Showdown gegen Spanien Kerber als Vorbild: DHB-Team fiebert Finale entgegen

Krakau · Die deutschen Handballer greifen nach den Sternen. Im EM-Finale gegen Spanien will die Mannschaft von Bundestrainer Dagur Sigurdsson noch eine Rechnung begleichen - es winkt der erste Titel einer Nationalmannschaft seit WM-Gold 2007.

Handball: Das sind Deutschlands neue Helden
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Das sind Deutschlands neue Helden

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Foto: ap, AK

Ihren emotionalen Siegesrausch hatten die deutschen Handballer schnell abgehakt. In Schlabberhosen und mit den Händen in den Hosentaschen schlenderten Bundestrainer Dagur Sigurdsson und seine Handball-Helden am Tag nach dem Halbfinal-Schocker gegen Norwegen durch die Tauron Arena von Krakau - jenen Ort, wo sie am Sonntag deutsche Sport-Geschichte schreiben können.

"Die Vorfreude ist riesengroß, das Ende ist in Sicht", sagte Sigurdsson dem SID mit einem fast schelmischen Grinsen. Nach dem hoch dramatischen 34:33-Erfolg nach Verlängerung kann der Isländer das Finale gegen Spanien kaum erwarten. Am Sonntag (17.30 Uhr/Live-Ticker) geht es nicht bloß um die Revanche für die Auftakt-Niederlage vor zwei Wochen (29:32), es geht vor allem um den ersten großen Titel einer deutschen Handball-Nationalmannschaft seit dem WM-Sieg 2007 im eigenen Land und den zweiten EM-Titel nach 2004.

Glückwünsche von Merkel

"Jetzt geht es für beide Mannschaften um alles oder nichts", sagte Sigurdsson: "Wir sind in der Underdog-Rolle, das liegt uns ganz gut. Ich habe ein gutes Feeling." Gute Wünsche fürs Finale gab es auch von höchster Stelle. Bundeskanzlerin Angela Merkel rief den Bundestrainer persönlich an. "Die deutsche Mannschaft hat uns auf ihrem Weg durch das Turnier mit ihrer Leidenschaft und ihrem Kampfgeist mitgerissen. Fürs Finale drücke ich mit Millionen von Fans die Daumen", sagte Merkel.

Der Isländer weiß: Gelingt dem jüngsten aller EM-Teams am Sonntag tatsächlich der Gipfelsturm, winkt ganz nebenbei auch die direkte Qualifikation für die Olympischen Spiele in Rio.

Deutschland im EM-Finale: Pressestimmen
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Pressestimmen zum deutschen Final-Einzug

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Foto: qvist /Shutterstock.com/Retusche RPO

"Viel größer kann die Vorfreude nicht sein", sagte Rune Dahmke dem SID. Der Linksaußen vom THW Kiel hatte die deutsche Mannschaft gegen Norwegen überhaupt erst im Spiel gehalten, als er 19 Sekunden vor dem Ende der regulären Spielzeit eiskalt zum Ausgleich verwandelte. "Wir haben in diesem Turnier gezeigt, dass wie eine Mannschaft sind, die immer alles reinlegt", so Dahmke: "Jetzt wollen wir die letzte Hürde natürlich auch noch nehmen."

Spanien dürfte allerdings ein deutlich höheres Hindernis als die Norweger werden. Die abwehrstarken Iberer schalteten am Freitag im Duell der ehemaligen Weltmeister die hoch gehandelten Kroaten (33:29) aus. Mit Ausnahme der Olympischen Spiele 2012 in London stand Spanien bei allen großen Turnieren seit 2011 mindestens im Halbfinale - einen EM-Titel gewannen sie allerdings noch nie.

Kapitän Carsten Lichtlein wirkte am Samstag voll fokussiert. Der sonst so unbeschwerte Keeper verkrümelte sich die meiste Zeit auf sein Zimmer und studierte am Laptop die Wurfbilder der gegnerischen Schützen. "Wir wollen es auf jeden Fall besser machen als in der Vorrunde", sagte Lichtlein. Jeder wolle nun "seinen Traum verwirklichen. Dafür werden wir als Team alles geben."

Dies unterstrich auch Top-Torjäger Tobias Reichmann. "Wir werden kämpfen, bis wir umfallen", versprach der "Ice-Mann", der im bisherigen Turnierverlauf unfassbare 26 von 27 Siebenmeter verwandelte und insgesamt schon 43 Mal eingenetzt hat.

Den sagenhaften Handball-Hype in der Heimat saugt die mit 16 EM-Debütanten gespickte DHB-Auswahl auf wie ein Schwamm. 8,5 Millionen Zuschauer sahen den Halbfinal-Krimi an den Fernsehgeräten. Nach dem Siegtreffer des nachnominierten Kai Häfner fünf Sekunden vor der Schlusssirene hagelte es Glückwünsche aus der ganzen Nation. "Das gibt uns einen Extrakick", sagte Dahmke.

Für noch mehr Motivation im Lager der deutschen Handballer sorgte am Samstagvormittag der sensationelle Australian-Open-Erfolg von Tennisspielerin Angelique Kerber. "Unglaublich, wie sie im dritten Satz zurückgekommen ist. Das ist uns ein gutes Vorbild", sagte DHB-Vizepräsident Bob Hanning, der in den letzten Minuten wie viele Spieler am TV mitfieberte: "Zusammen mit ihrem Sieg können wir am Sonntag ein Wochenende der deutschen Sport-Geschichte schreiben."

(old/sid)
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