"Beim Thema Korruption bin ich der falsche Ansprechpartner" Fifa-Untersuchung gegen Beckenbauer?

Düsseldorf · Die Verflechtungen von Wirtschaft und Sportpolitik werden an der Person des "Kaisers" deutlich. Monate nach der Vergabe der WM 2022 besuchte er Katar. Die Reise ins Emirat hat zumindest ein Geschmäckle.

Korruptionsvorwürfe: Welche Rolle spielt Beckenbauer?
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Foto: dpa

Franz Beckenbauer kann einen Fußball vom Weißbierglas ins Loch der Torwand kicken. Charmant wie kaum ein anderer kann er ein Malheurchen als Weltverbesserung verkaufen ("Der liebe Gott freut sich über jedes Kind"). Glückskind, Lichtgestalt, Kaiser - dem Burschen fliegt alles zu. Fast. Einige, wenige Dinge kann selbst der Sohn eines Oberpostsekretärs aus München-Giesing nicht: ein Schiff taufen zum Beispiel. Diese verantwortungsvolle Aufgabe dürfen nur Frauen übernehmen. Also musste Heidi, seine dritte Frau, ran, als es im August 2010 galt, im koreanischen Gusan den Riesenfrachter "E.R. Bayern" zu taufen. Und die Hamburger Reederei Erck Rickmers durfte verkünden: "Der Name Beckenbauer steht im internationalen Fußball wie kaum ein anderer für Höchstleistungen und erfolgsorientiertes Teamwork." Ob Heidi oder Franz, ganz egal.

Franz Beckenbauer überrascht mit "#FranzBart"
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Beckenbauer überrascht mit Bart

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Die Schiffstaufe vor bald vier Jahre ist jetzt wieder in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Von dort führt nämlich eine Spur nach Katar, zum umstrittenen Gastgeber der Fußball-Weltmeisterschaft 2022. Der Verdacht millionenschwerer Korruption rund um die Vergabe steht im Raum und dürfte auch den heute beginnenden Kongress des Fußball-Weltverbands prägen.

Rickmers lotste den fern der See aufgewachsenen und beheimateten Franz Beckenbauer ein paar Monate nach der Vergabe der WM 2022, an der Beckenbauer als Wahlmann beteiligt war, nach Katar. Der "Kaiser" war als Berater und Botschafter der "E.R. Capital Holding" mit Vorständen des Unternehmens im Emirat zu Gast, um Geschäfte anzubahnen. Die Einladung, so berichtet die "Sunday Times", habe der damalige Fifa-Vizepräsident Mohamed bin Hammam ausgesprochen.

Beckenbauer erhält President's Award
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Gegenüber der "Sunday Times" äußerte sich Beckenbauer nicht. "Beim Thema Korruption bin ich der falsche Ansprechpartner", hatte Beckenbauer vergangene Woche noch betont, "mich hat diesbezüglich noch nie jemand versucht zu beeinflussen. Zudem war ich weder jemals für die Kataris noch für Mohamed bin Hammam tätig."

Bislang erhebt tatsächlich niemand konkrete Vorwürfe gegen Beckenbauer. Weder von Geldflüssen ist die Rede, noch von Verabredungen. Es ist aber auffällig, wie geschmeidig sich der heute 68-Jährige seit vielen Jahren auf dem verminten Terrain der Sportpolitik bewegt. Das Image des Sauber- und Strahlemanns hat nie Kratzer bekommen, die sich nicht schnell wieder hätten wegpolieren lassen. "Teflon-Franz", nannte ihn "Die Zeit" deshalb mal. Bleibt auch dieses Mal nichts zurück? Ein Geschmäckle haftet der losen Verbindung Beckenbauer/Katar jedenfalls an.

Beckenbauer verewigt seine Fußabdrücke
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Als Aufklärer im schwer durchdringbaren Themenkomplex rund um das umstrittene Wüstenturnier ist das ehemalige Mitglied des Fifa-Exekutivkomitees nicht aufgefallen. In seinen Äußerungen legt er nahe, dass er in dieser Eigenschaft bei der Vergabe des Turniers 2022 nicht für Katar, sondern für Australien gestimmt habe. Allerdings reklamiert auch Fifa-Präsident Sepp Blatter für sich, für das einzige Votum verantwortlich gewesen zu sein, dass die Australier bekamen. Wer lügt?

Zu den Vorwürfen, Katar würde seine WM-Stadien teils von Arbeitern, die ähnlich wie Sklaven gehalten werden, bauen lassen, sagte Beckenbauer kürzlich lapidar: "Ich habe noch nicht einen einzigen Sklaven in Katar gesehen. Also die laufen alle frei rum, weder in Ketten gefesselt und auch nicht mit irgendwelcher Büßerkappe am Kopf."

Als er zuletzt von Michael Garcia, dem Chefermittler Michael Garcia des Fußball-Weltverbands, zu einer schriftlichen Stellungnahme aufgefordert wurde, verwies er auf mangelhafte Sprachkenntnisse. Seine Englischkenntnisse seien nicht ausreichend, um die juristischen Texte zu verstehen. Unzureichende Englischkenntnisse? Ende der 1970er Jahre hat Beckenbauer bei Cosmos New York gespielt. Außerdem verfügt er ja über sprachkundige Berater: allen voran den umtriebigen Lobbyisten Fedor Radmann und seinen Manager Marcus Höfl. Die ganze Korona war übrigens schön zu beobachten, als sie im Februar zuschaute, wie Marcus' Frau Maria Höfl-Riesch im russischen Sotschi ihre letzten olympischen Skirennen bestritt.

Zum Russland des Staatspräsidenten Wladimir Putin pflegt Beckenbauer übrigens ein enges Verhältnis. Seit zwei Jahren wirkt er als "Partner und Botschafter" der Russian Gas Society, deren wichtigstes Mitglied der Gas-Gigant Gazprom ist. Bevor er diesen Job übernahm, hatte die Fifa-Exekutive (mit Beckenbauer) dafür gesorgt, dass Russland die WM 2018 bekam. Wem der Kaiser die Stimme gab, ist nicht bekannt.

Theo Zwanziger schließt Ermittlungen der Fifa-Ethikkommission gegen seinen Vorgänger in der Weltregierung des Fußballs nicht aus. "Wenn man das Ethikreglement liest, wird man zu Punkten kommen, wo man Fragen stellen kann", sagte er gestern in Sao Paulo. Fast gleichzeitig betonte der ehemalige DFB-Präsident sein gutes Verhältnis zu Beckenbauer: "Ich bin stolz auf unsere Freundschaft, aber ich weiß auch, dass Franz Beckenbauer ein Geschäftsmann ist." Deutlicher äußerte sich Fifa-"Vize" Jim Boyce (England). Er forderte klipp und klar Untersuchungen gegen Beckenbauer.

(RP)
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