Klage gegen Bochum eingereicht Goretzka reist nicht mit ins Trainingslager

Bochum · Leon Goretzka macht ernst. Die angekündigte Klage gegen seinen Arbeitgeber VfL Bochum ist mittlerweile bei Gericht eingegangen. Der VfL hofft im Tauziehen mit Schalke 04 um den 18-Jährigen auf die DFL als Schlichter.

Leon Goretzka bei der EM 2021: Der FC Bayern-Mittelfeldspieler im Porträt
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Das ist Leon Goretzka

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Foto: dpa/Matthias Hangst

Ein Ende des Transfergerangels um Leon Goretzka schien am Freitag kurz im Bereich des Möglichen. Das Ausnahmetalent, so bestätigte es Sportdirektor Christian Hochstätter, wird am Sonntag nicht mit dem Team seines (Noch-)Arbeitgebers VfL Bochum ins Trainingslager nach Willingen reisen. Hat sich der VfL nun also doch mit dem Revier-Rivalen Schalke 04 geeinigt? "Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun", betonte Hochstätter schnell, "Leon hat nächste Woche in der Schule zwei wichtige Prüfungen. Da besteht Anwesenheitspflicht."

Dass Goretzkas Liebe zum VfL, dessen Spiele er schon als Kind im Stadion verfolgt und bei dem er alle Jugendmannschaften durchlaufen hat, bis auf Tiefkühlniveau erkaltet ist, bekam der Klub am Freitag quasi schriftlich. Die Zivilklage des 18-Jährigen liegt dem Arbeitsgericht Bochum seit Donnerstagnachmittag vor. Mögliche Hoffnungen in der VfL-Chefetage, Goretzka könnte doch nur Worte als Druckmittel nutzen und nicht Taten, waren damit verflogen.

"Das ändert gar nichts", sagte Hochstätter allerdings dem SID, als er am Freitagmittag erstmals von der Existenz der Klage erfuhr. Bislang lag dem Klub nur eine "Absichtserklärung" von Goretzkas Anwälten vor. Doch der Junioren-Nationalspieler meint es ernst. Goretzka will unbedingt den nächsten Schritt machen und sein unbestritten riesiges Talent künftig nicht mehr in der 2. Liga, sondern im Oberhaus und in der Champions League unter Beweis stellen.

Vertragsdetails bleiben unter Verschluss

Worum es genau geht in dem Streit, wissen nur wenige Eingeweihte, denn die entscheidenden Vertragsdetails sind nach wie vor unter Verschluss. Schalke geht von der Existenz einer Ausstiegsklausel in Höhe von 2,8 Millionen Euro aus, Bochum von der Gültigkeit seines noch bis 2016 laufenden Arbeitspapiers unabhängig von jeglicher angeblich fixierter Ablösesumme. Der Rest bewegt sich im Bereich von Spekulationen.

Angeblich soll es eine Ausstiegsklausel geben, die aber nach Auffassung des VfL ihre Gültigkeit verloren hat, weil gegen eine ebenfalls vertraglich fixierte Schweigeklausel verstoßen worden sein soll. Ob die Haltung der Bochumer nur den verzweifelten Versuch darstellt, eine im vergangenen Jahr bei der vorzeitigen Vertragsverlängerung mit Goretzka erstaunlich niedrig angesetzte Ausstiegssumme zu korrigieren, ist unbekannt.

Die Bochumer sind jedenfalls zu erneuten Verhandlungen mit Schalke bereit. Man habe eine Schlichtung durch die Deutsche Fußball Liga (DFL) "angeregt", sagt Hochstätter, wie die Schalker darauf reagiert haben, ist ihm bislang nicht bekannt. "Wir sind kompromissbereit, aber nicht zu den Konditionen, die Schalke bisher aufruft", sagt Hochstätter: "Ich hoffe aber im Interesse aller, dass dieser Fall nicht vor Gericht landet." Zwischen dem Eingang einer Klage und einer Verhandlung liegen auch zivilrechtlich noch Schlichtertermine.

Der Spieler selbst äußert sich zu seinem Fall nicht. Anfragen nach den Trainingseinheiten, die er mit dem Bochumer Team mittlerweile so absolviert, als sei nichts gewesen, beantwortet er mit einem Kopfschütteln. Ihm dürfte Hoffnung machen, dass wirklich alle Beteiligten von seinem Wechsel profitieren würden - selbst der VfL, der auch knappe drei Millionen Euro angesichts einer sehr angespannten Kassenlage sehr gut gebrauchen könnte.

Und Schalke? Was Goretzka so wertvoll macht, hat er in nur 32 Einsätzen für den VfL in der abgelaufenen Zweitliga-Saison eindrucksvoll bewiesen. Zu den durchaus bei mehreren deutschen Top-Talenten vorhandenen Qualitäten - gute Technik, hervorragendes Spielverständnis, riesiger Lerneifer - gesellt sich bei Goretzka eine Begabung, die ihn in seiner Alterklasse wohl einmalig macht: Er besitzt eine beeindruckende körperliche Präsenz und ist auf dem Boden und in der Luft enorm zweikampfstark.

Peter Neururer bezeichnet Goretzka als "Jahrhunderttalent". Der VfL-Coach, der gerne mal übertreibt, könnte mit dieser Einschätzung tatsächlich richtig liegen.

(sid/seeg)
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