1860 bekommt keine Profi-Lizenz Ismaik lässt "Löwen" fallen

München · Die Zeiten des Profifußballs bei 1860 München sind vorerst vorbei. Weil Geldgeber Ismaik eine Millionen-Überweisung verweigert, muss der Traditionsverein in eine Amateurklasse, voraussichtlich in die Regionalliga. Der Investor will den Verein aber nicht verlassen.

Das ist 1860-Investor Hasan Ismaik
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Foto: dpa, geb nic hak

Bedrohlich schwarz hingen die Gewitterwolken über der Geschäftsstelle von 1860 München - der große Donner aber folgte in einer historischen E-Mail. Um kurz nach 15.30 Uhr verkündete Investor Hasan Ismaik am Freitag, dass er dem Traditionsverein eine dringend notwendige Zahlung von rund 10 Millionen Euro verweigere und der Profifußball an der Grünwalder Straße damit Geschichte sei. Die einst so stolzen und mittlerweile von Ismaik abhängigen "Löwen" werden in die Amateurklassen durchgereicht - wohin, das war zunächst unklar.

Zwar stellte der Bayerische Fußball-Verband (BFV) den Sechzigern eine Teilnahme an der Regionalliga in Aussicht, nannte aber deutliche Bedingungen für eine Eingliederung als 19. Team in Liga vier und bremste Ismaik indirekt in den Bestrebung nach mehr Macht bei 1860.

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Erst am Dienstag war mit dem sportlichen Abstieg des TSV aus der 2. Bundesliga ein Tiefpunkt in der Vereinshistorie erreicht. Dass Ismaik drei Tage danach aber tatsächlich den Daumen senkt, ist für den deutschen Meister von 1966 noch viel, viel schlimmer.

Ohne die vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) im Rahmen der Lizenzierung verlangte Millionenzahlung ist eine Teilnahme an der 3. Liga nicht möglich. Während sich etliche Vereinsverantwortliche, Trainer und Spieler in dieser Woche bereits aus dem Staub gemacht haben, scheint Ismaik gewillt, sein Investment nicht aufzugeben. "Auch in der 4. oder 5. Liga" wolle er den Löwen die Treue halten, hieß es.

Ende Mai 2011 hatte der Geschäftsmann aus Abu Dhabi den TSV mit seinem Einstieg vor der Insolvenz bewahrt und von einer glorreichen Zukunft in der Bundesliga und in der Champions League fantasiert. 2195 Tage später lässt er die Sechziger in die Niederungen des Amateurfußballs fallen! "Scheiß auf den Scheich! Scheiß auf sein Geld!", skandierten nach Bekanntwerden der Entscheidung Anhänger der Sechziger vor der Geschäftsstelle an der Grünwalder Straße.

Ismaik beteuerte, am Verein zu hängen. "Seine emotionalen Bindungen zu 1860 und sein Loyalität gegenüber den Fans bleibt stark", hieß es in der Mitteilung. Der Jordanier ist der Hauptanteilseigner und seit einiger Zeit praktisch der Alleinherrscher bei den "Löwen".

Als Grund für die weitreichende Entscheidung gab der unberechenbare Milliardär an, dass seine jüngsten Forderungen vom Stammverein nicht umgesetzt worden seien. Vertreter des e.V. betonten, die Statuten nicht zu Ismaiks Zufriedenheit ändern zu können. Am Abend betonte BFV-Präsident Rainer Koch angesichts offensichtlicher Bestrebungen Ismaiks, noch mehr Macht bei 1860 zu wollen, dass ein Amateurverein in Bayern immer "rechtlich unabhängig" sein müsse. Der Verband werde es nicht dulden, wenn Vereinsverantwortliche "von außen rechtlich beherrscht werden". Das schien zuletzt aber der Fall gewesen zu sein.

"Dass ich dazu gezwungen werde, eine solche Entscheidung zu treffen, macht mich traurig", schrieb Ismaik und behauptete, dass der Verein Steuerprobleme habe, die nicht angegangen würden. Seine "begründeten Forderungen" seien "seit Monaten auf taube Ohren gestoßen". Angeblich sieht Ismaik, der nicht in München weilte, sein Investment gefährdet.

Jetzt steht 1860 vor dem Nichts. Neben der sportlichen ist auch die organisatorische Zukunft im Stadtteil Giesing völlig offen. In dieser Woche waren Geschäftsführer Ian Ayre und Vereinspräsident Peter Cassalette zurückgetreten. Abstiegs-Trainer Vitor Pereira hatte schon nach dem Relegations-K.o. gegen Jahn Regensburg (1:1/0:2) vom Scheitern seiner Mission gesprochen und einen Weggang angedeutet.

"Wir haben bis zur letzten Sekunde versucht, Lösungen mitzutragen, soweit das rechtlich möglich ist", sagte Vizepräsident Heinz Schmidt. Er wurde vor der Geschäftsstelle immer wieder von Fans unterbrochen, die einen Auszug aus der verhassten Allianz Arena des Stadtrivalen FC Bayern und eine Rückkehr in das Grünwalder Stadion forderten. Diese bislang utopische Vorstellung könnte nun doch realistisch werden.

Den frei werdenden Platz in der 3. Liga will der SC Paderborn einnehmen. Der Verein gab am Freitag fristgerecht die Lizenzierungsunterlagen beim DFB ab.

(dpa)
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