Zwei ehemalige Bundestrainer Klinsmann und Vogts — das neue US-Traumpaar

Düsseldorf · Die beiden ehemaligen Bundestrainer verbindet eine lange Freundschaft. Vogts soll für die Mannschaft der USA Trainingspläne machen und Gegner beobachten. Einer der Kontrahenten bei der WM ist Deutschland.

 Jürgen Klinsmann und Berti Vogts kennen und schätzen sich.

Jürgen Klinsmann und Berti Vogts kennen und schätzen sich.

Foto: dpa, au hak

Das ist eine Geschichte von Freundschaft, Verlässlichkeit und viel Geduld. Sie fängt 1979 an. Berti Vogts hatte genug davon, als Deutschlands bekanntester Terrier über die Rasenplätze zu grätschen. Er beendete — dekoriert als Weltmeister, fünffacher deutscher Meister und Europapokalsieger — seine Fußballer-Laufbahn und ging als Nachwuchstrainer zum DFB. Dort lief ihm bei einem Turnier an der portugiesischen Algarve ein ehrgeiziger junger Stürmer der U-16 über den Weg. Jürgen Klinsmann war sein Name. Es entwickelte sich eine enge Beziehung zwischen dem Trainer und dem Musterschüler, die bis heute hält. Sie ist um ein bemerkenswertes Kapitel reicher. Klinsmann, der Chefcoach der US-Mannschaft, holt seinen einstigen Förderer als Berater ins Trainerteam für die WM in Brasilien (12. Juni bis 13. Juli).

Vogts, der seinen Hauptberuf als Nationalcoach von Aserbaidschan behalten wird, verkauft das Engagement als Freundschaftsdienst. "Jürgen hat mich gefragt, ob ich helfen kann", sagte er "Bild online", "und ich habe ihm natürlich zugesagt." Helfen wird der eine frühere Bundestrainer dem anderen allerdings nicht nur durch väterlich-gütige Ratschläge in Ernährungs- und Bekleidungsfragen. Vogts soll die Gegner der USA beobachten und Trainingspläne entwickeln.

Da trifft es sich besonders schön, dass die US-Jungs im Gruppenspiel am 26. Juni auf die Auswahl des DFB treffen. Ausgerechnet. Denn auch für den DFB hat Vogts schon Pläne erstellt. Sie waren in der Regel sehr erfolgreich. Es war sein Trainingsprogramm, mit dem Teamchef Franz Beckenbauer 1990 den (vorerst) letzten Weltmeistertitel nach Hause holte — die meisten werden sich erinnern, dass auch Klinsmann in der Elf stand, die im Finale von Rom die Argentinier mit 1:0 bezwang. Vogts renovierte als Beckenbauers Amtsnachfolger auch das Betreuerwesen. Ärzte begleiteten fortan die Mannschaft ebenso wie Leistungsdiagnostiker und Spezialtrainer für bestimmte Mannschaftsgruppen. Heute ist das selbstverständlich, Anfang der 90er Jahre wurde der Kleinenbroicher dafür milde belächelt. Das lag vor allem daran, dass er als Fachmann mit den richtigen Ideen und einem tiefen Blick ins Wesen des Spiels immer viel besser war als in der Rolle des Öffentlichkeitsarbeiters.

Anders als auf dem Trainingsplatz, den er mit gebotenem Selbstbewusstsein locker beherrscht, verlor er sich im Scheinwerferlicht und im Bewusstsein beständiger Beobachtung in gedrechselten Formulierungen, die schon mal im Niemandsland endeten. Die deutschen Fans machten nur vorübergehend ihren Frieden mit Vogts, als er ein hervorragend funktionierendes Kollektiv zur Europameisterschaft 1996 führte. Sein Kapitän in der Endspiel-Mannschaft von London: Jürgen Klinsmann.

Ein paar Jahre später, als der deutsche Fußball am Boden lag, als selbst der Volkstribun Rudi Völler ratlos vom Amt des Teamchefs zurückgetreten war und in der DFB-Zentrale hilflos eine Trainerfindungs-Kommission gegründet wurde, machte Vogts Urlaub in den USA. Natürlich traf er sich dort mit seinem Vertrauten Klinsmann. In dessen Wahlheimat Kalifornien plauderten die beiden über Zukunftsmodelle für den Fußball im Heimatland. Vogts erinnerte an sein Konzept zur Nachwuchssichtung, das irgendwo in einer Schublade in Frankfurt vergraben war, und Klinsmann sprühte vor Einfällen. Vogts war begeistert und rief sofort beim DFB an. Damit begann das Sommermärchen, das es ohne Berti Vogts mithin nie gegeben hätte.

Dass Klinsmann seine alten Pläne zur Nachwuchsarbeit flugs auf die Tagesordnung holte, hat nicht unbedingt zu einem Mangel an Genugtuung beim EM-Trainer von 1996 geführt. Klinsmann setzte Vogts' Reformvorhaben lächelnd, aber mit der ganzen ihm so eigenen Eiseskälte durch. Und nun holt er sich den Sachverstand des einstigen Fürsprechers für die WM. Vogts sorgt für den theoretischen Hintergrund, das Trainerteam für praktische Durchsetzung auf dem Platz, und der begnadete Kommunikator Klinsmann verkauft das Produkt. Eine perfekte Arbeitsteilung. Der Schwabe Klinsmann träumte schon 2005 davon. Damals wollte er Berti Vogts als Technischen Direktor beim DFB durchsetzen. Aber das Präsidium des Verbands mit der legendären Doppelspitze Gerhard Mayer-Vorfelder/Theo Zwanziger hatte etwas dagegen. Vielleicht gibt es dafür im Sommer 2014 die späte Rache des US-Duos Klinsmann/Vogts.

(RP)
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