Schwere Ausschreitungen vor Testspiel in Köln "Reines Glück, dass es nicht den ersten Toten gab"

Düsseldorf · Nach den schweren Krawallen zwischen gewalttätigen Anhängern des 1. FC Köln und von Schalke 04 fordert die Gewerkschaft der Polizei (GdP), dass sich die Fußballfans in ganz Deutschland von den Gewalttätern in den eigenen Reihen trennen.

Gewalt auf deutschen Fußballplätzen
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Foto: rponline

"Es war reines Glück, dass wir gestern nicht den ersten Toten beklagen mussten", sagte der nordrhein-westfälische GdP-Vorsitzende Arnold Plickert am Sonntag. "Aber wenn einzelne Fangruppen weiter brutalen Gewalttätern eine Bühne für ihre Straftaten bieten, ist es nur eine Frage der Zeit, bis es im Umfeld der Fußballspiele zu Toten kommt."

Bei Auseinandersetzungen hatte ein Schalke-Fan Kopfverletzungen erlitten. Er sei aber nach einer Notoperation außer Lebensgefahr, teilte die Polizei am Sonntag mit. Eine Mordkommission der Kriminalpolizei habe Ermittlungen aufgenommen. Rund 200 Anhänger beider Klubs hatten sich vor der Partie in der Innenstadt getroffen und aufeinander eingeprügelt.

Die GdP unterstützt ausdrücklich die Linie von NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD), der eine härtere Gangart gegenüber gewalttätigen Hooligans angekündigt hat. "Die gestern in Köln festgenommenen 50 Straftäter sind genau die Fußball-Intensivstraftäter, die Innenminister Jäger meint", sagte Plickert.

Entsetzen herrschte beim 2. Fan-Kongress in Berlin über die Krawalle am Wochenende in Köln, die ein Beispiel dafür lieferten, wie die Fan-Kultur in Zukunft nicht mehr aussehen soll.

Der zweite Fan-Kongress am Wochenende in Berlin wurde von den schweren Ausschreitungen am Samstag überschattet. Fans und Verbände nahmen den Vorfall betroffen zur Kenntnis, setzten ihre Arbeit für ein freundlicheres Stadionerlebnis jedoch bewusst fort.

"Diese Vögel werden wir mit keinem Konzept der Welt einfangen"

"Es ist schade, dass diese Dinge auch den Fan-Kongress überlagern. Aber diese Leute erreichen wir nicht. Diese Vögel werden wir mit keinem Konzept der Welt einfangen", sagte Geschäftsführer Andreas Rettig von der Deutschen Fußball Liga (DFL) vor den 700 Fan-Vertretern.

"Das, was da passiert ist, ist sehr erschütternd. Zum Glück geht es dem Verletzten wieder besser. Diese Leute wollen von uns nicht erreicht werden", sagte Fan-Vertreter Jakob Falk.

Rettig forderte die 86 Fan-Gruppen auf, ihrem Kampf für ein gewaltloses Stadionerlebnis in Zusammenarbeit mit der DFL fortzusetzen. "Dass, was in Köln passiert ist, darf uns nicht davon abhalten, dass wir uns die Hände reichen", sagte der frühere Bundesliga-Manager. Bei den Krawallen in Köln sollen sich Hooligans beider Vereine gezielt zu einer Prügelei getroffen haben.

Zudem für Aufregung beim zweitägigen Kongress sorgte die Absage von NRW-Innenminister Jäger. "In seinem Schreiben ist nur davon die Rede, dass man Intensivstraftäter im Fußball stärker verfolgen muss. Es wird nicht differenziert, das ist genau unser Problem", sagte Pressesprecher Sig Zelt vom mitausrichtenden Fan-Bündnis "ProFans", der den Brief als "Kampfansage" interpretierte.

In dem Punkt kritisierte Rettig die Fan-Vertreter. "Es kann nicht sein, dass man nur einige Sätze aus dem Brief eines Ministers veröffentlicht. Ich hätte den gesamten Brief online gestellt", sagte Rettig und erklärte: "Wenn immer nur Auszüge öffentlich gemacht werden, überlege ich mir für meinen nächsten Brief auch, ob ich lieber nur Bla-Bla schreibe."

Die Fan-Gruppen wollten in mehreren Arbeitskreisen vor allem das schlechte Verhältnis zur Polizei ansprechen. "Es kann nicht sein, dass Stadionverbote auf Verdacht ausgesprochen werden. Außerdem sorgen verdeckte Ermittler in den Fan-Kreisen für ein Klima der Angst", sagte Zelt, der Erleichterungen für die Fußball-Anhänger forderte.

Dass nach wie vor Gewaltszenen und Pyrotechnik das Image der Fußball-Fans belasten, war auf dem Kongress kein Tabuthema. "Zu unseren Bündnissen gehören leider nicht alle Stadionbesucher", sagte Zelt. Einige Gruppen hätten die Veranstaltung gemieden, weil sie sich nicht einer Anti-Rassismus-Erklärung anschließen wollten.

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) sammelte positive Eindrücke. "Ich habe heute viel zugehört und interessante Anregungen mitgenommen. Die Diskussionen verliefen gut und wurden von allen Beteiligten auf einem hohen Niveau geführt", sagte DFB-Generalsekretär Helmut Sandrock.

(dpa)
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