Weltreiterspiele Gold! Die Dressurwelt ist wieder in Ordnung

Caen/Rheinberg · Die Equipe mit der Rheinbergerin Isabell Werth hat bei den Weltreiterspielen in Frankreich gewonnen.

Weltreiterspiele: Gold! Die Dressurwelt ist wieder in Ordnung
Foto: ap

Falsche Bescheidenheit war Isabell Werths Sache nicht, als sie sich vor ein paar Tagen auf den Weg zu den Weltreiterspielen in die Normandie machte. "Ich glaube, dass es nicht vermessen ist, wenn wir uns als ein Titelaspirant sehen. Deutschland ist in der Breite so gut aufgestellt wie schon lange nicht mehr", sagte die 45-jährige Dressurreiterin aus dem niederrheinischen Rheinberg im Gespräch mit unserer Zeitung, "wenn unsere Pferde ihre Leistungen vom CHIO in Aachen bestätigen, müsste Deutschland nicht zu schlagen sein."

Gesagt, getan. Deutschland war gestern tatsächlich nicht zu schlagen. Die Dressur-Equipe holte Gold. Und das obwohl Totilas, der einstige Wunderhengst, wegen einer Verletzung, die er sich mit einem Tritt selbst zugefügt hatte, fehlte. Isabell Werth war im Team mit Kristina Sprehe, Fabienne Lütkemeier und Helen Langehandenberg die herausragende Reiterin. Auf Bella Rose, einer zehnjährigen Stute, lieferte sie das beste Ergebnis in der deutschen Mannschaft.

Sechs Jahre ist es her, dass die erfolgsverwöhnte Reiterin zuletzt bei einem Wettbewerb von weltweiter Bedeutung ganz oben auf dem Treppchen stand. Damals gewann die Mannschaft in Hongkong, wohin die olympischen Wettbewerbe von Peking wegen der chinesischen Quarantänebestimmungen ausgelagert worden waren.

Werth schwärmte gestern von Bella Rose: "Ich bin überrascht, dass sie so cool und ruhig war. Sie ist eine Diva, aber inzwischen eine souveräne Diva." Mit nun siebenmal Gold ist die Juristin vom Niederrhein 25 Jahre nach ihrem ersten Championat, der Europameisterschaft 1989 in Luxemburg, die beste WM-Teilnehmerin überhaupt. Im Grand Prix Special wird sie indes nicht mitwirken können, da ihr Pferd eine Entzündung am Huf hat. Erste Kandidatin auf den Sieg ist Charlotte Dujardin. Die britische Reiterin gewann vor zwei Jahren mit Valegro bei den Olympischen Spielen in London Doppel-Gold und erzielte auch im Teamwettbewerb der WM das beste Einzelergebnis.

Werths Karriere war zuletzt ins Stocken geraten. Erst in diesem Frühling hatte das Große Schiedsgericht der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) ein Verfahren gegen sie wegen verbotener Medikamentegabe an das Pferd El Santo eingestellt. Nach Ansicht der Kammer handelte es sich nur um einen leichteren Verstoß gegen das Reglement. Die sechsmonatige Sperre wegen Verletzung der Sorgfaltspflicht wurde aufgehoben, Werth kam mit einer Geldstrafe von 2000 Euro davon. 2009 war sie für ein halbes Jahr wegen Dopings gesperrt worden, weil bei ihrem Pferd Whisper die verbotene Substanz Fluphenazin nachgewiesen worden war. Doch gestern lagen diese dunklen Tage weit zurück.

Es gab Jahrzehnte, in denen Gold für deutsche Dressur-Equipen selbstverständlich war. Bei elf Olympiastarts - von Tokio 1964 bis Hongkong 2008 - hatte die Equipe zehnmal Gold und nur einmal Silber geholt. Bei allen Weltreiterspielen von 1990 bis 2006 erklang nach der Entscheidung im Viereck die deutsche Hymne. Doch die Zeiten schienen vorbei. Bronze bei der WM 2010 in Kentucky, Silber vor zwei Jahren in London - das waren angesichts der Überlegenheit in den Jahrzehnten schlechte Ergebnisse. Die Welt des Dressur rückte enger zusammen, Niederländer und Briten überflügelten Deutschland sogar. "Kein Land wird den Reitsport je wieder über Jahrzehnte hinweg so dominieren, wie wir es einmal getan haben", sagte Dennis Peiler, Sportchef der Deutschen Reiterlichen Vereinigung, vor Beginn der Weltreiterspiele. Es war dennoch nicht so, dass die Vertreter der FN zurückhaltend nach Frankreich gereist wären. "Unser Anspruch ist hoch. Wir wollen als Pferdesportnation ganz oben dabei sein", hatte Peiler gesagt. Der Wunsch war Werth Befehl.

(RP)
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