Brand und Co. nicht bei Wunderlich-Trauerfeier Druck auf Handball-Spitze wächst

Hamburg · Im deutschen Handball rumort es. Unter anderem fordert Ex-Bundestrainer Vlado Stenzel Neuwahlen an der Verbandsspitze. Der Grund: Bei der Trauerfeier für Erhard Wunderlich in Augsburg war kein einziger DHB-Vertreter vor Ort.

Knapp drei Monate vor der WM hängt der Haussegen im deutschen Handball gehörig schief, die Verbandsspitze um Präsident Ulrich Strombach und Manager Heiner Brand ist schwer unter Beschuss geraten. Weil bei der Trauerfeier für Erhard Wunderlich am vergangenen Mittwoch in Augsburg kein Vertreter des Deutschen Handballbundes (DHB) vor Ort war, fordert Ex-Bundestrainer Vlado Stenzel sogar eine sofortige Neubesetzung des Gremiums.

Während Brand, der am Tag der Zeremonie in einem langfristig geplanten Urlaub war ("Gar nicht in Deutschland"), sich zur heftigen Kritik seines Vorgängers "weder äußern noch gar rechtfertigen" wollte, zeigte DHB-Vize Horst Bredemeier Verständnis. "Ich muss mit der Kritik leben und kann durchaus verstehen, dass Vlado menschlich enttäuscht ist", sagte Bredemeier dem Sport-Informations-Dienst (SID): "Es ist grundsätzlich die Pflicht des DHB, einem so großen Handballer die letzte Ehre zu erweisen". Er selbst habe sich beizeiten im Rahmen einer Präsidiumssitzung aus privaten Gründen offiziell für diesen Termin abgemeldet.

Präsident Strombach war für eine Stellungnahme auf SID-Anfrage nicht zu erreichen. Im Gespräch mit Sport Bild Plus gab er ohne nähere Erklärung an, er sei verhindert gewesen.

Vlado Stenzel, Weltmeister-Trainer von 1978, hatte den DHB heftig attackiert. "Tiefer kann ein Verband nicht sinken, als bei der Beerdigung eines seiner wichtigsten Spieler nicht mit Vertretern der Verbandsspitze anwesend zu sein", sagte Stenzel dem Online-Medium: "Es ist eine Schande, wie sich der DHB verhalten hat, und das ist nur ein weiterer Beweis, wie schwach der DHB in seiner Spitze ist. Der deutsche Handball ist am Boden. Am besten wäre es, durch sofortige Neuwahlen eine neue Spitze für den DHB zu finden."

Schobel: "Wo waren die Spieler von 78?"

Ex-Bundestrainer Simon Schobel zeigte sich derweil enttäuscht und verwundert: "Seit meinem Rückzug als Bundestrainer habe ich mich aus jeglichen Diskussionen rausgehalten, doch jetzt habe ich zu große Schmerzen und frage mich ständig, wo war denn der Rest? Wo waren die Spieler von 78? Wo waren die Spieler von 84? Wo waren die Funktionäre und der Trainerstab des Deutschen Handballbundes?", schrieb Schobel, der zur Trauerfeier 1300 km aus dem rumänischen Hermannstadt angereist war, in einem bei Kicker.de veröffentlichten offenen Brief an Wunderlich.

Auch Kurt Klühspies, Weltmeister von 1978, und Torwart-Legende Andreas Thiel kritisierten die Funktionäre für deren Fernbleiben bei der Trauerfeier des am 4. Oktober gestorbenen Jahrhundert-Handballers Wunderlich. "Das geht gar nicht und ist ein absolutes No-Go. Es gibt Termine, bei denen man einfach aufzuschlagen hat", sagte Thiel dem SID. Klühspies fasste die Stimmungslage zusammen: "Für den deutschen Handball und uns Handballer war es aus meiner Sicht eine Riesenenttäuschung."

Es ist nicht das erste Mal, dass die DHB-Führung um Präsident Strombach unter Beschuss gerät. Nach Platz sieben bei der EM zu Jahresbeginn in Serbien und der verpassten Olympia-Qualifikation hatte Nationaltorhüter Silvio Heinevetter mehrfach den Rücktritt von Strombach gefordert. Und auch Bob Hanning, Heinevetters Vereinsmanager bei den Füchsen Berlin, forderte zuletzt immer wieder gravierende strukturelle Änderungen im DHB und ein nach innen und außen modernisiertes Profil des Verbandes ein.

(sid)
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