Handball-Bundesligist Nordhorn vor Zwangsabstieg Glandorf wechselt sofort nach Lemgo

Nordhorn (RPO). Handball-Nationalspieler Holger Glandorf hat die Konsequenzen aus der finanzellen Schieflage bei der HSG Nordhorn gezogen und seinen sofortigen Wechsel zum Bundesliga-Konkurrenten TBV Lemgo verkündet. "Alle wollten ihn, wir haben ihn", titelte Lemgo in seiner Pressemitteilung.

Als Glandorf schweren Herzens seinen Abschied verkündete, gab es beim insolventen Bundesligisten HSG Nordhorn plötzlich wieder Hoffnung auf ein Happy End. "Mein Weggang ist das Beste, was ich für meinen Verein noch tun kann. Ich hoffe sehr, damit helfen zu können. Aber natürlich hätte ich die Saison für Nordhorn gerne zu Ende gespielt", sagte Weltmeister Glandorf, der am Sonntag im Achtelfinal-Hinspiel des Europacups letztmals das Trikot seines Stammklubs trug. Danach wechselt er zum Ligarivalen TBV Lemgo.

Wegen drohender Zahlungsunfähigkeit wird der Verein aus der Grafschaft am Montag beim Amtsgericht Nordhorn Insolvenz anmelden. Ein Zwangsabstieg wäre unausweichlich, wenn in der Folge tatsächlich ein Insolvenzverfahren eröffnet wird. Ebenfalls am Montag wird der 25-jährige Glandorf offiziell beim TBV Lemgo vorgestellt. "Ich bin stolz, dass Holger zu uns kommt. Er ist ein wertvoller Baustein für unsere Mannschaft", meinte TBV-Manager Volker Zerbe. Bereits seit Monaten hatte der Tabellenzweite neben etlichen anderen Topklubs um Glandorf geworben.

Für die Ostwestfalen wird der 1,95 m große Linkshänder, der einen Vertrag bis 2011 erhält, erstmals kommenden Samstag spielen. Dann steht ausgerechnet das Duell mit den Rhein-Neckar Löwen an. Die finanzstarken Nordbadener hatten bis zuletzt mit einem lukrativen Angebot um Glandorf gebuhlt. Das Nordhorner Urgestein, das seit 1999 für seinen Lieblingsverein spielt und dort tief verwurzelt ist, reagierte aber erst am Freitag auf die Abwerbungsversuche und entschied sich für Lemgo.

Kurz zuvor waren die HSG-Spieler über die drohende Insolvenz informiert worden. Der Tabellenneunte konnte zuletzt nicht mal mehr die Gehälter zahlen. Die Verbindlichkeitenn sollen sich auf etwa eine Million Euro belaufen. Zudem ermittelt die Staatsanwaltschaft Osnabrück wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung und der Zahlung von Schwarzgeldern gegen den Bundesligisten.

In Lemgo wird der 108-malige Nationalspieler Glandorf (381 Tore) künftig von seinem einstigen Auswahl-Kollegen Markus Baur trainiert. Seite an Seite holten sie 2007 bei der Heim-WM die Goldmedaille.

Nordhorn kassiert für Glandorf eine Ablöse, da er laut seines ursprünglich bis 2010 laufenden Vertrages erst nach dieser Saison hätte ablösefrei wechseln können. Fraglich ist aber, ob die Summe der wirtschaftlich stark angeschlagenen HSG mittelfristig weiter helfen kann. Vor Glandorf war bereits Leistungsträger Erlend Mamelund zur SG Flensburg-Handewitt transferiert worden.

In den nächsten drei Wochen soll geklärt werden, ob tatsächlich ein Insolvenzverfahren eröffnet wird. Vor zweieinhalb Monaten hatte sich das gleiche Szenario auch beim Traditionsklub Tusem Essen abgespielt, der deshalb bereits als erster Absteiger feststeht. Aufsteiger Stralsunder HV hatte unlängst wegen finanzieller Schieflage ebenfalls für Schlagzeilen gesorgt.

Geschäftsführer Frank Bohmann von der Handball-Bundesliga (HBL) wurde schon am Donnerstag über die Situation in Nordhorn informiert. "Offenbar sind die Einnahmen nicht so geflossen wie eingeplant. Im September oder Oktober schien alles geklärt, jetzt hat sie die Wirklichkeit eingeholt", sagte Bohmann.

Nordhorn hat aber noch nicht mit der Bundesliga abgeschlossen. "Wir werden die Möglichkeiten des Insolvenzrechts nutzen, um uns nachhaltig zu sanieren und dauerhaft wieder in der Bundesliga zu etablieren. Wir hoffen, dass ein Insolvenzverfahren nicht eröffnet werden muss und die Bundesliga-Lizenz erhalten wird. Andernfalls werden wir für die 2. Liga melden", sagte Gerhard Blömers, Geschäftsführer der HSG Nordhorn-Lingen GmbH.

(SID)
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