Wolfgang Niersbach

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Foto: dpa, Arne Dedert

Er übernehme die "politische Verantwortung" in dem Skandal, ohne sich für etwas verantwortlich zu fühlen, erklärte Niersbach am 9. November nach einer Sondersitzung des DFB-Präsidiums in Frankfurt. "Das Amt des DFB-Präsidenten darf damit nicht belastet werden. Das Amt steht über meiner Person", sagte er. Mit dieser Einschätzung blieb sich Niersbach immerhin treu. "Die Zukunft kann nur gestaltet werden ohne den bisherigen Präsidenten, also ohne Sepp Blatter", hatte Niersbach die Krisensituation bei der Fifa mehrfach beschrieben.

Die eigentümliche Dynamik der Fußball-Mächte erlaubt es, dass der Rheinländer und bekennende Karnevalist beim Weltverband noch mitreden darf, obwohl er beim DFB seine Macht verlor. Zwei Tage nach seinem Geburtstag nimmt Niersbach als Mitglied des Fifa-Exekutivkomitees an einer Sitzung in Zürich teil, bei der die Fußball-Weltregierung über maßgebliche Satzungsänderungen und Demokratisierungsprozesse im Skandalverband beraten soll.

Dass Niersbach nach den Vorwürfen auf nationaler Ebene dafür noch geeignet ist, wird mittlerweile im nicht für transparente Führungsmechanismen bekannten Fifa-Exko hinter vorgehaltener Hand in Zweifel gezogen. Unklar ist weiter, was Niersbach wann von möglicherweise illegalen Machenschaften im deutschen WM-OK wusste. Die Frankfurter Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung, weil er eine falsche Erklärung für das Jahr 2006 kurz nach seinem Amtsantritt als DFB-Generalsekretär unterzeichnete.

Wolfgang Niersbach tritt zurück: Pressestimmen
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Pressestimmen zum Niersbach-Rücktritt

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Diesen Posten hätte er behalten sollen, meint nun manch Wegbegleiter. Doch Niersbach ließ sich nach dem Rückzug seines heutige Intimfeindes Theo Zwanziger nicht zu oft bitten, im März 2012 den Chefposten beim DFB zu übernehmen. Immer wieder kokettierte er vor dem nächsten Sprung seiner ungewöhnlichen Karriere damit, dass er den höheren Posten gar nicht wolle — und nahm ihn dann doch immer wieder gerne an. Aus dem einstigen Agenturjournalisten wurde so der EM-Sprecher 1988, der DFB-Pressesprecher an der Seite Beckenbauers beim WM-Sieg 1990, der WM-Mitorganisator 2006, der Generalsekretär und schließlich der Präsident im größten Sportfachverband der Welt.

(jaso/dpa)
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