Interview mit Alexej Sorokin "Doping ist nicht zulässig in Russland"

Berlin · Der Organisationschef der Fußball-WM in Russland über Staatsdoping, Hooligan-Gewalt und Boykott-Drohungen.

Interview mit Alexej Sorokin: Doping ist nicht zulässig in Russland
Foto: ap, AZ

Der Organisationschef der Fußball-WM in Russland, Alexej Sorokin, spricht im Interview mit unserer Redaktion über Staatsdoping, Hooligan-Gewalt und Boykott-Drohungen.

Das Holzparkett knarrt unter jedem Schritt in einem gediegenen Nebenraum auf der Bel Etage der Russischen Botschaft in Berlin. Nebenan steht der Wodka für einen WM-Empfang bereit. Doch für das Interview bevorzugt der OK-Chef der Fußball-WM in Russland Mineralwasser. Alexej Sorokin hat auf seiner Werbetour am Prachtboulevard Unter den Linden Station gemacht und wirkt gut präpariert auch für kritische Fragen

Herr Sorokin, einer Ihrer Vorgänger als Organisationschef der Fußball-WM 2006 in Deutschland, Franz Beckenbauer, ist wegen seiner möglichen Rolle um Schmiergeldzahlungen ins Visier der Strafermittler geraten. Ihr Vorgänger als OK-Chef der WM in Russland, Witali Mutko, hat dieses Amt auch aufgeben müssen. Warum passiert das OK-Chefs immer wieder?

Sorokin Vielen Dank, dass Sie mich in eine Reihe mit einem so großen Namen wie Franz Beckenbauer bringen. Ich kann Ihnen nicht zustimmen, wenn Sie sagen, dass OK-Chefs vermeintlich grundsätzlich mit der Justiz Probleme bekommen. Was Witali Mutko angeht, er hat freiwillig auf den Vorsitz im Organisationskomitee verzichtet, weil er von sich aus eine Klage beim Internationalen Sportgerichtshof (CAS) eingereicht hat.

Herr Mutko ist vom Internationalen Olympischen Komitee lebenslang gesperrt worden, weil das IOC in Mutko den Hauptverantwortlichen in der Affäre um russisches Staatsdoping sieht.

Sorokin Witali Mutko fand es ehrlicher, für die Zeit seiner Klage kein öffentliches Amt im Sport zu bekleiden. Deswegen hat er auch auf das Präsidentenamt des russischen Fußballs verzichtet. Ihm wird nichts vorgeworfen. Er bleibt weiterhin stellvertretender Ministerpräsident der Russischen Föderation.

Deutschland hat 2006 ein Sommermärchen erlebt und musste dann erfahren, dass die deutsche Kandidatur offenbar nicht so sauber war, wie alle glaubten. Sind Sie sicher, dass die Kandidatur Ihres Landes sauber ist?

Sorokin Zur deutschen Bewerbung fehlen mir jegliche Kenntnisse. Ich kann nur sagen, dass die Bewerbung Russlands für die Fußball-WM 2018 absolut sauber und integer war. Alle Zusammenhänge mit der Bewerbung sind überprüft worden, nicht nur von einer speziellen Fifa-Kommission, sondern auch von etlichen Vertretern der Öffentlichkeit. Dazu hatten wir starke Gegner, die hätten nur darauf gewartet, dass Russland falsch spielt.

Wie wird die Fifa den fast automatischen Verdacht los, dass bei Vergaben Korruption im Spiel sein könnte?

Sorokin Die Fifa hat sich grundlegend erneuert. Es gibt neue Regeln, neue Prüfungen, neue Prinzipien. Ein konkretes Beispiel: Der Ausrichter einer WM wird nicht mehr vom Exekutivkomitee der Fifa gewählt, sondern vom Kongress, also von sämtlichen Verbänden, die Fifa-Mitglieder sind.

Bei der Winterolympiade ist der russische Sport wegen Staatsdopings bestraft worden. Viele russische Sportler durften nicht starten, andere nur unter olympischer Flagge. Warum wird diese Fußball-WM sauber?

Sorokin Olympia ist Olympia. Und ich konzentriere mich auf den Fußball, auf die Organisation eines erfolgreichen Turniers. Als Fan des russischen Sports kann ich die Vorwürfe so auch nicht akzeptieren. Eine ganze Reihe russischer Sportler ist vom Internationalen Sportgerichtshof für die Winterolympiade rehabilitiert worden, weil die Vorwürfe sich nicht bewahrheitet haben.

Haben Sie Konsequenzen gezogen aus dem McLaren-Report über gedopte russische Fußballspieler?

Sorokin Über konkrete, bewiesene Dopingfälle in der russischen Nationalmannschaft ist mir nichts bekannt. Alle deren Mitglieder spielen in europäischen Pokalwettbewerben und unterliegen den internationalen Kontrollen. Der Fifa-Präsident hat auch beim Konföderationen-Pokal bestätigt, es gebe keine bewiesenen Fälle vom Doping in der russischen Nationalmannschaft. Die Gesetzgebung in Russland in Bezug auf Doping ist außerdem ganz klar formuliert. Es ist nicht zulässig in Russland. Wer dagegen verstößt, macht es auf seine eigene Verantwortung und wird sanktioniert. Das bezieht sich aber auf konkrete einzelne Personen.

Die Ost-West-Konfrontation spitzt sich zu in Sachen Ukraine und vor allem Syrien. Ist das ein Risiko für Ihre WM?

Sorokin Ich sehe da keine großen Risiken. Die Vorbereitungen sind weitgehend abgeschlossen. Die Ticketverkäufe belegen: Wir werden Hunderttausende Besucher begrüßen können. Im Übrigen ist es nicht meine Aufgabe, zu außenpolitischen Themen Stellung zu nehmen.

Wann ist die WM für Sie ein Erfolg?

Sorokin Wenn die Stadien voll, die Besucher und die Spieler zufrieden und die Kommentare in den sozialen Netzwerken positiv sind.

Wie groß ist die Gefahr, dass die WM Ziel von Terroristen wird?

Sorokin Diese Gefahr existiert theoretisch in jedem Land. Unsere Sicherheitsbehörden sind aber so gut aufgestellt, dass sie Gefahren abwehren können. Ich kann Ihnen versichern, alle Maßnahmen werden von unserer Seite ergriffen.

Wir lesen, dass russische Hooligans sich mit britischen Hooligans zum Kampf treffen wollen - werden Sie das Konzept gegen Chaoten und Gewalt noch einmal nachbessern?

Sorokin Unser Sicherheitskonzept betrifft die Abwehr aller Bedrohungen. Jede rechtswidrige Handlung wird unterbunden. Ich glaube nicht, dass Ihre Information zutrifft. Es käme wohl niemand auf die Idee, solche Sachen in einer Zeit zu organisieren, in der die Sicherheit in so hohem Maße gewährleistet wird wie während einer WM.

Haben Sie spezielle Empfehlungen für deutsche WM-Reisende?

Sorokin Kommen Sie, schauen Sie sich unsere Städte an und erleben Sie guten Fußball. Genießen Sie auch die kulturellen Highlights in allen WM-Städten.

Wenn Russland den Titel nicht holt - wer könnte dann gewinnen?

Sorokin Wenn ich wüsste, wer Weltmeister wird, wäre ich reich. Ich wünsche als Russe natürlich meiner Mannschaft alles Gute. Aber als Organisator wünsche ich auch allen anderen, auch den Deutschen, viel Erfolg. Es ist ein weiter Weg ins Finale. Das schaffen nur die Besten.

Gregor Mayntz und Holger Möhle führten das Gespräch.

(may-/hom)
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