Rassismus-Skandal in der 2. Liga 1860-Zuschauer beleidigen auch Özcan

Ingolstadt · Rassismus-Skandal in der 2. Bundesliga: Der dunkelhäutige U21-Nationalspieler Danny da Costa ist am Sonntag während des Spiels bei 1860 München von Zuschauern übel beleidigt worden. Den Löwen drohen Konsequenzen.

Auch Ramazan Özcan soll von Zuschauern beleidigt worden sein.

Auch Ramazan Özcan soll von Zuschauern beleidigt worden sein.

Foto: dpa, Stefan Puchner

Danny da Costa ist in Neuss am Rhein geboren, er ist in Deutschland aufgewachsen und spielt für die deutsche U21-Nationalmannschaft. Doch am Sonntag in München zählte das für einige Zuschauer, die der Profi des Fußball-Zweitligisten FC Ingolstadt wütend "Vollidioten" und "Schwachmaten" nennt, nicht. Da Costa ist Sohn eines Angolaners und einer Kongolesin, dunkelhäutig - deswegen wurde er während des Spiels bei 1860 München (0:1) auf das Übelste rassistisch beleidigt.

"Mehrere Leute meinten, bei Einwürfen oder Ballkontakten Sachen wie 'Nigger' oder 'Schwarzes Schwein' in meine Richtung rufen zu müssen. Immer, wenn der Ball in meine Nähe kam, gab es Affenlaute. Das war ein Scheißgefühl", sagte der 20-Jährige am Montag dem SID. Angesichts seiner Auftritte im deutschen Trikot zeigte er sich ganz besonders entsetzt: "Vor Kurzem habe ich noch für die U21 auf dem Platz gestanden und die deutsche Nationalhymne gesungen - und muss mich jetzt aufs Übelste beschimpfen lassen." Schlimmer Rassismus, in einem deutschen Stadion, in längst überwunden geglaubter Dimension.

Denn da Costas Kollege Ramazan Özcan soll von "Fans" der Löwen ebenfalls beleidigt worden sein. "Ich bin auch übelst beschimpft worden. Wir dürfen diesen Leuten einfach keine Plattform geben", zitierte die Süddeutsche Zeitung den Österreicher mit türkischen Wurzeln. FCI-Trainer Marco Kurz nannte die Vorfälle "Wahnsinn" und meinte: "Das hat hier nichts zu suchen. Da müssen die Antennen hoch gehen. Wir kennen die Zustände in Südeuropa, da ist es bedenklich, wenn sowas passiert."

Und die Antennen sind hochgegangen. Der Ordnungsdienst im Stadion machte einen Tatverdächtigen dingfest, 1860 zeigte diesen an. Ein Stadionverbot soll umgehend folgen. Zudem hat der Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) Ermittlungen eingeleitet. "Ohne Wenn und Aber steht der DFB zu seiner klaren Position, dass Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und jede Form der Diskriminierung nichts im Fußball noch in anderen Bereichen unseres Miteinanders zu suchen haben", sagte der stellvertretende Generalsekretär Stefan Hans.

Meyer verzichtet auf Sonderbericht

Schiedsrichter Florian Meyer (Burgdorf) hatte am Sonntag keinen Sonderbericht angefertigt. Der Referee war erst von da Costa auf die Beleidigungen aufmerksam gemacht worden, nahm den Vorfall aber in den Spielbericht auf. Außerdem hatte er die Begegnung kurz vor Spielende unterbrochen und eine Stadiondurchsage veranlasst.

Löwen-Geschäftsführer Robert Schäfer entschuldigte sich derweil bei da Costa und betonte: "Bei diesem Thema haben wir null Toleranz und verurteilen das aufs Schärfste." Zumal der Klub immer wieder mal Ärger mit einzelnen "Fans" aus der rechten Szene hat. Die Initiative "Löwen-Fans gegen Rechts" versucht seit geraumer Zeit, der Probleme Herr zu werden.

Da Costa nannte die sogenannten Fans "einfach nur Vollidioten. Das sind einfach Schwachmaten, die sollen zu Hause bleiben und ihre Wand beschimpfen."

Ein generelles Rassismusproblem im deutschen Fußball wie in den dunklen 80er Jahren sieht er jedoch nicht. "Ich glaube, das war ein Einzelfall, das ist so noch nie vorgekommen. Ich kannte so etwas nicht, ich bin ja hier geboren und aufgewachsen. Ich glaube, dass man das in Deutschland eigentlich gut im Griff hat, aber wenn einige Vollidioten aus der Reihe tanzen, kann man nichts machen."

Da Costa hatte am vergangenen Dienstag beim 0:0 gegen Frankreich sein Debüt in der deutschen U21 gegeben. Zuvor hatte er von der U17 bis zur U20 alle Junioren-Auswahlen des DFB durchlaufen.

Sein Mitspieler Ralph Gunesch, "mein Vertrauter im Team" (da Costa), war mit den Rassismusvorwürfen noch am Sonntagabend an die Öffentlichkeit gegangen. Er beklagte bei Facebook, Zuschauer "mit ihren drei trommelspielenden Gehirnzellen im Kopf" hätten seinen Kollegen schlimm beleidigt.

"Einen dunkelhäutigen Gegenspieler permanent als 'Scheiß Nr', 'Zurück in den Busch' zu beschimpfen und mit Affenlauten zu begleiten, zeigt nur, dass Euer IQ knapp über dem eines verbrannten Toastbrotes liegt", schrieb Gunesch: "Rassismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!!"

Auf die Frage, ob er auch selbst an die Öffentlichkeit gegangen wäre, antwortete Danny da Costa am Montag: "Ich weiß es nicht."

(sid)
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