Handball-EM Ohne Star zum großen Wurf

Zagreb · Am Samstag startet die deutsche Mannschaft in die Handball-Europameisterschaft. Sie hat nicht die eine Führungsfigur. Vielmehr ist das Reservoir an guten und sehr guten Spielern so groß wie schon lange nicht mehr.

Handball-WM 2023​ Kader: Die deutschen Spieler - Fotos
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Das ist der deutsche Kader für die Handball-WM 2023

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Foto: dpa/Sascha Klahn

Donnerstagabend stand schon eine Trainingseinheit auf dem Programm für jene 16 Handballprofis, die mit großen Erwartungen das "Projekt Titelverteidigung" anpacken. Nach dem Flug von Berlin nach Zagreb wollten sich die Spieler ab 18.30 Uhr mit der Arena vertraut machen, in der am Samstag (17.15 Uhr/ZDF) beim Vorrundenauftakt gegen Montenegro die Basis für eine erfolgreiche EM gelegt werden soll. Daraus wurde nichts. Stattdessen musste im Dom Sportiva gegenüber dem Teamhotel geübt werden.

Wer wird der Star der Handball-EM?
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Dass der Optimismus groß ist, liegt auch daran, dass aus einer Schwachstelle im deutschen Spiel längst eine Stärke geworden ist. Wir haben keinen Nikola Karabatic, so wie die Franzosen. Wir haben keinen Mikkel Hansen, so wie die Dänen. Wir haben keinen Filip Jicha, der weniger für die Tschechen (da fehlten die Mitspieler) als vielmehr für seinen Arbeitgeber THW Kiel glänzte. Zutreffende Klagen. Noch immer gibt es nicht den Superstar. Den will aber auch keiner wirklich. "Wir müssen von jeder Position aus gefährlich, unberechenbar sein", betont Bundestrainer Christian Prokop. Seine Auswahl ist auf einem guten Weg.

Seit der Deutsche Handballbund (DHB) mit seinen Regionalverbänden und die Liga mit ihren Klubs gemeinsame Sache machen, Stützpunkttraining und Nachwuchsakademien schon Standard sind und die deutschen Talente auch eingesetzt werden, geht es aufwärts. Das Reservoir an guten und sehr guten Spielern ist so groß wie schon lange nicht mehr. Auch im Rückraum, wo zuletzt Pascal Hens, Markus Baur, Michael Kraus, Holger Glandorf und Christian Zeitz eine überdurchschnittliche Leistung abriefen, die 2007 im WM-Triumph gipfelte.

Diesmal hatte Prokop die Qual der Wahl, weil - was ungewöhnlich vor einem großen Turnier ist - alle Kandidaten fit waren. Der Bundestrainer hatte zu wählen aus "Spielern, deren Stärken im Angriff oder in der Abwehr liegen, und Akteuren, die beides können, aber vielleicht einen kleinen Tick schwächer sind." In Fabian Wiede erwischte es einen der drei Europameister (zudem noch Abwehrchef Finn Lemke und Linksaußen Rune Dahmke), die nicht den Sprung in den 16er-Kader schafften. Sie erhalten im Verlauf des Turniers aber vielleicht noch ihre Chance, da Prokop bei Bedarf aus taktischen Gründen oder wegen Verletzungen maximal sechs Spieler austauschen kann.

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Steffen Weinhold (31), Kai Häfner (28), Philipp Weber (25), Paul Drux (22), Senkrechtstarter Maximilian Janke (24), Steffen Fäth (27) und Julius Kühn (24), der längst nicht mehr nur durch Wurfkraft, sondern auch durch intelligente Spielweise überzeugt, sollen und müssen es richten. "Diese Mannschaft kann Großartiges leisten", sagt nicht nur der frühere Weltklasse-Linksaußen und aktuelle TV-Experte Stefan Kretzschmar. Auch im Tor, am Kreis, auf Außen und in der Abwehr kann die DHB-Auswahl mit den Konkurrenten mithalten, wenn die Einstellung stimmt. Oder, wie es der in Duisburg geborene Kühn formuliert: "Wir haben alle Karten selbst in der Hand, wir müssen sie nur gut ausspielen."

Bundestrainer Prokop und seine Mannschaft können und wollen den Handball hierzulande wieder ins Rampenlicht rücken. "Wir sehen uns als Zugpferd unserer tollen Sportart und wollen Werbung betreiben. Das schafft man mit der Art und Weise, wie man spielt", betont Prokop und ergänzt dann den wichtigsten Aspekt: "Aber in erster Linie natürlich mit Erfolg."

(RP)
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