Team-Porträt: Bosnien-Herzegowina WM-Debüt dank Ibisevic und Dzeko

Düsseldorf · Zum ersten Mal in der Geschichte reist die Auswahl Bosnien-Herzegowinas im Sommer zu einer Weltmeisterschaft - nach der Euphorie um die Qualifikation spüren Stümerstar Edin Dzeko und die zahlreichen Deutschland-Profis nun jedoch gewaltigen Erwartungsdruck.

 Die Nationalmannschaft aus Bosnien-Herzegowina hat erstmals die Qualifikation für eine WM geschafft.

Die Nationalmannschaft aus Bosnien-Herzegowina hat erstmals die Qualifikation für eine WM geschafft.

Foto: dpa, Fehim Demir

Die historische erste Qualifikation für eine Fußball-WM lag gerade erst vier Monate zurück, doch bei Edin Dzeko war jegliche Euphorie, jegliche Vorfreude auf Brasilien vorerst verflogen. Mit reichlich Wut im Bauch wandte sich der Stürmerstar Bosnien-Herzegowinas an einem Abend im vergangenen März an seine Landsleute.

"Ich möchte allen Fans danken, die uns unterstützen. Der Rest sollte sich schämen", schrieb der frühere Wolfsburger auf seiner Facebook-Seite: "Ich habe mich immer für diese Nationalmannschaft zerrissen."

Grund für den Frust Dzekos und seiner Nationalmannschaftskollegen war ein simples Länderspiel, eine 0:2-Niederlage gegen Ägypten, bei der das Team von den eigenen Fans lautstark ausgepfiffen worden war. An diesem Abend spürte die Auswahl von Trainer Safet Susic erstmals diese gewaltige Erwartungshaltung, diese Last, die sie nun auch zum Weltturnier in Brasilien (12. Juni bis 13. Juli) mitschleppt.

Das ganze Land hatte zuvor großes Selbstvertrauen aus dem Sieg in der WM-Qualifikationsgruppe G gezogen, und auch das Team traut sich nach den starken Auftritten einiges zu. "Wir fahren nicht nur dorthin, um Land und Leute kennenzulernen", sagt etwa Vedad Ibisevic vom VfB Stuttgart, "wir wollen unser Land auch auf dem Platz würdig vertreten."

Die hohen Ansprüche der Fans kommen dabei nicht von ungefähr, die Mannschaft ist gespickt mit Topspielern, viele davon bekannt aus der deutschen Eliteklasse. Neben dem früheren Bundesliga-Torschützenkönig Dzeko, heute bei Manchester City, ist etwa Kapitän Emir Spahic von Bayer Leverkusen eine feste Größe. Freistoßspezialist Sejad Salihovic läuft seit Jahren für 1899 Hoffenheim auf, und Rekordnationalspieler ist der frühere Wolfsburger Zvjezdan Misimovic (Guizhou Renhe/China). Insgesamt sieben Spieler im 23er-Kader Bosniens verdienen ihr Geld in Deutschland.

In der Heimat spricht man von einer "goldenen Generation", und in der Tat ist das WM-Debüt alles andere als purer Zufall. Bosnien-Herzegowina hat sich längst zu einer ernstzunehmenden Größe im Weltfußball entwickelt. 2004 und 2006 waren die "Drachen" nur knapp in den Qualifikationsgruppen zu EM und WM gescheitert, im Vorfeld der Weltmeisterschaft 2010 und der EURO 2012 wurde es noch enger: Erst in den Play-offs war jeweils Schluss. "Das war sehr bitter", sagt Ibisevic rückblickend, "macht aber diese Teilnahme umso schöner."

Nach dem viel kritisierten Ausrutscher gegen Ägypten hat Bosnien nun wieder in die Spur gefunden und in den letzten WM-Tests gegen die Elfenbeinküste (2:1) und Mexiko (1:0) beachtliche Siege gefeiert.

Doch die Fallhöhe ist weiter groß für die Auswahl, Fans und Medien in Bosnien haben lange auf diese erste WM-Teilnahme hingefiebert - und wollen nun Siege sehen. Trainer Susic weiß das und gibt seinen Spielern einen Rat mit auf den Weg.

"Die Gegenwart und die Zukunft sind in diesem Geschäft wichtiger, als die Vergangenheit", sagt der 59-Jährige: "Die Leute vergessen Geleistetes sehr schnell." Alles was nun zählt, sind die Gruppenspiele gegen Argentinien, Nigeria und Iran.

(sid)
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