Wolfram Wuttke ist tot Einer der letzten Straßenfußballer

Leichlingen · Der ehemalige Nationalspieler Wolfram Wuttke ist im Alter von 53 Jahren gestorben. Jupp Heynckes, sein ehemaliger Trainer, würdigt ihn als "ein liebenswertes Schlitzohr".

Wolfram Wuttke im Trikot der Nationalmannschaft.

Wolfram Wuttke im Trikot der Nationalmannschaft.

Foto: Achim Scheidemann

Wolfram Wuttke kommt im grün-schwarzen Trainingsanzug. Sein Sohn Benjamin, ein Golfprofi, hat ihn aus dem münsterländischen Selm zum Talk "Wie isset?" nach Leichlingen in die "Therapieburg" gefahren. Wuttke plaudert über seine großen Zeiten auf Schalke ("Ich bin ein Schalker Kind"), bei Borussia Mönchengladbach, in Kaiserslautern, über seine Olympia-Teilnahme 1988 in Seoul, über seine vier Länderspiele. Und er spricht über seine Erkrankung an Brustkrebs.

Mit einem Glas Kölsch in der Hand grüßt er in die Kamera eines Fotojournalisten. Nach dem Talk isst er mit den Gästen Bratwurst vom Holzkohlegrill, mit Senf und Toast, vom Pappteller. Er ist im besten Sinne ein Mann des Volkes, ein ehemaliger Fußballstar zum Anfassen. Wuttke verteilt Autogrammkarten aus seiner großen Zeit Ende der 1980er Jahre. Auch da trug er Trainingsanzug: den weiß-schwarzen der Fußall-Nationalmannschaft. Auf die Frage nach seinem größten Wunsch zum 50. Geburtstag sagt er: "Gesundheit, das ist das Wichtigste".

Gut drei Jahre ist das her. Am Wochenende ist Wolfram Wuttke in einer Klinik im westfälischen Lünen gestorben. Mit multiplem Organversagen war er vergangene Woche ins Koma gefallen. Die Bild-Zeitung schrieb von einer Leber-Zirrhose. Zunächst hatte es geheißen, sein Zustand sei stabil.

Wuttke galt mal als eines der größten Talente im deutschen Fußball. Er konnte dribbeln, er konnte schießen, er konnte dirigieren, seine Eckbälle und Freistöße brachten Gefahr. Er begeisterte das Publikum vor allem in seinen vier Jahren auf dem Lauterer Betzenberg. Stilbildend waren seine Pässe mit dem Außenrist, die eine Generation von Jugend- und Amateurfußballern inspirierte.

Doch Wuttke galt auch als widerspenstig. Mit seinen Trainern rasselte er regelmäßig aneinander. Etwa mit Jupp Heynckes in seiner Gladbacher Zeit. Dass es der Mittelfeldspieler war, der dem in jungen Trainerjahren zu hochrotem Kopf neigenden Coach den Spitznamen "Osram" verpasste, ist allerdings nur eine Legende.

Heynckes würdigt Wuttke. "Für mich war Wolfram Wuttke ein begnadeter Fußballer und ein liebenswertes Schlitzohr, einer der letzten großen Straßenfußballer", sagte er unserer Zeitung, "sein früher Tod macht mich betroffen, und mein Mitgefühl gilt seiner Familie."

Wuttke machte nie ein Hehl daraus, dass die körperliche Fitness nicht zu seinen Stärken gehörte. Bei 1,70 Meter Körpergröße wog er als Profi bisweilen fast 75 Kilo. Er rauchte, zog am Abend vor einem Spiel ein Bier einer Cola vor. Das sei gesünder. "Waldläufe habe ich gehasst", sagte er im "11Freunde"-Interview. Er kam immer als Letzer an, "in Mönchengladbach gemeinsam mit Frank Mill, in Hamburg mit Jürgen Milewski. Und wir haben herzlich über all die Superjogger gelacht, die acht Stunden am Stück laufen konnten, aber auf dem Platz keinen Ball trafen". Wolfram Wuttke war ein Typ.

Nach der Karriere als Fußballer wurde es still um ihn. Mit seiner allenfalls rudimentären Ausbildung zum Bürokaufmann, die er unter Präsident Oscar Siebert als Jugendlicher beim FC Schalke 04 durchlief, konnte er nichts anfangen. Bei TuS Haltern war er Spielertrainer. Beim baden-württembergischen Oberligisten TuS Crailsheim versuchte er sich als Trainer und Sportdirektor. Seine Frau ließ sich von ihm scheiden. Und sein Sportgeschäft "Wolfram Wuttke Sportline" ging in Konkurs.

(RP)
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