Weltmeister-Trainer von 1978 Handball-Magier Vlado Stenzel wird 80

Düsseldorf · Der WM-Triumph 1978 mit Außenseiter Deutschland gegen den Topfavoriten Sowjetunion war sein Meisterstück. Ein Diplomat war der in Zagreb geborene Kroate nie. Noch heute berät er zahlreiche Klubs beim Training.

 Vlado Stenzel (r.) mit Deutschlands Jahrhunderthandballer, dem mittlerweile verstorbenen Erhard Wunderlich.

Vlado Stenzel (r.) mit Deutschlands Jahrhunderthandballer, dem mittlerweile verstorbenen Erhard Wunderlich.

Foto: dpa, Hartmut Reeh

Vlado Stenzel erreicht man momentan nicht in seinem Zuhause in Wiesbaden. Wie jeden Sommer hält er sich mit seiner Frau Diana für einige Zeit auf der Insel Hvar in der Adria auf. Dort feiert der Mann, den sie noch immer den "Magier" nennen, mit Freunden seinen 80. Geburtstag. "Ich weiß nicht, wer kommt", sagt er. Sicher ist, dass für den Vater von vier Kindern sein Lieblingsessen serviert wird: Fisch mit Knoblauch und Olivenöl.

Bewundert, belächelt, geliebt, gehasst — der Handball-Besessene, in Zagreb geboren, war für jede Gemütsregung bei seinen Wegbegleitern gut. Schon früh entschied sich der ehemalige Chemielaborant, der einmal im Tor der jugoslawischen Nationalmannschaft stand, für den Trainerjob. Ständig suchte er nach Verbesserungen für seine geliebte Sportart - und das macht er auch heute noch. Einen Zusatzpunkt für fünf Tore Vorsprung, einen Punkt Abzug bei fünf Toren Rückstand - nur zwei seiner Ideen. Selbstbewusstsein ist der zweite Vorname Stenzels, der nie ein Diplomat war und stets Klartext bevorzugt.

Der Olympiasieg 1972 als Trainer der jugoslawischen Auswahl katapultierte ihn auf die große Bühne. Wie viele seiner Landsleute ging er nach Deutschland, wo es gutes Geld zu verdienen gab. Stenzel gilt als Wegbereiter des professionellen Handballs, der eingleisigen Bundesliga und des Supercup-Turniers.

Im zweiten Anlauf und nach zwei Jahren beim Bundesligisten Phönix Essen wurde der Kroate Bundestrainer. Er setzte auf erfolgshungrige Spieler, die auch nicht murrten, wenn die Übungseinheiten über zwei Stunden dauerten. "Wir trainierten damals nur viermal in der Woche im Verein. Bei der Vorbereitung auf die Olympischen Spiele in Montreal 1976 waren wir fünf Wochen am Stück zusammen. Das längste Training dauerte 3:40 Stunden", erinnert sich Horst Spengler, damals Kapitän des Teams.

So hatte auch der WM-Triumph zwei Jahre später in Kopenhagen wenig mit Magie zu tun. Der 20:19-Sieg gegen den Topfavoriten UdSSR war das Produkt knallharter Auslese bei der Wahl der Spieler, die bedingungslos die von ihm gefordert Disziplin lebten — eine Zeit lang jedenfalls. Der Coach bevorzugte lange Spieler, "denn die kann ich besser machen, aber kleine kann ich nicht wachsen lassen". Stenzel, der sich auch als Koch und Wurstfabrikant versuchte, wurde nach Platz acht bei der Heim-WM 1982 entlassen.

Vor wenigen Wochen erhielt er vom Deutschen Handballbund die A-Lizenz auf Lebenszeit. "Eine schöne Geste des neuen Präsidenten Bernhard Bauer", sagt Stenzel. Den deutschen Handball sieht er mit der neuen Führungsriege auf dem richtigen Weg. Nach etlichen Bundesliga-Stationen war er in den letzten 20 Jahren in der Provinz aktiv. Wie zuvor erreichte er nicht überall das Vertragsende.

"Mich hat nie jemand nach einer Lizenz gefragt", erklärt Stenzel. Derzeit berät er Klubs im Rheinhessischen Verband - wenn die es wünschen. "Ich bin gegen viel erzählen. Das ist eine Krankheit der heutigen Trainer, die sich selbst hören wollen", sagt Stenzel. Das Training müsse sich um Handball drehen. Neue Wege sieht er skeptisch: "Einer hat seine Spieler zum Bootsfahren geschickt. Werden die dadurch bessere Handballer? Das ist eine Krankheit, die das ganze Land erfasst."

Mehr Trainerfortbildungen und diese mit hoch qualifizierten Kollegen aus dem Ausland, das ist eine Forderung des Jubilars. Er wird sich weiter Gedanken um den Handball machen. Um diesen Sport werden sich auch heute an seinem Ehrentag wieder viele Gespräche drehen.

(RP)
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