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Handball-WM Jannik Kohlbacher — Überflieger mit Bodenhaftung

Rouen · Jannik Kohlbacher hat sich in einem halben Jahr aus der zweiten Liga in die Handball-Nationalmannschaft gearbeitet. Bei der WM in Frankreich ist er aus dem deutschen Team nicht wegzudenken.

 1,93 Meter Körpergröße, 113 Kilo und 21 Jahre: Jannik Kohlbacher.

1,93 Meter Körpergröße, 113 Kilo und 21 Jahre: Jannik Kohlbacher.

Foto: afp

Ein Lächeln huscht über das Gesicht von Jannik Kohlbacher. "Wenn er das sagt. Er hat ja sehr viel Handballverständnis bewiesen." Er, das ist Dagur Sigurdsson. "Jannik ist im vergangenen Jahr reifer geworden", erklärt der Bundestrainer. "Er hat sich in der Abwehr enorm verbessert, ist stark im Angriff. Er hat alle Möglichkeiten, Weltklasse zu werden." Kohlbacher nimmt das Kompliment zur Kenntnis, es freut ihn und spornt ihn an, lässt ihn aber nicht abheben. "Ich muss mich weiter in der Bundesliga beweisen", stellt er klar.

Innerhalb eines halben Jahres aus der zweiten Liga (TV Großwallstadt) in die Nationalmannschaft - ein Aufstieg, mit dem das Kraftpaket (113 Kilo bei 1,93 m Körpergröße) nicht gerechnet hatte. Gerade mal 25 Länderspiele (Debüt im November 2015) stehen in seiner Vita mit dem EM-Triumph in Polen als erstem Höhepunkt. Die Olympischen Spiele in Rio erlebte er als Zuschauer. "Bis eine Woche vor der Nominierung gehörte ich dazu. Die Entscheidung konnte ich aber nachvollziehen. Danach habe ich noch härter gearbeitet. Noch einmal wollte ich mir einen Traum nicht vor der Nase wegnehmen lassen."

Beim Bundesligisten HSG Wetzlar wurde er in dieser Saison zum Notnagel - und profitierte davon. "Wo es brennt, bin ich da. Ich spiele alle fünf Minuten auf einer anderen Position in der Abwehr", sagt Kohlbacher. Er steht auch im Nationalteam auf der rechten und linken Seite seinen Mann. An ihm vorbeizukommen, ist nicht leicht. Als Jüngster des WM-Kaders hat er wie der ebenfalls 21 Jahre alte Berliner Paul Drux spezielle Aufgaben zu erledigen. "Wir nehmen zum Training die Bälle mit oder tragen die Eisbox, eine Tasche oder Koffer. Es gibt immer etwas zu tun. Aber das ist okay", sagt Kohlbacher. Gegen Chile war er mit acht Treffern der erfolgreichste Werfer der deutschen Mannschaft, die heute gegen Saudi-Arabien (17.45 Uhr/handball.dkb.de) vor dem nächsten Pflichtsieg steht. Groß gejubelt hat er nicht. "Es ging nur darum, das Programm im Kopf abzuspulen und konzentriert zu bleiben. Wenn es wieder spannender wird, kommen auch mehr Emotionen dazu", sagt der Profi.

Spekulationen über die Lücken im Haarschopf

In Rouen teilt er sich ein Zimmer mit dem "verrückten Wolff" (Kohlbacher). Andreas Wolff, der im Sommer nach Kiel ging, kennt er aus gemeinsamen Zeiten in Wetzlar. "Ich bin schon sehr ehrgeizig, aber an ihn komme ich nicht ran", erzählt Kohlbacher. Beim Bankdrücken ist er allerdings die Nummer eins. 160 Kilo kann der Torhüter nicht toppen. Aber: "Zu viel Krafttraining kann ich nicht machen, dann explodieren bei mir die Muskeln. Da habe ich eine Woche später gleich zwei, drei Kilo mehr drauf", erklärt Kohlbacher. Dass er um den WM-Titel kämpfen kann, ist nicht selbstverständlich. Kohlbacher, der als Rückraumspieler begann, überlebte einen schweren Unfall. Opa Winfried, selbst Handballer, fuhr den 15 Jahre alten Enkel zum Training beim TV Großwallstadt. Ein Auto schnitt die Kurve. Der Großvater lag monatelang im Koma, ein Bein wurde ihm amputiert. Jannik erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma, konnte aber nach einer Woche die Klinik verlassen.

Wenn es die Zeit zulässt, geht Kohlbacher ans Wasser. Sehr oft mit seinem Wetzlarer Klubkameraden Philipp Weber, der erst kurz vor der WM aus dem Kader gestrichen wurde. "Beim Angeln kann ich sehr gut abschalten und den Kopf freibekommen", betont der Europameister. Im Fernstudium beschäftigt er sich mit Medien- und Sportmanagement. Doch Priorität hat der Handball.

Sein Vertrag endet im Sommer 2018. Natürlich reizt die Chance, mit einem Topklub in der Champions League zu spielen. "Ich fühle mich aber superwohl. Und ich bin noch jung", betont Kohlbacher. Eitelkeit ist ihm fremd - auch was sein Haupthaar betrifft. Immer wieder wird er auf die Lücken in der Haarlücken angesprochen. "Es gibt Spekulationen, aber keine Diagnose, geschweige denn ein Mittel dagegen. Vor einem Jahr hatte ich noch längere Haare. Da wurde immer schön drüber gegelt. Ich kann damit leben", sagt Kohlbacher. Und wieder huscht ein Lächeln übers Gesicht.

(RP)
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