Zweitrunden-Aus Haas verabschiedet sich mit Stil aus Wimbledon

Als die erste Chance sich bot, erwachte der Kampfgeist in Tommy Haas. Mehr als eine Stunde lang war der Altmeister im Aufschlaggewitter des Kanadiers Milos Raonic untergegangen, es drohte die deutlichste Demütigung seiner Wimbledon-Karriere, doch so wollte er sich nicht verabschieden.

Wimbledon 2015: Tommy Haas scheitert an Milos Raonic
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Haas scheitert an Raonic

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Das Aufbäumen war zwar letztlich nicht erfolgreich, zeigte jedoch, wie groß Haas' Ehrgeiz im biblischen Tennisalter von 37 Jahren noch immer ist.

0:6, 2:6, 7:6 (7:5) und 6:7 (4:7) unterlag der unermüdliche Kämpfer in der zweiten Runde von Wimbledon und verließ den 11.000 Zuschauer fassenden Court 1 unter großem Applaus seiner Fans. "Wenn ich das alles sehe, habe ich das Gefühl, dass sich die letzten zwölf Monate für mich gelohnt haben", sagte Haas, der erst Anfang Juni nach mehr als einem Jahr Verletzungspause auf die Tour zurückgekehrt war.

Zverev verliert in Runde zwei

Wimbledon 2015: Alexander Zverev in Runde zwei ausgeschieden
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Grand-Slam-Debütant Zverev in Runde zwei ausgeschieden

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Foto: dpa, ed

Ebenfalls ausgeschieden ist Grand-Slam-Debütant Alexander Zverev, der jüngste Spieler im Feld. Der 18-Jährige aus Hamburg unterlag am mit bis zu 35,7 Grad heißesten Tag der Wimbledongeschichte dem US-Amerikaner Denis Kudla 3:6, 6:3, 6:7 (2:7), 4:6.

"Wenn mir jemand vor zwei Wochen gesagt hätte, dass ich hier insgesamt acht Sätze spiele und mich danach ganz gut fühle, hätte ich das sofort genommen", sagte Haas, der sich nach seinem Sieg in Runde eins in den Statistikbüchern des All England Club verewigt hatte. Die führen ihn nun als ältesten Spieler nach US-Legende Jimmy Connors im Jahr 1991, der ein Spiel beim bedeutendsten Tennisturnier der Welt gewonnen hat.

Zu mehr reichte es in diesem Jahr jedoch nicht, mehr ließ vor allem die viermal operierte Schulter nicht zu. Ob Haas im kommenden Jahr noch einmal - dann zum 16. Mal - in Wimbledon aufschlägt, ist fraglich, am Ende der Saison will er entscheiden, ob ein weiteres Jahr in der Knochenmühle Profitennis für ihn noch Sinn macht. "Noch habe nicht das Gefühl, aufhören zu müssen", sagte Haas, "wenn es so weiter geht, habe ich nichts dagegen, hier noch einmal aufzuschlagen".

Gegen Raonic sah es zunächst so aus, als wäre Haas lieber in seiner Wahlheimat Los Angeles geblieben. Bei schwül-warmen Temperaturen um 30 Grad trottete der gebürtige Hamburger von einer Seite zur anderen, zwei Sätze lang erreichte er kaum einen Aufschlag des Weltranglistenachten, der bis zu 233 km/h servierte. Haas selbst schlug im Schnitt 60 Stundenkilometer langsamer als Raonic auf, der zunächst auch exzellent returnierte.

In jüngeren Jahren hätte er zu diesem Zeitpunkt seinem Temperament freien Lauf gelassen, diesmal zügelte er sich und wartete geduldig auf seine Chance, endlich ins Match zu finden. Auf der Tribüne überschlug sich die Stimme seiner Verlobten Sara, die unentwegt anfeuerte. Mit Erfolg: Haas' erste Breakchancen im gesamten Match bedeuteten Satzbälle in Durchgang drei. Die wehrte Raonic zwar mit zwei seiner insgesamt 29 Asse ab, doch im Tiebreak gelangen Haas die entscheidenden Punkte.

Plötzlich sahen die Zuschauer auf Court 1, der zweitgrößten Bühne der Anlage an der Church Road, ein ausgeglichenes Match. Das hatten sie sich gewünscht und Haas entsprechend nach vorne gepeitscht. Noch einmal flackerten Erinnerungen an 2009 auf - Haas' bestem Jahr in Wimbledon, in dem er das Halbfinale erreicht hatte. Vier Matchbälle wehrte er noch ab, ehe er sich nach 2:34 Stunden Spielzeit zufrieden und mit Stil aus Wimbledon verabschiedete.

(sid)
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