DFB-Torfestival hatte auch seine Nachteile Weltmeisterschaft der Schnäppchenjäger

Düsseldorf · Mit der WM wird geworben, was das Zeug hält. Eine beliebte Idee von Ladenbesitzern: Rabatte für jedes deutsche Tor. Doch was machen die Geschäftsleute, wenn Klose, Müller & Co. in einem Spiel gleich sieben Tore schießen?

Ansturm auf Gratisbrötchen für jedes deutsche Tor
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Ansturm auf Gratisbrötchen für jedes deutsche Tor

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Einer der großen Gewinner des WM-Halbfinales zwischen Brasilien und Deutschland ist die niederrheinische Bäckereikette Büsch. Das Unternehmen hatte sich eine pfiffige Werbeaktion zum Turnier ausgedacht. Pro Tor der deutschen Mannschaft, so das Versprechen, würde jeder Kunde am Tag danach ein Brötchen gratis bekommen. Natürlich hatte bei der Kalkulation niemand damit gerechnet, dass ausgerechnet gegen die Selecao, die Vorräte knapp werden könnten. Und so kam es, wie es kommen musste. Die Kunden strömten in die Fillialen - und schon am Vormittag waren vielerorts die Brötchen aus. Stattdessen wurden im Laufe des Tages Gutscheine verteilt. "Wir haben unsere Kapazität voll ausgereizt, aber mit einem 7:1 ist nicht zu kalkulieren", sagt Geschäftsführer Michael Trosdorff. Für die Bäckerei durfte sich die Aktion alleine aus Marketinggründen aber dennoch gelohnt haben.

Auch in anderen Branchen haben Unternehmen Rabattaktionen mit der Anzahl der geschossenen Tore verknüpft. In Kleve hat die Marien-Apotheke beispielsweise fünf Prozent Preisnachlass pro deutschem Tor ausgelobt - gültig bis zum nächsten Spiel des Nationalteams am Wochenende. Dort hat man aber vorsorglich eine Deckelung von 25 Prozent eingeführt. "Sonst ist es für uns einfach nicht mehr wirtschaftlich vertretbar", berichtet Apothekerin Juliane Krone.

Deutschland, Land der Schnäppchenjäger. Nicht alle Aktionen scheinen indes bis zum letzten Prozent durchdacht. Da wäre zum Beispiel ein Gartencenter im ostwestfälischen Brakel. Dort stürmten die Kunden schon kurz nach Ladenöffnung auf die Verkaufsfläche und räumten ordentlich ab. Das lag an einer Aktion, die dem Geschäftsführer eine schlaflose Nacht beschert hatte. "Am darauf folgenden Tag erhalten Sie zehn Prozent Rabatt für jedes geschossene Tor der deutschen Fußballnationalmannschaft auf Ihren kompletten Einkauf", stand in einer Zeitungsanzeige des Gartencenters Ringk. Und weil eben gleich sieben Tore von deutschen Spielern erzielt wurden, zogen die Verkäuferinnen eben 70 Prozent vom regulären Preis an der Kasse ab. Im Laden tummelten sich bis zur Mittagszeit schon rund 300 Kunden, die Polizei vermeldete ein ausgewachsenes Verkehrschaos rund um das Geschäft. "Vielleicht hätten wir eine Obergrenze für den Rabatt angeben sollen. Aber mit einem solchen Resultat konnte man einfach nicht rechnen", bekundet Inhaber Stephan Ringk im Gespräch mit dem "Westfalen Blatt".

Er ist mit seinem Leichtsinn in guter Gesellschaft. Auch ein Sportladen in Osnabrück hat sich etwas zu offensiv ausgerichtet, als er ebenfalls mit zehn Prozent Rabatt warb. Bei einem Online-Optiker kosteten Gleitsichtbrillen statt 500 nur noch 150 Euro. Der Händler wollte indes besonders clever sein und hob seine Preise über Nacht gehörig an. Der Proteststurm ließ nicht lange auf sich warten. Mit Erfolg - die Ware wurde später mit den rabattierten Preisen ausgewiesen.

Eine Reinigung im Mönchengladbacher Stadtteil Hardt gewährt pro Treffer einen Euro Nachlass. WM-Rabattangebote brachten Mitarbeiter einiger Parfümerien mächtig ins Schwitzen. Dort gab es bis zu 30 Prozent Nachlass auf das Sortiment. Das Geschäft lohnt sich für die Einzelhändler. Durch Aktionen wie diese könnten Unternehmen ihren Gewinn vervielfachen, sagen Branchenkenner - wenn sie es nicht übertreiben.

Reichlich Bestellungen gab es am bei Pajam Herr, Chef des Pizza Point in Bad Kreuznach. Er hatte ebenfalls zehn Prozent Rabatt pro Tor versprochen - maximal aber 50 Prozent. "Heute holen 500 Prozent mehr Kunden ihre Pizza bei mir ab", sagt er. Verdienen werde er wohl an diesem Tag nichts. Für ihn sei dies aber eine gute Werbung.

Frust gab es vor einer Weinhandlung in Schwerin. Diese hatte mit fünf Prozent Rabatt je Tor (maximal 25 Prozent) geworben. Die Kunden standen vor verschlossenen Türen - wegen Krankheit geschlossen, hieß es auf einem Schild im Fenster.

(RP)
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