Dopingsumpf McLaren-Report wirft nächsten Schatten auf die WM in Russland

Frankfurt/Main · Als Folge des McLaren-Berichts tauchen erneut Fragezeichen hinter der Austragung der Fußball-WM 2018 in Russland auf.

 Das WM-Stadion in Kasan.

Das WM-Stadion in Kasan.

Foto: dpa, yk hm hak

Der russische Dopingskandal schockiert die ganze Sportwelt - doch ungeachtet der gravierenden Vorwürfe soll in 19 Monaten die Fußball-WM in Moskau angepfiffen werden. Die Betrügereien, die laut des McLaren-Berichts vom Staat gebilligt und sogar gelenkt worden sind, interessierten den Weltverband Fifa bislang nur wenig. Die Fragezeichen hinter die milliardenschwere Veranstaltung und die Rolle von Sportminister Witali Mutko setzen andere.

Politiker, Funktionäre und Doping-Experten fordern unmissverständlich den Ausschluss des russischen Sports. Die Einlassungen der Sportausschuss-Vorsitzenden Dagmar Freitag, von Clemens Prokop (Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbands) und Fritz Sörgel (Doping-Forscher) erlauben keinen Spielraum für Interpretationen. Als Folge müssten Russland die WM (14. Juni bis 14. Juli 2018) und zuvor bereits der Confed Cup (17. Juni bis 2. Juli 2017) entzogen werden.

Auch aus England werden ähnliche Stimmen laut. "Wie kann Russland der Fifa und der Welt glaubhaft versichern, dass es korrekte Anti-Doping-Maßnahmen während der WM geben wird", fragte der konservative Abgeordnete Damian Collins in der BBC.

Das Problem dabei ist allerdings, dass hinter der russischen Ausrichtung schon unzählige Fragezeichen standen. Doch trotz der Korruptionsvorwürfe rund um die Vergabe, der Kritik wegen des Ukraine-Konflikts sowie dem Auftritt von Hooligans, Nationalisten und Rassisten bei der zurückliegenden EM-Endrunde in Frankreich wurde am Turnier im Land von Staatspräsident Wladimir Putin nie ernsthaft gerüttelt.

Fifa-Boss prophezeit ein Fußballfest

Ganz im Gegenteil: Fifa-Präsident Gianni Infantino prophezeite, dass die Fans in Russland ein "Fußballfest" erwarte - obwohl im McLaren-Bericht auch 33 Dopingfälle im Fußball aufgeführt werden.

Mutko hört die Worte Infantinos nur zu gern. Schließlich bestreitet der Politiker, der gleichzeitig auch als Präsident des nationalen Fußballverbandes RFS fungiert, den Vorwurf des Staatsdopings.

"Wenn es Fakten gibt, werden sie untersucht. Aber es sollte eine echte Begründung für die Behauptungen geben, dass es eine Verschwörung oder ein staatliches Dopingprogramm gibt", sagte der Vertraute Putins, der zuletzt sogar zum Stellvertretenden Premierminister befördert wurde.

Fakten und Vorwürfe im Überblick
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Foto: rtr, NGH/RT

Doch nicht nur in Russland ist die Stellung Mutkos trotz aller Vorwürfe gegen seine Person exponiert. Der 58-Jährige sitzt auch im Fifa-Council. Ob der zweite Teil des McLaren-Berichts daran etwas ändert, bleibt abzuwarten.

Zwar haben die Ermittler der Ethikkommission damit begonnen, den zweiten Teil "eingehend zu prüfen", doch genau das haben sie schon nach dem ersten Teil angekündigt. "Sollte der Bericht Verstöße gegen das Fifa-Ethikreglement aufzeigen und sollten entsprechende Beweise vorliegen, wird die Untersuchungskammer geeignete Maßnahmen ergreifen und entsprechend informieren", sagte ein Kammer-Vertreter - und äußerte sich damit fast wortgleich wie im Juli.

Mutko sitzt für die Europäische Fußball-Union (Uefa) im Fifa-Council. Sein Mandat läuft im kommenden Frühjahr aus, der Funktionär will sich beim Uefa-Kongress in Helsinki (5. April 2017) aber zur Wiederwahl stellen. Aktuell läuft die sogenannte Fifa-Wählbarkeitsprüfung der Kandidaten. Über einen eventuellen Einfluss des McLaren-Reports auf Mutkos Kandidatur machte die Fifa keine Angaben.

Mutko ist allerdings nur ein Teil des russischen Fußball-Problems - das zeigte nicht nur der Hooligan-Skandal bei der EM. In den Stadien der russischen Liga kommt es immer wieder zu Zwischenfällen. Dunkelhäutige Spieler werden verunglimpft, auf dem Land soll es zu geplanten Prügel-Orgien zwischen gewaltbereiten Fans kommen.

Die Organisation Fare Network, die gegen Diskriminierung kämpft, teilte mit, sie sei "äußert besorgt", sollten Fans aus Afrika oder Asien in die WM-Städte reisen. Wie bereits vor den Olympischen Spielen 2014 in Sotschi mahnen verschiedene Organisationen auch die Feindseligkeit gegenüber Homosexuellen an.

Vorfreude auf ein "Fußballfest" kommt da eher nicht auf.

(sid)
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