Tod der Radsport Ganz Italien trauert um Gino Bartali

Rom (dpa). Ganz Italien trauert um seine Radsportlegende Gino Bartali (Foto). "Es ist, als wäre der Papst gestorben", sagte einer der letzten Weggefährten des "Championissimos", Alfredo Martini am Samstag. Auf allen Sportplätzen Italiens wurde am Wochenende mit einer Gedenkminute an den zweifachen Tour-de-France-Sieger und dreimaligen Gewinner des Giro d´Italia erinnert, der am Freitag in seinem Haus in Ponte a Ema bei Florenz wenige Wochen vor seinem 86. Geburtstag einem Herzinfarkt erlegen war.

Alle Zeitungen des Landes würdigten Bartali, einen der größten Radsportler aller Zeiten, am Samstag auf ihren Titelseiten. Die größte Sporttageszeitung Italiens, die "La Gazzetta dello Sport", widmete "dem letzten Giganten des Radsports" ihre kompletten ersten vier Seiten. "Addio Bartali, die letzte Legende des Radsports und ein Stück italienischer Geschichte ist gestorben", schrieb "La Repubblica".

"Bartali hat Italien Momente großer Freude geschenkt und unserem Land nach dem Krieg wieder Mut und Selbstvertrauen gegeben", würdigte Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi den Radsportler. Historiker behaupten gar, Bartali habe Italien vor einer blutigen Revolution bewahrt, als er 1948 am Tag des Attentats auf den italienischen Kommunistenführer Palmiro Togliatti mit seinem Etappensieg bei der Tour de France für einen gemeinsamen Jubel der verfeindeten Linken und Rechten in Italien gesorgt habe. "Bartali hat die Italiener von der Idee der Revolution abgelenkt", zitierte die "La Gazzetta dello Sport" am Samstag den damaligen Staatspräsidenten Luigi Enaudi.

In den 30er und 40er Jahren hatte der Mann mit der rauen Stimme den Radsport dominiert wie wenige andere. "Der König der Berge" (Corriere della Sera) wurde als "Maestro" gefeiert. Bei seinen Fans war Bartali auch wegen seiner asketischen Lebensweise und seiner tiefen Gläubigkeit beliebt. "Seine Kraft nahm er aus dem Glauben", sagte Martini. Bartalis größter Wunsche sei es gewesen, beim Start des 83. Giro d´Italia in diesem Jahr am 13. Mai in Rom Papst Johannes Paul II. zu treffen, berichtete die "La Gazzetta dello Sport". Der Giro ehrt Bartali mit der ihm gewidmeten neunten Etappe am 22. Mai in der Nähe seines Heimatortes in der Toskana.

Zur Legende wurde Bartali auch durch seine packenden Duelle mit seinem fünf Jahre jüngeren Landsmann und Dauerrivalen Fausto Coppi. Die Rivalität zwischen den beiden spaltete die ganze Nation in Coppi- und Bartali-Anhänger. Trotz aller sportlichen Rivalität, die auch mit Wortgefechten in der Öffentlichkeit ausgetragen wurde, blieben die beiden Kontrahenten dennoch immer faire Sportler. Als sich die beiden Rivalen bei einer Bergetappe der Tour de France 1952 gegenseitig die Wasserflasche weiterreichten, ging das Bild um die Welt.

Zu Bartalis größten Erfolgen zählten die Siege bei der Tour de France 1938 und 1948 sowie seine drei Erfolge beim Giro d´Italia 1936, 1937 und 1946. Immer wieder erzwang Bartali die Entscheidung an den Steigungen. Deshalb wolle er auch nach seinem Tod nicht ins Paradies. "Das Fegefeuer ist besser, da kommt dann noch eine Steigung", hatte Bartali einmal gesagt. Am Montag wird Bartali auf eigenem Wunsch im engsten Familienkreis beerdigt.

(RPO Archiv)
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